Dann muss es Liebe sein
antwortet, höre ich sie nicht, denn das Spritzen des Wassers gellt in meinen Ohren. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, bis Emma entscheidet, dass es jetzt reicht, und Ginge – oder das, was von ihm übrig ist – in ein trockenes Handtuch gewickelt zurück zum Behandlungstisch bringt. Ich halte die Luft an, bis ich merke, dass ich vor Angst und Sauerstoffmangel das Bewusstsein verliere.
»Er lebt«, sagt Emma, und ich kann endlich wieder atmen.
Stumm bete ich zu Bastet, der ägyptischen Schutzgöttin der Hauskatzen. Man kann ja nie wissen, und unter diesen Umständen …
»Schon besser«, meint Emma, die ihn halb ausgewickelt hat, um erneut seine Temperatur zu prüfen. Er sieht aus wie eine Zeichentrick-Katze, seine Augen rollen wild im Kreis, sein Fell steht zu Berge, und die ziegelrot verfärbte Zunge hängt ihm aus dem Maul. »Er ist ordentlich durchgeprügelt worden, aber ich glaube, er hat gute Chancen durchzukommen.«
»Shannon wird ein Stein vom Herzen fallen«, bemerkt Izzy. »Ich weiß nicht, wie oft ich ihr gesagt habe, sie soll nachsehen, ob eine Katze drinsitzt, bevor sie den Trockner einschaltet.«
»Shannon ist noch nicht da«, entgegne ich. »Das war ich.«
»Du?« Emma und Izzy starren mich an.
»Ich war in Gedanken. Ich habe heute Morgen den Müll rausgebracht und gesehen, dass die Tür offen stand, und da habe ich sie zugemacht.« Ich weiß noch, dass ich sie mit einem Fuß zugedrückt habe. Ich war müde, hatte es eilig und dachte an etwas anderes – an das Baby natürlich. Ich habe nicht nachgeschaut, was oder wer darin war. Ich mache ein paar Schritte vorwärts und berühre Ginges Kopf. »Tut mir leid, alter Junge.«
Ich sehe, wie Emma Izzy einen Blick zuwirft, als wollte sie sie davon abhalten, eine Bemerkung über Leute zu machen, die nicht auf ihre Haustiere achten.
»Wir setzen ihn in einen Käfig. Nur für heute, damit wir ihn im Auge behalten können«, sagt Emma.
»Er hasst es, im Käfig zu sitzen«, protestiere ich, aber ich weiß selbst, dass es für ihn noch schlimmer wäre, wenn er nach draußen liefe und den Heimweg nicht mehr fände. Ja, er lebt, allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis wir wissen, ob sein Gehirn oder etwas anderes dauerhaft Schaden genommen hat.
Emma setzt sich zu Ginge. Ihr Praxishemd ist völlig durchnässt, und ich hole ihr ein trockenes, ehe ich Izzy beim Aufräumen helfe.
»Das sieht ja aus wie nach einer Überschwemmung«, murrt Izzy.
Ich entschuldige mich erneut. Manchmal habe ich das Gefühl, als könnte ich überhaupt nichts richtig machen. Ich fülle einen Wäschekorb mit nassen Handtüchern und bringe sie zur Waschmaschine, bevor ich zu Emma und Ginge zurückkehre, der allmählich wieder etwas normaler wirkt. Sein Blick ist stabil, selbst wenn seine Pupillen noch immer stark geweitet sind, er atmet gleichmäßig, und er scheint auch nicht mehr so viel Hitze auszustrahlen.
Emma schaut auf. »Oh, fast hätte ich es vergessen, Maz. Ich habe etwas für dich.« Sie verschwindet und kommt ein paar Minuten später mit einem in hellblaurosa Geschenkpapier eingepackten und mit einer Schleife verzierten Päckchen zurück. »Mach es auf.«
Ich reiße das Papier ab und finde ein Buch – Schwangerschaft für Dummies – und ein Paar winzig kleine weiße Socken.
»Danke, Em.« Ich bin gerührt und traurig zugleich. Ich war gar nicht auf den Gedanken gekommen, etwas für ihr Baby zu kaufen.
»Ich war in letzter Zeit keine besonders gute Freundin oder Geschäftspartnerin.« Sie lächelt. »Ich war zu sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt, um Geschenke einzupacken.«
»Das ist ja auch kein Wunder.« Ich halte inne, um ihr die Gelegenheit zu geben, das Gespräch in die gewünschte Richtung zu lenken. Ich würde mir wünschen, dass sie sich mir anvertraut und mit mir darüber redet, wie sie ihr Baby verloren hat, aber das Einzige, worüber sie reden will, ist mein Kind.
»Du hast noch gar nichts für das Baby gekauft, oder? Dachte ich’s mir doch. Also wirklich, Maz …« Sie sieht mich vorwurfsvoll an, vielleicht denkt sie an all die Sachen, die sie schon für ihr Baby besorgt hatte. »Wann ziehst du mit Alex zusammen?«
»Darüber haben wir noch nicht gesprochen.« Er hatte es zwar vorgeschlagen, als wir zusammen in dem Restaurant am Strand waren, aber seitdem hat er das Thema nicht mehr angesprochen. Ich würde ihm ja anbieten, bei mir einzuziehen, doch die Wohnung ist zu klein für drei, und zu ihm in die Scheune zu ziehen, kommt
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