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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Alien.
    Die Großen Alten, hat Lovecraft uns gesagt, sind irgendwo
da draußen, und ihr einziges Begehren ist es, irgendwie wie der hereinzukommen - und ihnen stehen Kräfte zur Verfügung, die so übermächtig sind, schüchtert Lovecraft uns ein,
daß es einen sterblichen Menschen in den Wahnsinn treiben
würde, auch nur einen Blick auf die Ursprünge dieser Kräfte
zu werfen; so mächtige Kräfte, daß eine ganze flammende
Galaxie ihrem tausendsten Teil nicht gleichkommen könnte.
    Ich glaube, es ist eine dieser Kraftquellen, die Ray Milland
zu sehen beginnt, während sich seine Sehfähigkeit mit einer
stetigen, unaufhaltsamen Geschwindigkeit steigert. Er sieht
sie erst als sich veränderndes, prismatisches Licht in der Dunkelheit - etwas, das man auf der Höhe eines LSD-Trips sehen
könnte. Corman, werden Sie sich erinnern, zeigte uns auch
Peter Fonda in The Trip (zusammen mit Jack Nicholson geschrieben), ganz zu schweigen von The WildAngels (dt: Die
wilden Engel), das den wunderbaren Augenblick enthält, als
der sterbende Bruce Dem krächzt: »Jemand gebe mir eine
echte Zigarette.« Wie auch immer, diese Lichtform, die Milland manchmal sieht, wird allmählich größer und deutlicher.
Noch schlimmer …, sie könnte etwas Lebendiges sein … und
merken, daß sie beobachtet wird. Milland hat durch alles hindurchgesehen, bis zum Rand des Universums und darüber
hinaus, und was er dort erblickt hat, das macht ihn verrückt.
    Schließlich wird die Kraft so deutlich für ihn, daß sie bei
den Einstellungen aus seiner Sicht die gesamte Leinwand ausfüllt: ein grelles, waberndes, monströses Ding, das nicht deutlich werden will. Schließlich kann Milland es nicht mehr ertragen. Er fährt mit seinem Auto zu einer einsamen Stelle (das
grelle Ding schwebt die ganze Zeit vor seinen Augen), reißt
sich die Brille herunter und entblößt Augen, die eine glitzernde, vollkommen schwarze Farbe angenommen haben.
Er hält einen Moment inne …, und dann reißt er sich selbst
die Augen aus. Corman läßt das Bild auf den klaffenden, blutigen Augenhöhlen erstarren. Aber ich habe Gerüchte
gehört
- sie können stimmen oder auch nicht -, daß die letzte Dialogzeile als zu gräßlich aus dem Film geschnitten wurde. Wenn es
stimmt, dann war sie die einzig mögliche Krönung für alles,
was geschehen ist. Den Gerüchten zufolge schreit Milland: Ich kann immer noch sehen!
11
    Dies sollte lediglich dazu dienen, unsere Finger in den tiefen,
tiefen See menschlicher Erfahrungen und Ängste einzutauchen, den das Mythen-Reservoir bildet. Es wäre möglich, mit
Dutzenden anderen Themen fortzufahren; mit Phobien wie
Höhenangst (Vertigo [dt: Vertigo-Aus dem Reich derToten]), Angst vor Schlangen (Ssssssss [dt: Ssssssnake!]), vor Katzen (Eye of the Cat [dt: Grüne Augen in der Nacht]), vor Ratten (Willard, Ben) und allen Filmen, die auf den »Niederknüppel-Effekt« angewiesen sind, um ihre Wirkung zu erzielen.
Dahinter ist das noch breitere Panorama des Mythos …, aber
wir müssen uns auch noch etwas für später aufheben, richtig?
    Und einerlei, wie viele Einzelheiten wir studieren, wir würden feststellen, daß wir immer wieder zumThema phobischer
Druckpunkte zurückkehren … ebenso wie sich der schönste
Walzer im Grunde genommen auf die Einfachheit des Wechselschritts verläßt. Der Horror-Film ist eine verschlossene
Kiste mit einem Griff an einer Seite, und in letzter Analyse
läuft alles darauf hinaus, an diesem Griff zu drehen, bis das
Sprungteufelchen uns ins Gesicht gesprungen kommt, wie es
die Axt hält und sein mörderisches Grinsen grinst. Wie beim
Sex auch, ist das Erlebnis unendlich begehrenswert, aber
eine Diskussion der spezifischen Wirkung läuft immer auf
dasselbe hinaus.
    Anstatt immer wieder und wieder auf immer derselben
Stelle zu treten, wollen wir unsere kurze Abhandlung über
den Horror-Film als Mythos und Märchen mit dem Big Cassino beenden: dem Tod selbst. Das ist eine Trumpfkarte, die
alle Horror-Filme halten. Aber sie halten diese Karte nicht,
wie ein Bridgeveteran sie halten würde, der all ihre Bedeutungen und Einsatzmöglichkeiten erkennt; sie halten sie vielmehr so, wie ein Kind die Karte halten würde, die das zum
Sieg erforderliche Paar beim Sechsundsechzig bildet. In dieser Tatsache liegt einerseits die Grenze des Horror-Films als
Kunst begründet, andererseits sein endloser, morbide fesselnder Charme.
    »Tod«, denkt der Junge Mark Petrie in ‘Salem’s Lot, »ist,
wenn die Monster dich erwischen.« Und

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