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Dann fressen sie die Raben

Dann fressen sie die Raben

Titel: Dann fressen sie die Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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schaffe es halb, mich umzudrehen, und erwische meinen Angreifer sogar hart mit dem Granatring im Gesicht, ich ziehe ihn einmal quer durch. Ich höre einen Schmerzenslaut, aber die Verletzung macht den Mann noch wütender, er packt meine Arme fester und reißt mich brutal auf den Boden, eine ekelhafte Mischung von süßem Männerduschgel und Zigaretten drängt sich in meine Nase, bevor mein Gesicht wieder zurück in die Erdbrocken gedrückt wird. Verzweifelt versuche ich, mich aufzurichten, doch er bohrt seine Knie in meinen Rücken und presst mich immer tiefer in den Dreck, zerquetscht mich wie ein lästiges Insekt. Ich drehe und winde mich, strampele mit aller Kraft, um das Gewicht von mir runterzubringen, aber es gelingt mir nicht. Dreck verstopft meine Nase und das Letzte, was ich noch spüre, ist der Geschmack von nasser Erde, der sich mit dem metallischen Geschmack meiner blutigen Zunge zu einem Inferno aus Schmerz vermischt.
    VIII
    Vor ihm liegt die Hölle; und getränkt soll er werden mit siedendem Wasser.
((14:16))
    Er hätte seinem Instinkt mehr vertrauen müssen, gleich nachdem er sie das erste Mal gesehen hat. Sie ist eine Gazelle, keine Hyäne, die sich am Aas der anderen Jäger weidet. Eine verrückte Gazelle, denn sie muss irre sein hierherzukommen, oder aber völlig ahnungslos.
    Er hat gesehen, wie der Chef nervös wurde und zu telefonieren begann. Dann ist Amari gekommen und der Chef hat ihm die Gazelle gezeigt.
    Amari ist beim Reden immer größer geworden, hat sich die Lippen geleckt, die Schultern nach hinten geworfen, als stünde er seinem Opfer bereits Auge in Auge gegenüber und würde seine Muskeln schon anwärmen, um den Speer im richtigen Moment abzufeuern.
    Die Jagd ist eröffnet.
    Und diesmal tut er das Richtige. Noch ist sein Herz zerfressen von dem, wozu seine Hand gezwungen worden ist, aber Kimonis Stimme siegt über den Hass in ihm.
    Und er hat leichtes Spiel. Amari ist aus der Übung, er hat es offensichtlich verlernt, das kommt davon, wenn man zu viel frisst und säuft.
    Er grinst verächtlich. Amari glaubt, wenn er sich dem Leben hier anpasst, wird er eines Tages einer von ihnen sein. Wie lächerlich. Egal wie lange ein Baumstamm im Wasser liegt, er wird niemals zu einem Krokodil. Seine Schwester hat das schon längst erkannt. Aber Amari hört nicht auf seine Schwester.
    Wegen seiner Nachlässigkeit entkommt die Gazelle Amari eine Weile, während er leicht an ihr dranbleibt und sie beobachtet. Sie rennt ziellos herum, wirkt verstört.
    Als sie sich hinsetzt und er erkennt, dass sie weint, möchte er sich zu ihr hocken und sie trösten. Ihr sagen, dass er ihren Schmerz fühlen kann, weil es sein eigener Schmerz ist. Aber dann bemerkt er gerade noch rechtzeitig, dass Amari sie wiedergefunden hat, und so bleibt er lieber dort, wo er beide gut im Auge behalten kann.
    Sie nötigt ihm großen Respekt ab, denn trotz ihrer Trauer wittert sie plötzlich die Gefahr und zögert. Auch hier ähnelt sie einer Gazelle, die ahnt, dass im Baum über dem Wasserloch der Löwe schon sprungbereit auf sie wartet.
    Und dann schafft sie es, ihnen zu entkommen, überrascht sie beide, doch sie wird viel zu früh unvorsichtig, wähnt sich in Sicherheit, lange bevor sie wirklich bei der schützenden Herde angekommen ist.
    Amari erlegt sie brutal, es gelingt ihr noch, ihm ins Gesicht zu schlagen, doch dann rammt er ihr die Knie in den Rücken, durchsucht ihren Rucksack, zertritt ihr Handy, alles in größter Eile, dabei schaut er sich immer wieder hektisch um, als könnte ihm ein Verfolger seine Beute streitig machen.
    Er zögert, vielleicht einen Moment zu lang, weil auch er sich vergewissern muss, dass niemand sonst sie beobachtet. Dann stürzt er sich auf Amari, würgt ihn und zieht ihn von ihr herunter, aber Amari hat die Kraft der sieben Schlangen. Er entwindet sich ihm, was seinen Zorn nur noch stärker macht und ihn explodieren lässt wie eine Botschaft der Hölle. Er zieht sein Messer, würde es Amari am liebsten ins Herz stoßen, doch das ist nicht das, was er Kimoni versprochen hat, und so rammt er die Klinge Amari nur in den Arm. Schwarzes Blut tropft auf den Matsch, rinnt zu Boden, rinnt auf die Gazelle. Er beugt sich über sie, dreht sie um, ihr Gesicht, eine Maske aus Dreck. Starr. Sie atmet nicht mehr.
    Amari wirft sich verzweifelt auf ihn. Hat er denn immer noch nicht genug? Er hebt sein Messer, stürzt sich auf ihn und erst dann haut Amari ab, nicht ohne laute Verwünschungen auszustoßen.
    Er

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