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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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wirft Natalie erneut einen Blick auf die Zeichnung. Jonathan hat recht, denkt sie. Max hat Pauls immer eine Spur zu strahlendes und dadurch leicht aufgesetzt wirkendes Lächeln genau eingefangen und wiedergegeben, seinen Kurzhaarschnitt mit den lässig in die Stirn fallenden Strähnen, die begeisterten hellen Augen. Er hat ihn aus einer ganz verhaltenen Froschperspektive gezeichnet, sodass der Betrachter gerade noch die Unterseite von Pauls Kinn wahrnimmt, die gesamte Mimik zeigt Pauls Souveränität und seine Heiterkeit, die durch fast nichts zu erschüttern ist.
    Â»Ich würde mich nicht wundern, wenn er auch jetzt noch so grinst«, meint sie dennoch düster. »Max gegenüber hat er immer den Großkotz raushängen lassen und so getan, als wäre er der Tollste und Max kriegt nichts auf die Reihe. Wirklich, ich kann ihn nicht sehen. Blätter weiter.«
    Â»Ich bin sicher, dass auch dein Bruder was von dieser Freundschaft hatte«, widerspricht Jonathan und hält das Bild weiter aufgeschlagen. »Sonst hätte er nicht so viele Jahre an ihm festgehalten.« Danach tut er Natalie den Gefallen und blättert weiter, ein blondes Mädchen erscheint.
    Â»Annika«, entfährt es Natalie und starrt fassungslos darauf. »Auch nicht besser.«
    Dieses Mal schweigt Jonathan. Natalie kann nicht aufhören, die Zeichnung anzustarren, so genial ist sie. Annikas schmales, ebenmäßiges Gesicht ist unverkennbar, das lange, dunkelblonde, mit hellen Strähnen aufgepeppte Haar, der etwas abwesende Blick. Abwesend, abweisend.
    Â»Was hat die Kleidung zu bedeuten?«, fragt Jonathan, denn Max hat seine Freundin in einer Art Rüstung gezeichnet, einem Roboter ähnlich, silbern und mit verschraubten, metallenen Gelenken.
    Â»Mir fällt dazu ein Song von Tokio Hotel ein – von denen war ich früher mal ein glühender Fan«, gesteht Natalie mit einem verlegenen Lachen. »Da war ich noch ziemlich klein. Der Song heißt Automatisch , und jedes Mal, wenn ich Annika sehe, fällt er mir wieder ein. Offenbar ist es Max genauso gegangen, denn die CD lief vor ein paar Jahren jeden Tag in meinem Zimmer rauf und runter.«
    Â»Singst du mir dieses Automatisch einmal vor?«
    Â»Das kannst du nicht wollen. Aber den Text kriege ich noch zusammen:
    So automatisch
    Du bist wie ’ne Maschine
    Dein Herz schlägt nicht für mich
    So automatisch
    Berühren mich
    Deine Hände
    Spür alles, nur nicht dich
    So automatisch
    Deine Stimme – elektrisch
    Wo bist du, wenn sie spricht?
    So automatisch
    Wie du sagst, ich bin dir wichtig
    wer programmiert dich?
    Wenn du lachst, lachst du nicht
    Wenn du weinst, weinst du nicht
    Wenn du fühlst, fühlst du nichts
    Weil du ohne Liebe bist, du bist
    Automatisch
    Wie automatisch
    Renn ich durch alle Straßen
    Und keine führt zu dir
    Wie automatisch
    Folgen mir deine Schatten
    Und greifen kalt nach mir
    Du bist wie Ferngesteuert
    Statisch und Mechanisch
    So automatisch
    Dein Blick so leer
    Ich kann nicht mehr
    Alles an dir
    Wie einstudiert
    Du stehst vor mir
    Und warst nie wirklich hier
    Â»Nicht schlecht«, gibt Jonathan zu. »Hätte ich den Jungs nicht zugetraut. Und so … war sie zu ihm?«
    Â»Entweder zieht sie permanent eine Show ab und ist innen drin ganz anders, oder sie ist einfach eine hohle Nuss.« Natalie blättert weiter, die nächste Zeichnung zeigt ihren Vater. Natalie stockt der Atem. Das ganze Blatt ist voll von ihm, Max hat ihn gespiegelt, jede Mimik von ihm zu Papier gebracht, alle Facetten seines Charakters in verschiedenen, teils unvollständigen Skizzen wiedergegeben. Im Zentrum steht das Gesicht, das die Familie am häufigsten sieht, ein leicht verkniffener, angespannter Zug um die Lippen, die Mundwinkel, und Augen, die Enttäuschung verraten. Wenn sie nur wüsste, worüber er immerzu enttäuscht ist, niemand hat ihn je ge täuscht, nur weil sie alle eben nicht automatisch sind wie das Mädchen aus dem Song.
    Â»Max hat immer, immer, immer versucht, es Papa recht zu machen, aber das ist kaum möglich. Mich lässt er einigermaßen in Ruhe, aber an ihm hat er sich richtig ausgetobt.« Natalie hält inne, zu schmerzlich steigen die Erinnerungen in ihr auf, sie starrt auf das Bild, Max hat ihn so genau beobachtet, also hätte er ganz anders handeln können, den Vater an seinen Schwächen packen, ihm die Stirn bieten. Stattdessen hat er sich

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