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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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Augenbrauen.
    Â»Bleiben Sie bitte noch kurz da, Maximilian«, bittet er mich. Ich nicke.
    Â»Ich wollte sowieso noch kurz zu Ihnen«, antworte ich. Paul hält inne damit, seinen Mathehefter in die Ledertasche zu schieben und lehnt sich zurück. Eigentlich will ich allein mit Brückner sprechen. Das, was mein Vater mir aufgetragen hat ist zu peinlich, als dass ich wollte, dass es jemand mitbekommt.
    Â»Ich möchte allein mit Max sprechen«, sagt er. »Es tut mir leid, Paul. Wir sehen uns morgen, oder haben Sie auch etwas auf dem Herzen?«
    Paul zuckt zusammen und springt von seinem Stuhl auf, sieht unseren Lehrer verblüfft an, als habe er nicht erwartet, weggeschickt zu werden.
    Â»Schon gut«, stammelt er und weicht gleich ein paar Schritte zurück. »Soll ich draußen auf dich warten, Max?«
    Ich zögere. Wenn er wartet, fühle ich mich die ganze Zeit unter Druck, mich beeilen zu müssen und hinterher wird er mich fragen, was Brückner und ich geredet haben. Es geht ihn nichts an, diesmal nicht.
    Â»Ich ruf dich heute Abend an«, verspreche ich ihm. Paul nickt, nimmt seine Sachen und verlässt den Raum.
    Dann bin ich mit Brückner allein. Schon jetzt fühle ich mein Herz pochen bei dem Gedanken, ihm gleich sagen zu müssen, dass mein Vater ihn sprechen will. Ich will Brückner nicht so vorführen, es widerstrebt mir, am liebsten wäre ich weit weg. Gerade er ist einer der wenigen Lehrer, denen es nicht nur um den Stoff geht, sondern die sich wirklich für uns interessieren und der es nicht als persönliche Beleidigung auffasst, wenn jemand ausgerechnet in seinem Fach danebenliegt.
    Brückner schreitet zur Tür, um zu überprüfen, ob sie fest geschlossen ist, dann kommt er zurück und zieht zwei Stühle von den vorderen Tischen weg, stellt sie so, dass wir einander gegenüber sitzen können, bietet mir mit einer einladenden Bewegung einen Platz an, ein Gespräch auf Augenhöhe, offenbar geht er davon aus, dass es nicht in wenigen Minuten beendet sein wird. Meine Nervosität steigt, ich ahne bereits, was jetzt kommt. Maximilian, wird er gleich sagen, wir wissen beide, dass Mathematik nicht Ihr Fach ist, manchmal liegt man mit der Wahl des Leistungskurses daneben. Ich möchte Ihnen ja gern helfen, aber im Moment sieht es nicht gut aus für Ihr Abitur. Ich senke schon jetzt den Kopf und starre auf meine Füße, es ist alles so peinlich. Aber Brückner sagt nichts in der Art. Es erscheint mir wie eine Ewigkeit, bis er überhaupt anfängt zu reden, deshalb blicke ich irgendwann doch auf und sehe ihn an. Unvermittelt treffen sich unsere Blicke, er muss mich die ganze Zeit schon beobachtet haben.
    Â»Vor ein paar Tagen hatte ich eine Vertretungsstunde«, beginnt er. Was will er damit sagen, schießt es mir durch den Kopf. Ich war nicht dabei, für mich ist in letzter Zeit kein Unterricht ausgefallen.
    Â»Im Kunstraum«, fährt er fort. »Und dort habe ich Ihre Bilder gesehen, die ja überall aushängen. Das ist wirklich verrückt … Jahrelang sind Sie schon mein Matheschüler, seit der elften Klasse bin ich Ihr Tutor, aber welch eine künstlerische Begabung in Ihnen steckt, habe ich bisher nicht wahrgenommen.«
    Â»In den Fluren hängen auch ein paar Bilder«, sage ich schnell. Ich spüre, wie ich erröte, damit habe ich nicht gerechnet, dass Herr Brückner als mein Mathelehrer mich für meine Zeichnungen und Bilder lobt. Aber ich spüre auch so etwas wie Stolz in mir aufkeimen. Wenn Brückner so was sagt, stimmt es vielleicht. Ich selber fand mich noch nie besonders gut, es treibt mich nur immer zum Malen, immer und immer wieder, dabei kann ich so wunderbar loslassen. Brückner nickt.
    Â»Das habe ich anschließend auch bemerkt. Es ist mir direkt peinlich, zugeben zu müssen, dass ich tagein, tagaus durch das Gebäude laufe und gar nicht richtig hinschaue, was für Schätze da von meinen Schülern ausgestellt sind. Nachdem ich die Bilder im Kunstraum gesehen habe, habe ich das natürlich gleich geändert und bei der nächsten Gelegenheit einen Rundgang gemacht, um alles genau zu betrachten.«
    Â»Tatsächlich?« Mein nervöses Herzklopfen von vorhin weicht allmählich einem freudigen. Ich möchte wissen, welches Bild ihm am besten gefällt, sonst kann ich fast nie mit jemandem darüber reden, am ehesten noch mit meiner Schwester. Annika

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