Dann muss es Liebe sein
bleibt keine andere Wahl, als Saba in der Praxis zu behalten und Aurora nach Hause zu schicken, wo sie mit ihrem Freund warten soll, bis ich mich bei ihr melde. Mein erster Impuls ist, Izzy anzurufen, damit sie mir assistiert, aber das wäre nicht fair, da wir sie für Drews Nachtschichten eingeteilt haben. Also ziehe ich einen OP -Kittel über meinen Schlafanzug, tausche die Pantoffel gegen Crocs und rufe stattdessen Shannon an.
»Ich weiß nicht, ob ich das schaffe«, sagt Shannon, nachdem Saba narkotisiert und für den Eingriff vorbereitet ist. »Was ist, wenn ich wieder ohnmächtig werde?«
»Dafür wirst du gar keine Zeit haben«, beruhige ich sie. »Komm schon, die Welpen brauchen uns.« Es sind mindestens acht oder neun da drin, und ich denke kurz daran, Verstärkung zu rufen, doch dafür reicht die Zeit nicht. Wenn wir noch länger warten, löst sich die Plazenta ab, und die Welpen werden sterben.
Ich öffne Sabas Bauch und ihre Gebärmutter, nehme den ersten Welpen heraus, klemme die Nabelschnur ab, schneide sie durch und lege den faustgroßen, warmen, nassen, glitschigen, noch immer mit einer grauen Membran bedeckten Klumpen auf das Handtuch in Shannons ausgestreckten Händen.
»Was muss ich noch mal machen?«
»Sieh nach, ob die Schnauze und die Nasenlöcher frei sind. Kontrolliere, ob es atmet, dann rubble es sauber und leg es in den Brutkasten. Aber beeil dich, hier kommt bereits der Nächste.« Und noch einer. Und noch einer. Die Ersten beginnen schon zu winseln, als ich den siebten Welpen weiterreiche. Shannon starrt ihn an, als sei ihr nicht gut.
»Wenn du merkst, dass du ohnmächtig wirst, setz dich schnell hin«, sage ich scharf. »Was auch immer du tust, lass ihn ja nicht fallen.«
»Er sieht nicht so aus wie die anderen«, antwortet sie.
»Wenn er nicht atmet, träufelst du ein paar Tropfen aus dieser Flasche auf seine Zunge.«
»Das ist es nicht – er hat eine rosa Nase. Die anderen sind alle schwarz.«
»Mach dir darüber jetzt keine Gedanken.« Ich glaube kaum, dass ein Welpe fürs Leben traumatisiert ist, nur weil er ein bisschen anders aussieht als seine Geschwister. »Hier kommt noch einer.«
»Das ist ja wie in dem Film Hundertundein Dalmatiner, nur mit Labradoodles. Wie viele sind das denn?«, fragt Shannon verblüfft.
Insgesamt dreizehn kleine Welpen drängeln sich zappelnd unter einer Decke im Brutkasten. Ich kontrolliere noch einmal, ob ich auch keinen in der Gebärmutter übersehen habe, und nähe die Wunde wieder zu.
»Ich kann es gar nicht glauben«, sagt Shannon.
»Ich auch nicht.« Ich bin in Hochstimmung. Ich mustere Shannon, das Leuchten in ihren Augen und ihre geröteten Wangen. Sie ist nicht nur nicht in Ohnmacht gefallen, sondern war mir tatsächlich eine große Hilfe. »Danke, Shannon. Ohne dich hätte ich das nicht geschafft.«
»Und ich hätte es nicht ohne Sie geschafft, Maz«, erwidert sie scheu. »Sie können mir am besten von allen erklären, was ich tun soll.«
»Wirklich? Danke.«
»Izzy wird so schnell ungeduldig, und mit Emma arbeite ich nicht oft zusammen.«
»Und was ist mit Drew?«
»Der vergisst manchmal, dass ich noch nicht so lange hier bin, und erwartet, dass ich alles Mögliche schon weiß …« Sie hält kurz inne, und ich rechne damit, dass sie etwas Medizinisches anführt, die Namen der verschiedenen chirurgischen Instrumente etwa, die wir hier verwenden, aber stattdessen sagt sie: »Zum Beispiel, dass er Sandwich mit Hühnchensalat nicht ausstehen kann.«
»Wie kommt er denn darauf?«
»Ich muss ihm immer sein Mittagessen holen, wenn er zu viel zu tun hat.«
»Das musst du ganz und gar nicht.« Ich fürchte, sie würde alles tun, was Drew von ihr verlangt, und als ihre Chefin fühle ich mich für sie verantwortlich. »Du brauchst ja nicht gleich eine Hardcore-Feministin zu werden …«
»So wie Sie«, unterbricht sie mich.
»Aber – das wollte ich eigentlich sagen – du brauchst auch keine Masochistin zu sein. Du darfst dich von niemandem ausnutzen lassen.«
»Sie meinen schon wieder Drew«, sagt Shannon im typisch gelangweilten Teenager-Ton.
»Ich erwarte nicht, dass du meinen Rat annimmst.« Warum sollte sie auch? Ich bin vielleicht älter als sie, aber klüger ganz bestimmt nicht. »Bitte stürz dich nicht in etwas hinein …«
Shannon zieht die Augenbrauen hoch, als ich ins Stocken gerate, denn ich sehe ihr an, dass es schon zu spät ist. Sie ist bis über beide Ohren in ihn verknallt.
Wir warten, bis Saba wieder
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