Danse Macabre
Sawyer beinahe den Hals gebrochen hat, so eilig hatte er es, Hucks tote Katze anzusehen,
und eine der Bezahlungen, die er für das »Privileg« bekommt, den Zaun streichen zu dürfen, ist eine tote Ratte an
einer Schnur, »an der man sie schwingen kann«.
Oder denken Sie darüber nach:
Bing Crosby soll eine Geschichte über einen seiner Söhne
erzählt haben, der im Alter von ungefähr sechs Jahren untröstlich war, weil seine Schildkröte gestorben war. Um den
Jungen abzulenken, schlug Bing vor, daß sie eine Beerdigung machen sollten, und sein Sohn stimmte, offenbar nur
mäßig getröstet, zu. Die beiden nahmen eine Zigarrenkiste, legten sie sorgfältig mit Seide aus, strichen das Äußere
schwarz an und gruben dann ein Loch im Garten. Bing ließ
den »Sarg« sorgfältig in das Loch hinunter, sprach ein langes Gebet aus tiefstem Herzen und sang einen Psalm. Am
Ende der Feier leuchteten die Augen des Jungen vor Kummer und Aufregung. Dann fragte Bing, ob er sein Haustier
noch einmal ansehen wollte, bevor sie den Sarg mit Erde
zuschaufelten. Der Junge sagte, das wollte er, und Bing
hob den Deckel der Zigarrenkiste. Die beiden sahen feierlich hinein, und plötzlich bewegte sich die Schildkröte. Der
Junge sah sie lange an, dann sah er zu seinem Vater auf und
sagte: »Bringen wir sie um.«**
* Nach: Kids: Day in and Day Out, herausgegeben von Elisabeth Scharlatt (New York: Simon & Schuster, 1979); diese spezielle Geschichte
wurde von Walter Jerrold berichtet.
** Verstehen Sie mich jetzt aber bitte nicht falsch oder interpretieren Sie
das, was ich gerade gesagt habe, nicht falsch. Kinder können böse
und lieblos sein, und wenn man sie in ihren schlimmsten Phasen miterlebt, dann können sie einen durchaus dazu bringen, schwarze Gedanken über die Zukunft der menschlichen Rasse zu entwickeln. Aber
Kinder sind endlos und unersättlich neugierig, nicht nur,
was
den Tod anbelangt, sondern auf alles - und warum auch
nicht? Sie sind wie Leute, die gerade mitten in einen Film,
der schon seit tausend Jahren läuft, hineingekommen sind
und sich gesetzt haben. Sie möchten wissen, um was für eine
Geschichte es sich handelt, wer die Personen sind, am meisten aber, was die innere Logik des Drehbuchs sein mag - ist
es ein Drama, eine Tragödie, eine Komödie, vielleicht eine
überdrehte Farce? Sie wissen es nicht, denn sie hatten keinen
Sokrates, Plato, Kant oder Erich Segal, der es ihnen gesagt
hat (noch nicht). Wenn man fünf ist, dann hat man den Nikolaus und Ronald McDonald als große Gurus; zu den brennenden Fragen des Lebens gehört, ob man Kekse auf dem Kopf
stehend essen kann oder nicht und ob das Material im Inneren eines Golfballs wirklich ein tödliches Gift ist. Wenn man
fünf ist, dann sucht man Wissen entlang der Kanäle, die
einem offenstehen.
Um das weiterzuspinnen, möchte ich Ihnen meine eigene
Geschichte um die tote Katze erzählen. Als ich neun war und
in Stratford, Connecticut, lebte, fanden zwei Freunde von
mir - Brüder - den erkaltenden Leichnam einer toten Katze
im Straßengraben in der Nähe von Burrets’ Building Materials, das gegenüber dem unbebauten Platz war, wo wir Baseball spielten. Ich wurde zu der Konsultation hinzugezogen,
um meine Meinung zum Problem der toten Katze abzugeben.
Dem sehr interessanten Problem der toten Katze.
Es war eine graue Katze, die offensichtlich von einem vorbeifahrenden Auto überfahren worden war. Sie hatte die
Augen halb offen, und wir stellten alle fest, daß sich Staub
und Straßenschmutz darin zu sammeln schienen. Erste Feststellung: Wenn man tot ist, ist es einem egal, ob man Staub auf
* Bösartigkeit und Grausamkeit sind nicht dasselbe, auch wenn sie vielleicht zusammenhängen. Eine grausame Tat ist eine einstudierte Tat;
sie erfordert ein gewisses Denken. Bösartigkeit andererseits ist ungeplant und erfordert kein Denken. Das Ergebnis mag für die Person,
die die Ladung abbekommt - für gewöhnlich ein anderes Kind -, dasselbe sein, aber ich finde, daß in einer moralischen Gesellschaft vorhandene oder fehlende Absicht eine wichtige Rolle spielt.
den Augen hat (unsere Feststellungen gingen davon aus, was
auf Katzen zutraf, mußte auch auf Kinder zutreffen).
Wir suchten nach Maden.
Keine Maden.
»Vielleicht hat sie Maden in sich«, sagte Charlie hoffnungsvoll (Charlie war einer von denen, die den William-Castle Film als McBare bezeichneten, und er rief an verregneten
Tagen immer bei uns zu Hause an und fragte mich, ob ich
nicht vorbeikommen und »Gommiggs«
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