Danse Macabre
Und dennoch sind die meisten dieser Filme einfach schrecklich.
Warum?
Exploitation, darum.
Exploitation war dafür verantwortlich, daß Lugosi in seinem letzten Film mit seinem Dracula -Cape durch die Baustelle einer Vorort-Gemeinde schleichen mußte; Exploitation
ermöglichte die Herstellung von Invasion of the Star Creatures und Don’t Look in the Basement (und glauben Sie mir,
ich mußte mir nicht sagen, daß es nur ein Film war; ich wußte,
was es war - mit einem Wort, beschissen). Nach Sex sind Filmemacher mit geringem Budget auf Horror aus, weil es sich
um ein Genre zu handeln scheint, das mühelos ausgebeutet
(»exploited«) werden kann - leicht zu ficken, wie ein Mädchen, mit dem jeder Junge in der High School (mindestens
einmal) ausgehen wollte. Selbst guter Horror kann manchmal ein schäbiges Freak-Show-Gehabe an sich haben …,
aber dieses Gehabe kann mehr als trügerisch sein.
Doch wenn wir es den Unabhängigen zu verdanken haben,
daß wir die größten Flops gesehen haben (Ro-Man mit seiner
Kurzwellen-Blubbermaschine aus Kriegsbeständen), dann
verdanken wir ihnen auch einige der unwahrscheinlichsten
Triumphe. The Horror of Party Beach und Night of the Living
Dead entstanden beide mit demselben Budget; der Unterschied ist George Romero und seine Vision, was der HorrorFilm ist und was der Horror-Film bewirken sollte. Im ersten
haben wir Monster, die eine nächtliche Party in einer Szene
angreifen, die lächerlich ist; im zweiten haben wir eine alte
Frau, die kurzsichtig einen Käfer auf einem Ast betrachtet
und ihn dann aufißt. Der eigene Mund möchte lachen und
schreien zugleich, und das ist Romeros bemerkenswerte Leistung.
Werewolf in a Girl’s Dormitory und Dementia-13 wurden
beide mit einem ähnlich nicht vorhandenen Budget gedreht;
hier ist Francis Coppola der Unterschied, der eine fast unerträgliche Atmosphäre wachsender Bedrohung im letztgenannten Film schuf, einem rasch in Schwarzweiß gedrehten
Reißer (der aus Steuergründen in Irland gedreht wurde).
Es ist möglicherweise zu leicht, sich in schlechte Filme als
»Camp« - »Kitsch« - zu verlieben; der große Erfolg der Rocky Horror Picture Show mag auf nichts anderes hindeuten als den Verfall des kritischen Denkens beim durchschnittlichen Kinogänger. Es könnte gut sein, zu den Grundlagen
zurückzukehren und sich zu vergegenwärtigen, daß der Unterschie d zwischen schlechten und guten Filmen (oder zwischen schlechter Kunst - oder Unkunst - und guter, großartiger Kunst) Talent ist und die innovative Anwendung dieses
Talents. Der schlechteste Film bietet seine eigene Botschaft,
und die lautet schlichtweg, sich von allem anderen fernzuhalten, was dieselben Leute verbrochen haben; wenn man zum
Beispiel einen Film vonWes Craven gesehen hat, dann ist es
meines Erachtens hinreichend legitim, sich die anderen zu
schenken. Das Genre hat unter genügend kritischen Verrissen und offener Mißbilligung zu leiden; man muß eine
schlimme Situation nicht noch schlimmer machen, indem
man Filme mit Porno-Gewalt dreht, und solche, die nichts anderes wollen als unsere Taschenbücher plündern. Dazu besteht auch kein Grund, denn selbst in der Filmbranche läßt
sich Qualität nicht mit einem Preisschild versehen …, nicht
nachdem es Brian De Palma möglich war, einen guten, angsteinflößenden Film wie Sisters (dt: Schwestern des Bösen) für
ungefähr achthunderttausend Dollar zu drehen.
Der Grund dafür, daß man sich schlechte Filme ansieht, ist
meiner Meinung nach der, daß man nicht weiß, ob sie
schlecht sind, bis man sie selbst gesehen hat - wie schon früher erwähnt, kann man den meisten Filmkritikern diesbezüglich nicht trauen. Pauline Kael schreibt gut, und Gene Shalit
präsentiert einen gewissen langweiligen und oberflächlichen
Witz, aber wenn diese beiden - und andere Kritiker - sich
einen Horror-Film ansehen, dann wissen sie nicht, was sie
sehen.* Der wahre Fan weiß es; er oder sie hat seine oder ihre
Basis des Vergleichens über eine lange und manchmal
schmerzliche Zeitspanne hinweg aufgebaut. Der wahre Fan
versteht ebenso zu bewundern wie der Besucher einer Kunstgalerie oder eines Museums, und diese Basis für Vergleiche ist
das Urgestein, auf dem sich Standpunkte oderThesen entwikkeln und stehen müssen. Für Horror-Fans bilden Filme wie Exorcist II (dt: Exorzist H: Der Ketzer) die Grundlage für ein
gelegentliches funkelndes Juwel, das man in der Dunkelheit
eines schäbigen Programmkinos finden kann: Kirby McCauleys Rituals oder
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