Dann mach ich eben Schluss
Hundeauslaufgebiet gegangen, damit wenigstens er seinen Spaà hat. Aber als ich hinterher immer noch das Gefühl hatte, im Morast zu versinken, habe ich mich zusammengerissen und gedacht: Nein, du lässt dich jetzt nicht gehen. Es ist Frühling, die Sonne lockt alle Welt nach drauÃen, und du hast dir geschworen, dein Leben zu genieÃen, egal wie es kommt. Raus jetzt. Ich rief meine Freundin Paula an, die ich noch von meiner Tischlerausbildung her kenne und verabredete mich mit ihr auf dem Frühlingsfest. Weil sie direkt von der Arbeit kommen wollte, fuhr ich allein hin. Meine Stimmung hob sich sofort, als ich die vielen gut gelaunten Menschen um mich wahrnahm: Familien mit Kindern, Pärchen, Gruppen von Jugendlichen, kaum jünger als Max. Ich versuchte den Gedanken zu verscheuchen, wie gern ich mit ihm dort gewesen wäre. Bunt verzuckerte Lebkuchenherzen kaufen, Lose ziehen, die verrücktesten Karussells fahren, den leckersten Imbiss stürmen. Mit Paula hatte ich mich am Riesenrad verabredet, ich war viel zu früh da, aber jetzt kribbelte es in mir. Ich wollte nicht die ganze Zeit an Max denken, der Tag war einfach zu herrlich für Sehnsucht und Liebeskummer. Ich wollte die Welt von oben sehen, einfach mal die Perspektive wechseln. Also strebte ich kurzerhand auf das Kassenhäuschen zu, kaufte mir ein Billett und stieg in die erste Gondel, die vor mir hielt. Als sich das Riesenrad in Bewegung setzte, kam ich mir vor wie ein Kind, wie früher in meiner Grundschulzeit, als solche Rummelplatzbesuche mich zu jeder Saison bereits wochenlang im Voraus in Hochstimmung versetzten. Schon immer habe ich es genossen, wie das Rad immer wieder anhält, damit neue Fahrgäste einsteigen können, und auch dieses Mal konnte ich es kaum abwarten, bis meine Gondel ganz oben war. Mir gegenüber saÃen zwei Teenies, die jedes Mal kreischten, wenn die Gondel schwankte. Ich lachte mit ihnen und freute mich daran, wie die Welt unter mir immer kleiner wurde.
Dann war es endlich so weit. Unsere Gondel hielt an der höchsten Stelle, die Aussicht über die Stadt und die sie umgebenden Wälder und Flüsse war traumhaft bei dem klaren Wetter, die Geräusche des Rummels unten drangen nur noch leise an meine Ohren. Ich blickte hinunter und dachte, dass von oben auch alle Probleme zu schrumpfen schienen, was war schon schlimm daran, dass Max etwas dazwischengekommen war? Am Montag würde er wieder in die Gärtnerei kommen und alles würde wie immer sein, man muss wirklich nicht übertreiben. Das Leben ist zu schön, um sich über solche Kleinigkeiten zu ärgern. Ich kann immer noch mit Max herkommen, überlegte ich.
Dann beugte ich mich hinunter, um nach Paula Ausschau zu halten. Unter mir entdeckte ich einen SüÃwarenstand und meinte, den Duft nach gebrannten Mandeln bis nach oben zu riechen. Unbedingt wollte ich mir später eine Tüte davon kaufen. Oder doch lieber Zuckerwatte?
Und dann sah ich ihn. Max. Meinen Max, der doch immer darauf brannte, jede freie Minute mit mir zu verbringen. Der sich vorher und hinterher abhetzte, nur damit wir uns sahen, egal wie sehr er zu Hause und in der Schule unter Druck geriet. Der manchmal schon von einer gemeinsamen Zukunft sprach. Genau dieser Max stand da unten, in seinem Arm ein Mädchen in seinem Alter, hübsch und zierlich mit langen, dunkelblonden Haaren, modisch angezogen, eine Traumfreundin. Neben ihnen ein weiterer Junge und noch ein Mädchen, aber Max und seine Freundin waren deutlicher ein Paar als diese beiden. Annika und er, nichts ist da vorbei. Es gibt sie noch, und er hat es mir die ganze Zeit verschwiegen. Kein Wunder, dass er sich nie offen zu mir bekannt hat; mich nicht seinen Freunden vorstellt, nicht den Eltern. Annika sieht nach einem Mädchen aus, wie es sein Umfeld wahrscheinlich von ihm erwartet, und so schlecht, wie er immer behauptet, scheint es zwischen ihnen nicht zu laufen. Max hatte offensichtlich gerade einen Liebesapfel gekauft, Annika und er schleckten daran herum, dann küssten sie sich. Ich schickte StoÃgebete zum Himmel, sie mögen weitergehen, ehe das Riesenrad diese Fahrt beendete und zum Stehen kam, damit Max mich nicht entdeckte. Mein Gebet wurde erhört. Annika drückte sich an Maxâ Seite, er legte ihr den Arm um die Schultern, dann gingen sie in Richtung PowerTower. Zum Glück kam Paula kurz darauf. Ich habe ihr nichts erzählt. Aber was mache ich jetzt
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