Danse Macabre
Exorcist bis zu Cronenbergs They Came from Within, gute Beispiele
für die neue amerikanische Schauerromantik sind, in der wir
statt der symbolischen Gebärmutter den symbolischen Spie gel haben.
Das mag sich verdammt nach akademischer Scheiße anhören, ist es aber eigentlich nicht. Ziel der Horror-Literatur ist
es nicht nur, das Land der Tabus zu erforschen, sondern unsere eigenen, guten Gefühle gegenüber dem Status quo zu bestätigen, indem sie uns extravagante Visionen zeigt, wie die
Alternativen aussehen könnten. Wie die schrecklichsten Alpträume, macht der gute Angst-Film seine Arbeit häufig,
jeglicher Hilfe entfernt und isoliert in einem alten, eingeschneiten
Hotel. Ihre Welt ist geschrumpft und nach innen gekehrt worden; das
O verlock Hotel wird zum Mikrokosmos, in dem universelle Kräfte
aufeinanderprallen, und das innere Wetter ahmt das äußere Wetter
nach. Kritiker von Stanley Kubricks Filmversion sollten nicht vergessen, daß es genau diese Elemente waren, die Kubrick -bewußt oder
unbewußt - stärker herausarbeitete.
indem er den Status quo von innen nach außen kehrt - was
uns an Mr. Hyde möglicherweise am meisten Angst macht, ist
die Tatsache, daß er die ganze Zeit ein Teil von Dr. Jekyll gewesen ist. Und in einer amerikanischen Gesellschaft, die
mehr und mehr in den Bann des Ich-Kultes gerät, sollte es eigentlich nicht überraschen, daß das Horror-Genre mehr und
mehr dazu übergeht, uns ein Spiegelbild zu zeigen, das uns
nicht gefällt - unser eigenes.
Wenn wir The House Next Door betrachten, dann können
wir die Tarotkarte des Gespenstes weglegen - in dem Haus,
das den Harralsons, den Sheehans und den Greenes gehört,
gibt es keine Gespenster per se. Die Karte, die besser zu passen scheint, ist die Karte, die immer zum Vorschein kommt,
wenn wir es mit Narzißmus zu tun haben: die Karte desWerwolfs. Traditionellere Werwolfgeschichten ahmen fast immer
- wissentlich oder unwissentlich - die klassische Geschichte
von Narziß nach; in der Version mit Lon Chaney jr. sehen wir
Chaney, wie er sich selbst in dem stets populären Pool betrachtet, während er sich vom Monster in Larry Talbot zurückverwandelt. Genau dieselbe Szene sehen wir im originalen Fernsehfilm The Incredible Hulk, als Hulk in seine DavidBanner-Form zurückkehrt. Im von Hammer produzierten Curse of the Werewolf (dt: Der Fluch von Siniestro) wird die
Szene ebenfalls wiederholt, nur ist es diesesmal Oliver Reed,
der sich selbst betrachtet, während er der Veränderung unterliegt. Das wirkliche Problem beim Haus nebenan, wird uns
klar, ist die Tatsache, daß es Menschen genau in das verwandelt, was sie am meisten fürchten. Das echte Geheimnis des
Hauses nebenan ist, daß es ein Umkleideraum fürWerwölfe
ist.
»Fast alle Personen des neuen amerikanischen Schauerromans sind«, faßt Park zusammen, »in der einen oder anderen
Form narzißtisch; sie sind Schwächlinge, die versuchen, ihre
eigene Voreingenommenheit Wirklichkeit werden zu lassen.«
Ich finde, das faßt Colquitt Kennedy zusammen; und es faßt
auch Eleanor zusammen, die Protagonistin von Shirley Jacksons The Haunting of Hill House; und Eleanor Vance ist mit
Sicherheit die beste Person dieser neuen Tradition des amerikanischen gotischen Schauerromans.
»Die Inspiration, eine Gespenstergeschichte zu schreiben«, schreibt Lenemaja Friedman in ihrer Studie von Jacksons Werk, »kam Miß Jackson …, als sie ein Buch über eine
Gruppe von Erforschern des Übernatürlichen aus dem neunzehnten Jahrhundert las, die ein Spukhaus mieteten, um es
zu studieren und ihre Eindrücke aufzuzeichnen, was sie gesehen und gehört hatten, um der Society for Psychic Research
einen Bericht darüber abliefern zu können. Wie sie sich selbst
erinnert: >Sie dachten, sie wären schrecklich wissenschaftlich
und würden alle möglichen Dinge beweisen, und doch war
die Geschichte, die man ihren trockenen Berichten entnehmen konnte, ganz und gar nicht die Geschichte eines Spukhauses, es war die Geschichte von mehreren aufrichtigen,
meiner Meinung nach irregeleiteten, aber sicher entschlossenen Männern mit verschiedenen Motivationen und Hintergründen.
Die Geschichte gefiel ihr so sehr, daß sie es kaum erwarten
konnte, ihr eigenes Spukhaus und ihre eigenen Personen zu
erschaffen, die es erforschten.
Kurz danach, berichtet sie selbst, sah sie während einer
Reise nach New York an der Haltestelle 125ste Straße ein groteskes Haus - das so böse aussah, einen so ernsten Eindruck
machte, daß sie
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