Dann mach ich eben Schluss
gehetzt? Lernen könnte er auch bei mir, ich würde ihn bestimmt nicht stören, im Gegenteil. Ich würde Max gerne zeigen, wie gemütlich es hier in meiner Wohnung ist, auch wenn er bestimmt Edleres gewohnt ist als eine Einzimmerwohnung mit Schlafnische und einer Küche, in der man sich kaum drehen kann. Aber mein Balkon ist eine Oase, hier lebe ich meinen grünen Daumen aus. In ganz individuellen GefäÃen habe ich Frühblüher in verschiedenen Farben und Höhen arrangiert und statt langweiligen, harten Klappstühlen zwei wetterfeste Sitzsäcke auf den Boden gelegt. Ganz bestimmt würde es Max hier gefallen, nachmittags scheint hier schon fast drei Stunden lang die Sonne hin, so wie jetzt, wo ich hier sitze und in mein Tagebuch schreibe. Mein Hund Robby liegt neben mir und drückt seinen Kopf auf meine Beine, ich streichle ihm den Kopf. Auf dem zweiten Sitzsack könnte doch Max in seine Schulbücher schauen oder am Laptop arbeiten. Dann wären wir wenigstens zusammen. Es ist schon komisch â manchmal will Max Zukunftspläne schmieden, die bis in die nächsten Jahre reichen, aber dann wieder habe ich fast das Gefühl, er verheimlicht der ganzen Welt, dass es mich gibt.
Ganz am Anfang hat er mir mal kurz von seiner Exfreundin Annika erzählt, die immer noch zu seinem Freundeskreis gehört. In der Schule sieht er sie jeden Tag. Ob er ihretwegen so geheimnisvoll tut? Will er sie nicht verletzen? Oder ist da doch noch was zwischen den beiden? Ich kann ihn nicht danach fragen, so gern ich würde, um Klarheit zu bekommen. Max hat auch so schon genug Stress. Bei mir soll er auftanken können, dann regelt sich das schon.
29. April
Meine Güte, wie bestürzt er war! Ich muss immer noch in mich hineingrinsen, wenn ich daran denke, wie Max immer wieder beteuert hat, er wolle doch auch mehr mit mir machen und nur bei mir könne er sich so richtig entspannen und loslassen. Dann hat er den Chef bearbeitet, damit er uns früher gehen lässt und, und wir sind mit seinem Auto zum Picknicken in den Wald gefahren, ich kenne da eine romantische kleine Lichtung, die ich auf einem meiner vielen Spaziergänge mit Robby entdeckt habe. Max blühte richtig auf, als wir so ganz unter uns in der freien Natur lagen und meinte, die belegten Brötchen und Plunderstücke, die wir unterwegs vom Bäcker geholt haben, würden ihm viel besser schmecken als der »Biofraë seiner Mutter, wie er es nennt. Es war so schön und für uns beide war es wieder wie eine kleine Flucht. Wir sind so lange geblieben, bis die Sonne hinter den Bäumen verschwand und ich auf dem Boden, der ja jetzt im April noch richtig kalt ist, total durchgefroren war. Max war so süÃ, er legt mir seine Lederjacke um die Schultern, so ein richtig tolles, handschuhweiches Stück, und im Auto drehte er die Heizung voll auf bis ich fast verglüht bin. Im Radio spielten sie eine Ballade nach der anderen, am liebsten wäre ich mit ihm bis ans Ende der Welt gefahren.
Aber als wir vor meinem Haus angekommen waren, strahlte er wieder diese Unruhe aus, hatte es eilig. Ich habe richtig gemerkt, wie er sich noch einmal ganz auf unseren Abschiedskuss konzentrierte, all seine Gefühle legte er hinein, damit ich nicht den Eindruck habe, er wolle mich schnell los sein. Ich weiÃ, dass er lieber mit mir zusammen ist, als so gejagt zurück nach Hause zu fahren, wo er die ganze Zeit nur die Erwartungen anderer erfüllen muss. Pünktlich am Tisch sitzen, Präsentationen und Vorträge für die Schule ausarbeiten, für die Prüfungen pauken, Klavier üben, der Etikette seiner Akademikereltern entsprechen. Wenn er von mir wegfährt, muss er jedes Mal die Zeit, die wir uns gestohlen haben, durch den dreifachen Fleià wieder hereinholen, um sein Pensum zu schaffen. Auf die Dauer kann das nicht gut sein. Ich habe noch lange oben gesessen, Robbys weiches Fell gekrault und ins Leere gestarrt, weil ich nicht weiterwusste. Und das kommt bei mir selten vor.
2. Mai
Endlich! Endlich hat sich Max mit mir fürs Wochenende verabredet! Er hat vorgeschlagen, am Samstagnachmittag ins Erlebnisbad zu gehen, er wüsste eines etwas weiter drauÃen, das längst nicht so überfüllt sei wie alle anderen. Samstags gehen ja viele Familien mit Kindern schwimmen, da steht man immer ewig an der Kasse an. Erlebnisbad â das bedeutet, wir werden richtig lange zusammen sein, unter drei
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