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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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gepfeffert hat wie mir immer, ihn mundtot gemacht hat mit seiner Arroganz, seiner Besserwisserei, seinen Gesetzen und Drohungen. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Mein Vater weiß oder ahnt zumindest, wie sehr ich Brückner mag, aber es ist ihm egal, es interessiert ihn nicht, er bügelt einfach darüber hinweg. Gefühle zählen nicht, nicht einmal Sympathie. Nur Leistung, belegbare Erfolge. Zahlen. Ich könnte ihn schütteln, er begreift nichts, er kann doch nicht mit Menschen umgehen, als wären sie Gegenstände, Maschinen.
    Â»Das machst du nicht«, zische ich. »Wenn du das wagst …«
    Â»Er hat es nicht anders verdient«, unterbricht mich mein Vater. »Wer es nicht schafft, einen seiner begabtesten Schüler so zu motivieren, dass er mühelos eine vorzeigbare Abiturnote erreicht, und nicht nur das«, er legt seine Stirn in Falten und schüttelt erneut den Kopf, »sondern auch noch versäumt, uns Eltern zu einem angemessenen Zeitpunkt darüber zu informieren, dass es Schwierigkeiten gibt, der hat seinen Beruf verfehlt. Dessen Leistungen als Studienrat müssen eindeutig überprüft werden, das steht außerhalb jeglicher Diskussion.«
    Â»Wir sind fast alle volljährig, da werden nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit die Eltern kontaktiert. Die Lehrer regeln alles mit uns allein, und das ist auch gut so.«
    Â»Gut so? Das sehen wir doch gerade!«, ereifert er sich. »Maximilian, du hast überhaupt noch nicht begriffen, worum es geht! Was alles auf dem Spiel steht, wenn du so weiter machst wie bisher! Wenn sich nichts ändert! Und der werte Herr Brückner auch nicht mit seinem stümperhaften, unprofessionellen Gewäsch. So was von naiv! Eventuell würde er einen passablen Sozialarbeiter abgeben, aber keinen Studienrat an einem Elitegymnasium. Aber gut – die Konsequenzen wird er ja nun zu spüren bekommen, das geht jetzt alles seinen Gang, damit musst du dich nicht belasten, das ist eine andere Baustelle. Da müssen Vorgesetzte ran. Wir beide setzen uns jetzt erst mal hin und gehen deinen Mathematikhefter durch. Ich hole mir nur rasch einen Stuhl aus dem Esszimmer.«
    Â»Ich kann nicht«, entgegne ich schnell und deute auf den Bildschirm, bewege die Maus, damit der Bildschirmschoner meiner geöffneten Präsentation weicht. »Ich muss das hier zu morgen fertig haben, und es ist nicht so einfach, wie du vielleicht denkst. Danach muss ich dringend noch mal weg.«
    Â»Wohin?«
    Â»Ich bin verabredet.«
    Â»Dann bring Paul mit her. Er soll seinen Hefter auch mitbringen und dann gehen wir alle Aufgaben durch, die in diesem Schuljahr dran waren. Und zwar so lange, bis du sie alle verstanden hast. Du musst sie so sicher beherrschen, dass ich dich nachts wecken kann und du mir die Lösungswege samt Ergebnissen wie aus der Pistole geschossen vorlegen kannst. Anders wird das nichts, Junge, ist dir das klar? Anders wird das nichts!«
    Â»Ich gehe nicht zu Paul.«
    Â»Meine Güte, dann muss Annika eben mal warten. Eine Freundin zu haben ist schön und gut, ich weiß, dass ihr Jungs Wert darauf legt. Man steht bei den Kumpels besser da und alles. Aber die Schule geht immer noch vor. Ich weiß, dass ihre Eltern das genauso sehen, die werden froh sein, wenn ihr Töchterchen auch mal in die Bücher schaut, statt herumzuziehen.«
    Ich sehe meinen Vater an wie einen Fremden. Er versteht so wenig. Es geht nicht um Annika und es geht nicht um Paul. Es geht nicht mal um meine Mathezensur im Abi. Es geht darum, dass ich einen Menschen getroffen habe, zu dem ich mich mehr hingezogen fühle als jemals vorher zu irgendjemandem sonst. Jemanden, an deren Seite ich den ganzen Stress vergessen kann, zumindest beim ersten Mal ist es so gewesen, und ich will unbedingt herausfinden, ob Delia dieses Gefühl auch heute wieder in mir auslöst. Ein zweites Mal und vielleicht immer wieder. Vielleicht kann ich auftanken bei ihr. Der Vater, den ich jetzt bräuchte, würde stutzen bei meinen Worten, fragen was los sei, und ich würde ihm antworten und alles erzählen, anfangs noch stockend, weil es mir unangenehm ist, doch dann würde es nur so aus mir herauspurzeln. Dass ich drauf und dran bin, zwischen zwei Mädchen zu stehen und nicht weiß, was ich tun soll. Dass ich zum ersten Mal seit Monaten richtig glücklich bin. Wie sehr die Schule mich belastet und was meine Träume sind. Dass ich keinen Sinn im

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