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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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meine Fantasie geht mit mir durch.
    Ich muss schließlich doch noch eingenickt sein, denn am nächsten Morgen werde ich aus dem Schlaf gerissen. Nicht von Alex (schön wär’s!) oder den Kindern, sondern von einem lauten Knall. Ich springe auf, renne nach oben und schnappe mir Alex’ Bademantel, ehe ich aus dem Fenster schaue. Der alte Fox-Gifford steht mit einer altmodischen Nachtmütze auf dem Kopf und einem dicken Mantel über seinem gestreiften Schlafanzug mitten auf dem Hof. In der einen Hand hält er seinen Gehstock, in der anderen ein rauchendes Gewehr. Die Hunde wuseln um einen Strohballen herum, auf dem mehrere tote Ratten aufgereiht liegen. In der Ferne kräht ein Hahn, und Sebastian kommt weinend und nach seiner Mami verlangend in Alex’ Zimmer. Ziehen die Leute nicht üblicherweise aufs Land, weil sie Ruhe und Frieden suchen? Ich bemühe mich, Sebastian zu beruhigen, und erwische mich bei dem verlockenden Gedanken, in die Großstadt zurückzukehren.
    Ich hatte nicht vor, den Neujahrstag damit zu verbringen, laufende Nasen zu putzen und Choco Krispies auf Schüsseln zu verteilen, aber Lucie und Seb werden mir nach und nach etwas sympathischer, als sie mir von ihrem Leben erzählen.
    »Ich bin gerne bei Daddy, und ich bin auch gerne bei Mami«, sagt Lucie traurig, während Seb wehmütig in seine Krispies-Schüssel starrt. »Aber Mami lässt mich mein Pony nicht nach London mitnehmen.«
    »Das wundert mich nicht, Lucie. Kannst du dir vorstellen, wie es für dein armes Pony sein muss, in der Stadt zu leben? Es würde ihm überhaupt nicht gefallen. Es hätte viel zu wenig Platz, um herumzugaloppieren und sich die Beine zu vertreten.« Vor meinem geistigen Auge erscheint das Bild eines Thelwell-Ponys, das bei Starbucks einen Caffè Latte bestellt, und ich unterdrücke ein Lächeln.
    »Stimmt.« Lucie schaut mich an, und in ihren Augen entdecke ich einen neuen Respekt angesichts meines enormen Wissens über Pferde – wenigstens bilde ich mir das ein. »Hast du auch eine Mami und einen Daddy?«
    »Irgendwie schon. Meine Mutter wohnt in London. Und mein Vater« – es wird auch mit den Jahren nicht leichter, über ihn zu sprechen –, »na ja, ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Ist er tot?«, fragt Lucie mit weit aufgerissenen Augen. Doch bevor ich antworten kann, meint sie: »Ich habe schon mal ein totes Pony gesehen, und eine tote Kuh. Mein Daddy hat sie umgebracht. Er ist Tierarzt.«
    »Ich weiß. Ich bin auch Tierärztin.«
    »Bringst du auch Tiere um?«
    »Das ist nur ein ganz kleiner Teil unseres Berufs«, wende ich ein, aber Lucie ist schon wieder auf und davon. Sie rennt die Treppe hoch, um ihre Reithosen anzuziehen, damit sie nach draußen gehen und ihr Pony striegeln kann. Ihre Energie bringt mich ein wenig außer Atem.
    Als ich das Geschirr wegräume, fällt mein Blick auf die Fotos von Seb und Lucie auf dem unverputzten Ziegelsims neben dem Kamin und das Spielzeug in der Ecke, unter anderem eine kleine Tierarzt-Figur und ein paar Duplo-Pferde. Auf dem Boden liegt ein Stapel Prospekte für Geländewagen verschiedener Marken und darauf eine Schachtel mit 50-ml-Spritzen.
    Ich hebe einen der Prospekte auf und blättere ihn achtlos durch, während ich warte. Es war dumm von mir zu glauben, ich könnte Alex’ Familienleben von seinem Leben mit mir trennen. Seine Kinder sind keine Zusatzausstattung wie die Sitzheizung oder die Einparkhilfe bei einem Auto. Alex, Lucie und Sebastian gibt es nur im Paket.
    Es ist schon neun, als Alex endlich von Delphi zurückkommt. Getrocknetes Blut klebt unter seinen Fingernägeln und an seiner Hose. Er riecht nach Penizillin und Pferd, vermischt mit einer zarten blumigen, femininen Note, und in meinem Misstrauen schließe ich sofort daraus, dass es sich um das Parfüm einer Frau handeln muss.
    »Du hast dir ja ziemlich viel Zeit gelassen«, sage ich. »Was hat dich denn so lange aufgehalten?«
    »Das blöde Vieh ist mir unter den Händen weggestorben«, antwortet Alex mit einem verstörten Ausdruck in den Augen.
    »Das tut mir leid«, sage ich.
    »Es war ein Niederländisches Warmblut, ein echter Psycho. Als ich letztes Mal da war, hatte es eine leichte Kolik, die nach einer krampflösenden Injektion abgeklungen ist. Delphi hatte mir erzählt, dass es sich davon nicht vollständig erholt hatte, aber ich habe nicht mehr daran gedacht. Wenn ich bloß etwas mehr Eigeninitiative gezeigt hätte, wenn ich früher noch mal nach ihm gesehen hätte, es an einen Spezialisten

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