Dann muss es Liebe sein
sein.« Er lacht leise, kommt zu mir zurück, streicht mit einer Hand über meinen Hintern und drückt ihn liebevoll.
Sie ist aber nicht nur ein Pferd, denke ich. Die beiden sind ein Team, und sie sind letztes Jahr durch die Hölle gegangen, Liberty wegen einer schweren Kolikoperation und Alex mit seinen lebensgefährlichen Verletzungen nach dem Brand im Buttercross Cottage.
»Liberty bedeutet mir fast so viel wie du«, flüstert Alex, und seine Zähne leuchten im Mondlicht. »Zufrieden?«
Ich nicke, obwohl meine Zufriedenheit durch das Ende der Feier und das unverschämte Verhalten seiner Eltern etwas getrübt ist, doch darüber will ich jetzt nicht reden, nicht, solange die Kinder noch in Hörweite sind. Lucie hüpft über den Hof und hält ihr Kleid mit beiden Händen hoch, als wäre es ein Zügel. Seb stolpert hinter ihr her.
»Wir könnten morgen ganz früh aufstehen und ausreiten«, schlägt Alex vor.
»Ich würde lieber im Bett bleiben«, antworte ich so verführerisch, wie es mir mit vor Alkohol und Kälte steifen Lippen möglich ist.
»Du hast recht, ich eigentlich auch …« Der raue Klang seiner Stimme lässt mein Herz schneller schlagen, und ich wünsche schon, ich hätte meine Tasche nicht vergessen, als er fortfährt: »Leider haben die Kinder da auch noch ein Wörtchen mitzureden, fürchte ich. Seb ist morgens spätestens um sechs Uhr wach.«
Es stellt sich heraus, dass Seb nicht nur ein Frühaufsteher, sondern auch eine kleine Nachteule ist.
Nachdem wir endlich hineingegangen sind, setze ich mich unter dem von Balken durchzogenen hohen Scheunendach aufs Sofa – schokoladenbraunes Leder, sehr männlich und absolut nicht mein Geschmack – vor dem Kamin, in dem ein fröhliches Feuer prasselt. Alex bringt unterdessen Seb im kleinsten der drei Schlafzimmer, die im oberen Stockwerk von einer schmalen, offenen Galerie abgehen, ins Bett. Bruchstückhaft weht seine leise Stimme zu mir herunter und erinnert mich daran, wie ich selbst meinem Bruder Geschichten vorlas, wenn meine Mutter bei der Arbeit war.
Eine Stunde später kommt Alex mit dunklen Ringen unter den Augen, stoppeligen Wangen und vor Erschöpfung hängenden Schultern zurück.
»Falls Bob der Baumeister demnächst einem tragischen Arbeitsunfall zum Opfer fallen sollte, würde ich ihm jedenfalls keine Träne nachweinen«, sagt er.
»Ist er eingeschlafen?« Ich rutsche ein Stück zur Seite, um Alex Platz zu machen. Kaum sitzt er neben mir, den Schenkel eng an meinen gedrückt, die Arme um mich geschlungen, unsere Lippen kurz davor aufeinanderzutreffen, da beginnt etwas in seiner Tasche zu vibrieren – und es ist nicht das, was man in einer solchen Situation erwarten würde.
Alex zieht sein Handy aus der Tasche und schaltet auf laut.
»Alexander, bist du das?«
»Natürlich, Mutter, wer denn sonst?«
»Du klingst so außer Atem«, erwidert sie pikiert. »Ist alles in Ordnung? Ist Madge noch immer bei dir?«
Er flucht leise. Ich bemühe mich, ein hysterisches Kichern zu unterdrücken.
»Kann Vater nicht fahren?«
»Es geht ihm nicht so gut.«
»Vorhin ging es ihm doch noch bestens.«
»Er hat es wieder einmal übertrieben. Obwohl er das natürlich nie zugeben würde. Wie auch immer, es handelt sich um eines von Delphis Pferden, und sie hat ausdrücklich nach dir gefragt.«
Ich glaube ihr nicht. Sophia macht das absichtlich, um einen Keil zwischen mich und ihren Sohn zu treiben. Aber das wird ihr nicht gelingen.
»Es geht um das Pferd, das du dir an Heiligabend schon einmal angesehen hast«, fährt Sophia fort. »Delphi war nach der Feier noch einmal bei ihm, und sein Zustand hat sich verschlechtert.«
»Sag ihr, ich bin unterwegs«, entgegnet Alex und legt auf. »Tut mir leid, Schatz.« Er küsst mich auf die Wange und rappelt sich hoch. »Die Pflicht ruft.«
Erst als er fort ist, fällt mir ein, dass ich ihn auch hätte begleiten können. Sophia hätte auf Lucie und Seb aufpassen können. Doch als mein Blick auf meine in schwarze Seide gehüllten Beine fällt, wird mir klar, dass ich für einen solchen Ausflug nicht unbedingt passend gekleidet bin. Also hole ich mir stattdessen die Webpelzdecke von Alex’ Bett, mache es mir damit auf dem Sofa gemütlich und warte auf seine Rückkehr. Ich kann nicht einschlafen, weil ich die ganze Zeit an ihn denken muss, an ihn, allein mit Delphi Letherington in einer Box auf einem weichen Strohlager … Im Geiste verpasse ich mir eine Ohrfeige. Ich bin müde, ein bisschen betrunken, und
Weitere Kostenlose Bücher