Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
Vom Netzwerk:
er, mit jedem Wort hat sie recht. In seiner Erinnerung wiederholt Paul eines der letzten Gespräche zwischen ihm und Max, er hatte Paul anvertraut, dass er sich nach tiefen Gesprächen mit seiner Freundin sehnte, nach echter Verbundenheit, die über das gewöhnliche Verknalltsein zwischen Junge und Mädchen hinausging. Das hatte er bei Annika vermisst. Für Max bedeutete Liebe mehr als sich gegenseitig anziehend zu finden, die Freizeit zu zweit oder mit Freunden zu verbringen und ab und zu Sex zu haben. Paul hätte es ihr sagen können, ihr den Hinweis geben, sie müsse mehr Interesse an ihm zeigen, wenn sie ihn halten wolle. Er hat es nicht getan, weil er selbst so gern seine Zeit mit ihr verbrachte. Jetzt kann er es Annika erst recht nicht mehr erzählen. Sie würde sich nur weitere Vorwürfe machen, weil sie Max nicht geben konnte, was er suchte. Und ihm, weil sein Verhalten egoistisch war.
    Annika: Bist du noch da?
    Paul: Sorry, die Küchenfrau war gerade da und hat mir Kaffee und Kuchen gebracht. Ich wollte nicht, dass sie mir beim Schreiben zusieht.
    Annika: Vielleicht schickt Natalie dir auch ein Bild.
    Paul: Ich hoffe nicht …
    Annika: Hast wohl Angst, dass deines auch nicht schmeichelhaft ist …
    Paul: Keine Ahnung. Was willst du mit dem Bild machen?
    Annika: Im Zimmer aufhängen wohl kaum … Mann, das ist alles so traurig, ich muss gerade voll heulen! Warum kann ich nicht einfach die Zeit zurückdrehen und so zu Max sein, wie er es verdient gehabt hätte?
    Paul: Jetzt gib dir nicht allein die Schuld. Da kam vieles zusammen und Max konnte sehr gut dichtmachen. Du bist keine Hellseherin. Wenn es überhaupt Selbstmord war …
    Annika: Die Polizei ist sich sicher, das hast du doch auch schon gehört. Max hatte ja nichts getrunken. Es hat keinen Sinn, sich was vorzulügen.
    Paul: Ich lüge mir nichts vor. Vielleicht ist es mehr so eine Art Klammern an die letzte Hoffnung, dass es doch »nur« ein Unfall war, weil ich es anders nicht ertrage. Dass mein bester Kumpel sterben wollte und ich habe es nicht rechtzeitig bemerkt, sondern vielleicht sogar selbst dazu beigetragen.
    Annika: Genau, das macht mich auch so verrückt.
    Paul: Wenn ich jetzt bei dir wäre, würde ich dich ganz fest umarmen. Rein freundschaftlich, versteht sich.
    Annika: Schon gut. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt ertragen könnte.
    Paul: Vielleicht hat Max das Bild ganz anders gemeint, als du es interpretiert hast. Schau doch mal auf die Rückseite, ob er irgendwas dazu notiert hat.
    Annika: Hab ich längst getan, da ist nichts. Und auch kein weiterer Zettel in der Paketrolle. Ich werde schon das Richtige darin gesehen haben. Wie in einem Spiegel.
    Paul: Auch keine Karte von Natalie? Zur Genesung oder so?
    Annika: Hör mal, Paul! Natalie leidet noch viel mehr als wir, Max war ihr Bruder, sie hat mit ihm gelebt, jeden Tag, ihr Zimmer liegt genau neben seinem und das ist jetzt leer! Jeden Tag wird sie daran erinnert, dass er nicht wiederkommt! Und du glaubst ernsthaft, sie hätte den Nerv, an uns Genesungskarten zu verschicken?
    Paul: Du hast recht. Trotzdem finde ich es nicht sehr einfühlsam von Natalie, dir das Bild einfach so zu schicken, ohne jeglichen Kommentar. Sie kann sich doch denken, wie es in dir aussieht und dass du jetzt erst recht grübelst. Außerdem bist du noch verletzt, wenn auch nicht mehr im Krankenhaus.
    Annika: Sie hat schon recht damit. Und es ist ja auch ein Andenken an Max, wenn auch ein Schmerzliches. Ich werde das Bild jedenfalls in Ehren halten, auch wenn ich es niemandem zeige. Gerade deshalb. Ich will kein Roboter mehr sein, Paul. Nie wieder.
    Danach verabschiedet sie sich und loggt sich aus. Paul liegt aufgewühlt in seinem Bett und schiebt den Tablet-PC so heftig in die Schublade zurück, dass das Gerät gegen den Rand stößt, es ist ihm egal. Warum bekommt er es nicht hin mit Annika, jedes Mal wenn sie miteinander chatten, findet er nur unbeholfene Worte, die das Gespräch in die falsche Richtung lenken. Weg von ihm, alles dreht sich um Max, mehr als zu dessen Lebzeiten.
    Ich bin verliebt in dich, Annika, denkt er immer wieder. So lange schon und so sehr, und an dem Abend war ich so dicht dran, ich wollte es dir sagen. Für mich war unser Kuss nicht unbedeutend, an jenem Abend bedeutete er mir alles. Ich wollte kämpfen um dich, es war doch schon fast aus zwischen euch, ihr habt nicht zusammengepasst. Max’

Weitere Kostenlose Bücher