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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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Hühnchen, das Shannon für ihn dagelassen hat. Gierig verschlingt er das Futter.
    »Morgen bekommst du mehr davon«, verspreche ich ihm, während ich überlege, ob ich ihn aus dem Käfig nehmen und kurz in den Garten hinaushumpeln lassen soll. Ich beschließe, ihn in Ruhe zu lassen. Er scheint sich wohlzufühlen. »Und dann machen wir auch diesen lächerlichen Verband ab. Mit etwas Glück bist du in ein paar Tagen wieder fit. Dann kriegst du eine Chemo, und alles wird gut.«
    Brutus schnüffelt und sabbert auf meine Hose, als wollte er sagen, klingt doch gut.
    Mit etwas Glück kommt auch Drew morgen früh wieder zur Arbeit, Shannon ist nicht mehr so deprimiert, und – das wäre das Allerbeste – Emmas Embryos nisten sich ein.

21
    Schrecken ohne Ende
    Ginge ist besser als jeder Wecker, zumindest was die Zuverlässigkeit angeht. Bloß schade, dass man die Weckzeit nicht einstellen kann, denn am nächsten Morgen zerrt er schon um sechs Uhr in der Frühe an meinem Federbett. Da ich nicht mehr einschlafen kann, gehe ich nach unten und füttere die Katzen. Brutus steht auf seinen drei verbliebenen Beinen, der Verband hängt lose herunter.
    Ich lege ihm eine Leine an und lasse ihn aus dem Käfig. Er drängt sich an mir vorbei, hoppelt voraus und zerrt mich in den Flur, wo ich ihn erst überreden muss, kehrtzumachen und sich Richtung Hintertür zu bewegen.
    »Nicht so hastig, Brutus.« Ich gehe mit ihm nach draußen in den Garten, wo er gut zurechtkommt, bis er versucht, an einem Busch das Bein zu heben, woraufhin er nach vorne kippt und mit der Nase aufs Pflaster knallt. »Das musst du erst noch lernen.« Und das könnte eine Weile dauern, denke ich, während ich ihm helfe, das Gleichgewicht wiederzufinden. Er ist nicht gerade der Hellste.
    Ich bringe ihn wieder hinein und hänge die Schlaufe der Leine über einen Haken an der Wand, sodass ich seine Temperatur prüfen und den Rest des Verbands abnehmen kann. Die Wunde sieht gut aus. Wenn er jetzt noch in Izzys Diätclub ein paar Kilo abnimmt, wird er auf drei Beinen wunderbar zurechtkommen.
    Ich nehme seine Patientenkarte vom Käfig und fülle sie aus. Plötzlich fällt mir auf, dass Brutus zittert. Sein ganzer Körper erschauert, dann sackt er mit seinem ganzen Gewicht nach vorne auf seinen Brustkorb. Ich fühle mich, als würde ich von einem eisigen Fluss mitgerissen.
    Ich lese noch einmal Drews gestrigen Eintrag: LV amputiert. Links vorne?
    Auf welchem Bein hat Brutus gehinkt, als ich ihn vor der Operation gesehen habe? Denk nach, Maz, denk nach. War es das rechte oder das linke?
    Drew kann es nicht verwechselt haben. Emma hat ihm doch sicher aufgeschrieben, welches Bein es war. Sie hat ihm garantiert gesagt, welches Bein er amputieren soll, als sie ihn gebeten hat, die Operation zu übernehmen. Und Brutus hat gehinkt – Drew muss gesehen haben, welches Bein es war … ganz bestimmt …
    Und selbst wenn er sich vertan hätte, hätte er es bemerkt, sobald Brutus in den OP -Raum kam, denn Shannon hatte doch sicher die Röntgenbilder vor das Negatoskop geklemmt. Und darauf war eine Markierung angebracht, L für links oder R für rechts. Ich kneife die Augen zusammen und versuche krampfhaft, mich an das Röntgenbild zu erinnern, das Emma mir gezeigt hat. Ich zweifle, und plötzlich stockt mir der Atem, denn jetzt weiß ich es wieder. Auf dem Röntgenbild war gar keine Markierung.
    Ich sinke neben Brutus auf die Knie. Er sieht zufrieden aus, nachdem er nun wieder bequem liegt, und ich tue etwas, was ich seit der Grundschule nicht mehr getan habe. Vorsichtig, um meinen Bauch nicht zu drücken, drehe ich mich zur Wanduhr um und überprüfe, wo rechts und wo links ist. Einmal, zweimal, dreimal hintereinander. Es nutzt nichts. Drew hat einen entsetzlichen Fehler gemacht.
    Ich dränge die Tränen zurück und küsse den Kopf eines toten Hundes, denn für Brutus gibt es jetzt keine Hoffnung mehr. Er hatte eine kleine Chance auf vollständige Genesung, aber die ist jetzt dahin, und ich bin am Boden zerstört, da es meine Schuld ist. Ich hätte nachhaken müssen, ich hätte nicht lockerlassen dürfen, als Shannon sagte, Emma habe Drew grünes Licht für die Operation gegeben. Ich hätte darauf bestehen müssen, ihm zu assistieren, dann hätte ich den Fehler bemerkt, sobald er angefangen hätte, das Operationsfeld zu rasieren. Genau wie Izzy, wenn sie da gewesen wäre.
    »Maz? Oh, Maz.« Ich höre Shannons haltloses Schluchzen und das Knacken ihrer Fingergelenke und drehe mich um.

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