... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
war nicht richtig.“
„Ich kann dich beruhigen für den Fall, dass du dich nicht mehr erinnerst: Es ist nichts passiert. Überhaupt nichts.“
„Ich wollte …“
„Entscheidend war schließlich einzig und allein, dass letzte Nacht niemand Seiner Lordschaft weggenommen hat, was dieser im Notfall für sich in Anspruch zu nehmen gedenkt“, erinnerte sie ihn mit einer Ruhe, die schockierend war. „Ist es nicht das, was dir den größten Kummer bereitet hat? Du hättest dir sogar den Finger in den Rachen gesteckt, bloß um zu verhindern, dass Ean in deinem Jagdrevier wildert.“
Sein Kopf fuhr zurück. Er starrte sie aus seinen wunderschönen Augen an und rang um Fassung. So also dachte sie über ihn? Glaubte sie allen Ernstes, sie würde ihm so wenig bedeuten, dass er sie ohne Skrupel benutzte und anschließend fallen ließ? Dass er sie auf Eis legte und, wenn ihn die Lust überwältigte und nichts anderes zu seiner Verfügung stand, er sich mit ihr vergnügte?
Für einen Moment hatte er das Gefühl , vor Zorn platzen zu müssen. Die Sekunden flossen träge wie Öl, während er sie nicht aus den Augen ließ. Langsam stand er auf und erhob sich zu voller Größe.
„Ich hoffe, ich habe dich falsch verstanden.“
Sein angespannter Gesichtsausdruck gefiel ihr gar nicht, dennoch schnappte sie: „Und ich denke, mit deinen Lauscherchen ist alles in Ordnung!“
„Ich wollte nicht betrunken sein, wenn wir … ich möchte …“ Seine Schultern sackten nach unten. Mit einer fahrigen Geste, die seine Ratlosigkeit verriet, fuhr er sich durch das schwarze Haar. „Ich weiß, ich hätte es dir erklären sollen. Ich hatte Angst, nicht die richtigen Worte zu finden. Angst davor, erneut eine Dummheit zu begehen, die wir hinterher bereuen könnten. Unter diesen Umständen … es wäre nicht richtig gewesen.“
Ihr Herz zog sich zusammen, als sie den Schmerz in seiner Stimme hörte, doch sie wollte sich davon nicht ablenken lassen. Ihr Lächeln war widerlich unaufrichtig.
„ Du hast dein Ziel erreicht und ich hasse kalten Kaffee.“
Sie schnaufte wie ein altes Walross und schüttelte sich angewidert, als ein Schweißtropfen zwischen den Schulterblättern ihr Rückgrat hinab lief. Ihre Beine waren schwer wie Blei und ließen sich keinen Zentimeter weiter von der Stelle bewegen. Mit geschlossenen Augen rang sie nach Luft, die rechte Hand in die stechende Seite gestützt. Dieser Morgenspaziergang war schlimmer noch als ein Dreitausend-Meter-Lauf unter den unbarmherzigen Augen von Juni, ihrer früheren Sportlehrerin! Wohin war sie eigentlich gegangen?
Als sie sich ums chaute, erkannte sie den Grund für ihre Atemlosigkeit. Blind vor Wut hatte sie einen riesigen Bogen um den Park und den Obstgarten gemacht und schließlich den Hügel in östlicher Richtung hinter dem Herrenhaus erklommen. Knorrige Eichen, dornige Sträucher und Ebereschen säumten den Platz, auf dem die verwitterten Keltenkreuze und die Steine mit den geheimnisvollen Inschriften standen.
Ein gequälter Lacher schlüpfte über ihre Lippen bei der Erinnerung an eine andere Situation, in der sie schon einmal leichtsinnigerweise den Eid abgelegt hatte, regelmäßig Sport zu treiben, das Rauchen aufzugeben und sich vor allem von Männern fernzuhalten. Damals hatte sie der Ärger auf Adrian zu einem solch blödsinnigen Schwur getrieben. Von wem hatte sie nur dieses seltene Talent geerbt, ihre Vorhaben mit konstanter Boshaftigkeit in den Sand zu setzen?
Sie stöhnte auf , weil ihr das hastig verschlungene Frühstück wie ein Stein im Magen lag. Und das verdankte sie allein diesem Widerling von einem Grafen! Warum hatte er nicht ganz einfach die Klappe gehalten? Warum musste er versuchen, sich mit irgendwelchen gestammelten Erklärungen für etwas zu entschuldigen, das gar nicht passiert war? Und warum hatte sie sich bemüßigt gefühlt, darauf zu reagieren?
Auf seine dämlichen Äußerungen. Seine mal treuherzigen, mal abweisenden oder unverschämten Blicke.
Auf ihn!
Suse hob den Kopf und blinzelte überrascht in die Sonne. Sie hatte nicht bemerkt, dass nach ihr jemand den Hügel heraufgekommen war , weil sie viel zu sehr mit ihrem Ärger über Clausings ungehobeltes Benehmen beschäftigt war. Sie kniff die Augen zusammen und hielt sich die Hand zum Schutz an die Stirn. Erleichtert atmete sie auf. Zwar konnte sie nicht genau erkennen, wer sich ihrem lauschigen Plätzchen näherte, aber mit ziemlicher Sicherheit war es nicht dieser fiese Schmalzdackel,
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