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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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uns nicht.
    Paul: Aber heiß verknallt wart ihr beide nicht mehr. Erinnerst du dich daran, was ich zu ihm gesagt habe, als er uns im Auto erwischt hat?
    Annika: Wenn ich das nur ungeschehen machen könnte! Noch dazu war es in SEINEM Auto.
    Paul: Ich habe gesagt: »Du willst doch gar nichts mehr von ihr«. Max hat nicht widersprochen.
    Annika: Bestimmt hat er nicht richtig hingehört, weil er viel zu wütend war. Oder geschockt, was weiß ich. Wir hätten das nicht tun sollen, es war einfach nur mies von uns. Unterirdisch. Jetzt muss ich damit leben, dass es so ungeklärt geblieben ist. Vielleicht lief es nicht mehr traumhaft zwischen ihm und mir, aber ich hätte Schluss machen sollen, statt ihn ausgerechnet mit dir zu hintergehen.
    Paul: Wir haben das nicht geplant. Es ist einfach passiert, und du hast selber gesagt, es war ja nicht wirklich was.
    Annika: Für uns nicht. Aber was glaubst du wohl, weshalb Max sonst so durchgedreht ist, dass er gegen den Baum raste?
    Paul: Es ging ihm schon länger nicht so gut. Auch wegen der Schule und so, du weißt ja, wie sein Vater drauf ist. Das mit uns war nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Annika: Aber gerade deshalb mache ich mir Vorwürfe! Wenn wir uns wie Freunde verhalten hätten und für ihn da gewesen wären, statt ihn zu betrügen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen!
    Paul: Ich hab oft versucht, mit ihm zu reden. Gerade in den letzten Wochen.
    Annika: Was hat er gesagt?
    Paul: Sorry, krieg gerade Besuch. Mein Dad. Melde mich später noch mal.
    Annika: Alles klar, bis dann!
    Paul loggt sich aus und schließt die Augen. Dass er Besuch bekomme, war gelogen, sein Vater schafft es erst morgen wieder, die Mutter hat selbst einen Arzttermin. Wenn du wüsstest, Annika, denkt er. Wenn du nur wüsstest, wie harmlos unser einziger Kuss gegen das gewesen ist, was Max selbst getan hat. Vielleicht hätte ich dann leichtes Spiel bei dir, Annika, aber ist es das wert?
    Dass Max mit Annika zusammengekommen war, hatte Paul schon immer gewundert, war er doch eher der blasse, ruhige, unauffällige Typ, der sich nie in den Vordergrund drängte. Gut, er spielte Klavier, und Mädchen mögen Musiker, doch auf Sportler wie Paul stehen sie normalerweise auch. Annika singt gerne, und Paul hat nie verstanden, warum Max so wenig darauf eingegangen ist, sie hätte ihn mit ihrer hellen, klaren Stimme am Klavier begleiten können. Max jedoch reagierte jedes Mal etwas unwirsch, wenn Annika zu singen begann. Also fiel Paul mitunter in ihre Melodien ein, Songs aus den Charts, die sie besonders mochte, er versuchte, eine zweite Stimme dazu zu erfinden, meist hatte es für sein Gefühl nicht einmal schlecht geklungen. Annika strahlte ihn jedes Mal an, während Max hingegen versuchte, beide in irgendein Gespräch zu verwickeln, damit sie aufhörten, oder er wandte sich ab. Annika und Paul hatten in den letzten Wochen vor Max’ Tod fast mehr Zeit miteinander verbracht als Max mit ihr, und es lag nicht nur daran, dass Paul zunehmend Gefühle für sie entwickelt hatte. Es lag auch daran, dass Max sich innerlich immer mehr zurückzog und mit beiden kaum noch Verabredungen traf. War Paul ein Unmensch, weil er sich in dieser Zeit verstärkt um Annika kümmerte, nicht nur aus Eigennutz, sondern auch um Max zu helfen, die Zeit zu überbrücken, bis er wieder wusste, was er wollte und mit sich selbst im Reinen war?
    Paul kümmerte sich um Annika und Annika machte nicht mit Max Schluss. Sie waren nicht schuld. Annika und er waren wegen eines einzigen harmlosen Kusses doch nicht schuld daran, dass Max gegen den Baum gerast war.
    Er loggt sich wieder ein, setzt jedoch sofort seinen Status auf offline. Er ruft Max’ Profil auf, zum ersten Mal seit dessen Tod, zuckt zusammen, als er sieht, dass es noch existiert. Irgendjemand hat es zu einer Art Gedenkseite umgewandelt, wahrscheinlich Natalie. Oder war es Max selbst, bevor er an seinem letzten Abend mit ihm, Annika und seiner Schwester aufbrach? War das seine letzte Handlung im Internet, hat er noch alles geregelt, während er plante, in den Tod zu rasen?
    Max’ Profilbild. Ein von ihm gezeichnetes Selbstporträt. Paul klickt darauf, um es zu vergrößern und stutzt; es sieht aus, als wäre das Bild zerknüllt gewesen, klein zusammengeknautscht und wieder auseinandergefaltet. Lange betrachtet er die Zeichnung. Sie spiegelt Max

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