Danse Macabre
Sprechkommentare, die der verstorbene Walter Winchell jede Woche in The Untouchables abgab). Aber
wenn wir die ersten Tonfilme ansehen, dann stellen wir fest,
daß dort auch Dialoge zur Beschreibung und als erzählerische Hilfsmittel verwendet wurden. Eigentlich bestand dafür
keine Veranlassung, denn wir können sehen, was passiert,
aber dennoch blieben sie eine Weile erhalten, eine Art nutzloser Blinddarm, der noch da war, weil die Evolution ihn noch
nicht entfernt hatte. Mein Musterbeispiel dafür stammt aus
den ansonsten innovativen Swpemzarc-Zeichentrickfilmen
von Max Fleischer aus den frühen vierziger Jahren. Jede
Folge begann damit, daß der Erzähler dem Publikum feierlich verkündete, daß einst der Planet Krypton existierte, der
»wie ein grünes Juwel am Himmel leuchtete«. Und da sehen
wir ihn, bei George, wie er wie ein grünes Juwel am Himmel
leuchtet, direkt vor unseren Augen. Einen Augenblick später
wird er von einer grellen Explosion in Trümmer zerfetzt.
»Krypton explodierte«, informiert uns der Erzähler hilfreich,
während die Trümmer ins Weltall davonfliegen. Nur für den
Fall, daß wir es nicht mitbekommen haben.*
Oboler verwendete noch einen dritten geistigen Trick, um
seine Hörspiele zu gestalten, und damit sind wir wieder bei
Bill Nolan und seiner geschlossenenTür. Wenn sie aufgerissen
wird, sagt er, sehen wir einen drei Meter großen Käfer, und
der Verstand, der jedem Stand derTechnik davonlaufen kann,
empfindet Erleichterung. Der Verstand ist zwar gehorsam
(schließlich, was ist Irrsinn, wie ihn die Gesunden sehen,
wenn nicht eine Art geistigen Ungehorsams?), aber er ist
* »Staging« war auch eine Konvention, die früheTonfilme und Fernsehserien gleichermaßen verwendeten, bis sie ihre eigenen, flüssigeren
Methoden des Erzählens gefunden hatten. Sehen Sie sich einige Fernsehproduktionen aus den fünfziger Jahren oder einen frühen Tonfilm
wie 1t Happened One Night (dt: Es geschah in einer Nacht), The Jazz
Singer oder Frankenstein an und überprüfen Sie, wie oft Szenen mit
starrer Kamera gedreht werden, als wäre die Kamera in Wirklichkeit
ein repräsentativer Theaterbesucher mit Sitz in der ersten Reihe. S. S.
Prawer kommt im Kapitel über Georges Melies in seinem ausgezeichneten Buch über die frühen Stummfilmpioniere, Caligari’s Children, zum selben Schluß: »Doppelbelichtungen, Schnitt-Sprünge und andere technische Tricks, die Melies mit festen Aufnahmen, entsprechend einem festen Sitz im Publikum, gedreht hatte, amüsierten das
Publikum mehr, als sie ihm Angst machten, und ermüdeten es am
Ende so sehr, daß Mdlies bankrott ging.«
Was die frühen Tonfilme anbelangt, die fast vierzig Jahre, nachdem
Maies zum Vorreiter des Fantasy-Films wurde, kamen, bestimmten bis
zu einem gewissen Grad Geräuschprobleme die stationäre Kamera;
die Kamera gab ein lautes Klacken von sich, wenn sie bewegt wurde,
und die einzige Methode, das zu vermeiden, war, sie in einen schalldichten Raum hinter Glas zu bringen. Die Kamera zu bewegen bedeutete nun, diesen Raum zu bewegen, und das war teuer, sowohl was Zeit
als auch was Geld anbelangte. Aber es war mehr als das Kamerageräusch, ein Faktor, auf den Melles sicher nicht achten mußte. Vieles
davon war schlichtweg wieder auf festgefahrenes Denken zurückzuführen. Viele frühe Regisseure standen unter dem Einfluß von Bühnenkonventionen und waren einfach außerstande, kreativ und innovativ zu sein.
auch eigentümlich pessimistisch und allzu häufig schlichtweg
morbid.
Oboler konnte, weil er den Kunstgriff des Dialoges als Erklärung selten überstrapazierte (wie es die Schöpfer von The
Shadow oder Inner Sanctum taten), den natürlichen Hang
des Verstandes zum Morbiden und Pessimistischen dazu benützen, einige der herausragendsten Effekte zu erzielen, die
jemals vor den Ohren des zuhörenden Massenpublikums
stattfanden. Heute wird Gewalt im Fernsehen einhellig verurteilt (und wurde weitgehend verbannt, wenigstens nach den
Maßstäben von The Untouchables, Peter Gunn und Thriller aus den bösen sechziger Jahren), weil so vieles davon explizit
ist - wir sehen das Blut fließen; das liegt in der Natur des Me diums und ist Bestandteil der Kulisse der Realität.
Oboler verwendete Blut und Gewalt eimerweise, aber ein
Großteil davon war implizit; der wahre Schrecken erwachte
nicht vor einer Kamera zum Leben, sondern auf der Lein
-
wand des Verstande s. Das beste Beispiel dafür liefert viel leicht ein Oboler -Hörspiel mit dem Don
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