Dann klappt's auch mit dem Doktor
im Schlafzimmer verteilt habe, entscheide ich mich wieder für das erste Outfit: einen knielangen weiÃen Leinenrock, in WunschgröÃe achtunddreiÃig, eine fliederfarbene Tunika und weiÃe Sandaletten. Dazu eine kleine weiÃe Lederhandtasche. Das ist gut. Nicht zu aufgedonnert für einen legeren Kochabend mit ein paar Hintergedanken. Der Rock spannt an der Hüfte ein wenig, aber ich kann gerade noch darin sitzen.
Mühsam quetsche ich die Kontaktlinsen in meine widerspenstigen Augen. Mein Veilchen am rechten Auge, ein kleines Andenken an Stevie, ist zum Glück kaum noch zu sehen. Die Haare bleiben zum Pferdeschwanz gebunden. Mein Tages-Make-up frische ich nur mit etwas Lipgloss auf. SchlieÃlich will ich Ben signalisieren, wie entspannt ich bin. Besser gesagt, wie entspannt ich gerne wäre, denn ich bin schon ganz schön aufgeregt. Welche Sonnenbrille passt bloà am besten zu meinem Outfit? Hektisch wühle ich in meiner Sonnenbrillen-Schublade. Ich entscheide mich für das klassische Audrey-Hepburn-Modell. Da ich eigentlich keine Zeit mehr habe, mir die FuÃnägel zu lackieren, so aber auf keinen Fall aus dem Haus kann, lackiere ich eben schnell die vier Nägel, die pro Fuà aus den Sandaletten schauen. In zartem Flieder natürlich. In fünf Minuten muss ich los. Ob ich eine Flasche Champagner mitbringen soll? Ist vielleicht zu aufdringlich. Wein oder Prosecco? Ich weià gar nicht, was Ben für mich kocht. Während ich ratlos meine Weinvorräte in der Küche mustere, klingelt das Telefon. Es ist Ben: »Du, Anna, ich habe völlig verschwitzt, dass ich mich heute Abend für eine morgen anstehende wichtige Operation, mein erstes Facelifting, vorbereiten muss. Zeit zum Einkaufen hatte ich leider auch nicht. Ich möchte dich aber unbedingt heute sehen. Was hältst du denn davon, wenn wir einfach spontan bei dir kochen? Bei dem tollen Wetter ist es ja eh viel schöner, auf deiner Terrasse zu sitzen.«
Nachdem mich dieser Redeschwall samt seines Inhaltes erst mal völlig überrumpelt hat, gebe ich mich flexibel: »Klar! Kein Problem! Kochen wir bei mir.«
»Super, ich bin noch in der Klinik. Ich bin so in einer Viertelstunde bei dir.« Da bleibt mir nicht wirklich viel Zeit, mich auf diesen unerwarteten Besuch vorzubereiten. Das Schlafzimmer bleibt, wie es ist, das soll er heute ja eh nicht zu sehen bekommen. Ich schlieÃe einfach die Bambusrollos, und alles ist gut.
Aber was sollen wir, beziehungsweise ich, jetzt bloà kochen? Zeit zum Einkaufen habe ich eindeutig nicht mehr. Das wäre aber dringend nötig gewesen. Mit dieser Entwicklung konnte ich ja nicht rechnen. Idealerweise sollte das Essen Ben beeindrucken, dabei aber entspannt und unkompliziert wirken. Mit einem leichten Anflug von Panik durchwühle ich sämtliche Küchenschränke. Ich habe Glück: In meinen Vorräten finde ich Tomaten, Spaghetti, Bottarga, getrockneter Fischrogen, den ich aus meinem letzten Sardinienurlaub mitgebracht habe, und auch noch Butter. Basilikum wächst auf meiner Terrasse. Das muss reichen. Ein einfaches, aber feines Essen. Tomaten mit Basilikum als Vorspeise und dann Spaghetti mit Bottarga. Dazu bräuchte ich eigentlich noch mehr Butter, aber Olivenöl tut es auch. Ein passender WeiÃwein liegt in meinem Kühlschrank. Ich bin ein Glückspilz! Ben muss von meinen Fähigkeiten, ein spontanes Menü zu zaubern, einfach begeistert sein!
Ich habe sogar noch ein paar Minuten Zeit, den Tisch auf der Terrasse zu decken und Kerzen für die Abenddämmerung aufzustellen. La Traviata , gesungen von Placido Domingo und Ileana Cotrubas, schallt bereits leise aus dem Küchen- CD -Radio. Ich bin halt eine gebildete Frau. Wenn ich einen kultivierten Mann an meiner Seite haben möchte, muss ich ihm im Gegenzug schlieÃlich auch was bieten. Ehrlich gesagt, habe ich die CD zufällig mal beim Ausmisten auf dem Speicher meiner Eltern gefunden und mir für alle Fälle geschnappt. Jetzt kommt sie zum Einsatz! Absolut wichtig bei Date-Vorbereitungen ist es, die Musik immer schon einige Zeit vorher anlaufen zu lassen oder schnell vorzuspulen. Es soll ja ganz unverfänglich aussehen. Wenn ein Mann bei einer Frau eingeladen ist und beim Ankommen merkt, dass Lied Nummer eins der romantischen CD im CD -Player läuft, weià er doch sofort, dass die Frau total auf ihn steht. Auch Kerzen sollten frühzeitig angezündet
Weitere Kostenlose Bücher