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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Reichen
aus den Vororten betrachten. Aber darunter schlägt das Herz
der Südstaaten-Gotik stark. Colquitt sagt uns, daß sie es
nicht wagen würde, ihrer engsten Freundin zu erzählen, was
sie an demTag gesehen hat, als Anita Sheehan schließlich den
Verstand verlor, aber uns kann sie es in allen schockierenden
Einzelheiten schildern. Entsetzt oder nicht, Colquitt hat alles
gesehen. Sie selbst stellt zu Beginn des Romans einen Vergleich zwischen dem neuen Süden und dem alten Süden an,
und der Roman als Ganzes betrachtet ist auch einer. An der
Oberfläche sehen wir »den obligatorischen, tabakbraunen
Mercedes«, Ferien in Ocho Rios, Bloody Marys mit frischem
Dill bei Rinaldi’s. Aber der Stoff darunter, der Stoff, welcher
das Herz dieses Romans mit einer solch großen, derben Kraft
schlagen läßt, ist der alte Süden …, der Stoff des gotischen
Südstaaten-Schauerromans. Unterschwellig ist The House
Next Door nicht in einem vornehmen Vorort von Atlanta angesiedelt; es ist in jenem grimmigen, höhlenreichen Land des
Herzens angesiedelt, das Flannery O’Connor so hervorragend kartographiert hat. Wenn man Colquitt Kennedy tief
genug ankratzt, wird man O’Connors Mrs. Turpin finden,
die in ihrem Schweinestall steht und auf eine Offenbarung
wartet.
Wenn das Buch ein ernstes Problem hat, so ist dies unsere
Wahrnehmung von Walter, Colquitt und der dritten Hauptperson, Virginia Guthrie, Unsere Gefühle diesen Personen
gegenüber sind nicht besonders wohlwollend, und es ist zwar
keine Regel, daß sie das sein sollten, doch mag es dem Leser
schwerfallen, zu verstehen, weshalb Siddons sie mag, wie sie
selbst sagt. Den größten Teil des Buches hindurch ist Colquitt
selbst besonders unattraktiv: eitel, standesbewußt, geldbewußt, sexuell prüde und gleichzeitig vage exhibitionistisch.
»Wir mögen es, wenn unser Leben und unser Besitz glatt
läuft«, erzählt sie dem Leser gleich zu Beginn mit nervtötender Überheblichkeit. »Chaos, Gewalt, Unordnung, Gedankenlosigkeit, sie alle stören uns. Sie machen uns nicht gerade
Angst, weil wir ihrer bewußt sind. Wir sehen die Nachrichten,
wir sind in unserem Zweig recht liberaler Politik aktiv. Wir
wissen, daß wir eine Schale um uns herum gebaut haben,
aber wir haben hart gearbeitet, um das zu können; wir haben
es so gewollt. Wir haben doch sicherlich das Recht, das zu
tun.«
Bei aller Gerechtigkeit, teilweise zielt das darauf ab, uns
auf die Veränderungen vorzubereiten, denen Colquitt und
Walter als Folge der übernatürlichen Vorkommnisse unterliegen - das verdammte Haus macht das, was Bob Dylan »bringing it all back home« nannte. Siddons möchte uns zweifellos
sagen, daß die Kennedys schließlich eine neue Ebene sozia len Bewußtseins erreichen; nach der Episode mit den Sheehans sagt Colquitt zu ihrem Mann: »Weißt du, Walter, wir
haben nie die Köpfe gehoben. Wir haben niemals uns selbst
oder etwas, das wir wirklich schätzen, aufs Spiel gesetzt. Wir
haben das Beste genommen, was das Leben zu bieten
hatte …, und wir haben niemals wirklich etwas dafür hergegeben.« Wenn das so ist, dann ist Siddons erfolgreich. Die
Kennedys bezahlen mit ihrem Leben. Das Problem des Romans mag sein, daß der Leser denken mag, der bezahlte Preis
sei angemessen gewesen.
Siddons eigene Meinung darüber, was genau das steigende
soziale Bewußtsein der Kennedys bedeutet, ist auch verschwommener als mir lieb ist. Wenn es ein Sieg ist, dann
scheint es mir ein rechter Pyrrhus-Sieg zu sein; ihre Welt ist
von ihrer Überzeugung zerstört worden, daß sie die Welt vor
dem Haus nebenan warnen müssen, aber ihre Überzeugung
scheint ihnen bemerkenswert wenig inneren Frieden als Gegenleistung zu geben - und der Aufhänger des Buches scheint
anzudeuten, daß ihr Sieg ganz eindeutig einen hohlen Klang
hat.
Colquitt setzt nicht nur den Sonnenhut auf, wenn sie hinaus geht, um im Garten zu arbeiten; sie setzt ihren mexikanischen Sonnenhut auf. Sie ist zu Recht stolz auf ihre Arbeit,
aber der Leser mag sich angesichts ihres unbekümmerten
Selbstvertrauens in ihr gutes Aussehen etwas unbehaglicher
fühlen: »Ich habe, was ich brauche, ich brauche die Bewunderung sehr junger Männer nicht, wenn ich auch in aller Bescheidenheit zugeben muß, daß in meiner Agentur einige
waren, die sie geboten haben.« Wir wissen, daß sie in engen
Jeans gut aussieht; Colquitt selbst weist uns hilfreich darauf
hin. Wir haben das Gefühl, wenn das Buch ein oder zwei
Jahre später geschrieben worden wäre, dann würde

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