Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
herausfinden. Bedeutet er dir denn so viel?“
„Er hat mir mal viel bedeutet. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.“
„Dann solltest du noch keine Entscheidung treffen“, antwortete er gleichmütig. Aber sein Gesicht hatte sich verdüstert, und ich wollte lieber nicht wissen, warum.
„Du hast gesagt, du hast Agenten in der Stadt.“
Er nickte. „Sie bemühen sich bereits um Informationen. Unauffällig, um unsere Beute nicht aufzuschrecken.“
„Das ist gut.“ Ich verspürte Gewissensbisse. Aber das war doch lächerlich – er war schließlich ein Dämon, kein Mensch. Er war nicht mal annähernd menschlich. „He … weißt du, ich …“ Wurde ich etwa rot? Wahrhaftig. Aber warum?
Für so was habe ich keine Zeit.
Vorsichtig näherte ich mich ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Sein Geruch umfing mich, was ich als irgendwie tröstlich empfand. „Danke“, sagte ich und legte den Kopf in den Nacken, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Wirklich. Ich bin dir wirklich … jedenfalls danke.“
Einer seiner Mundwinkel glitt leicht nach oben. „Du brauchst mir nicht zu danken“, sagte er leise. „Es ist mir eine Ehre.“
„Glaubst du wirklich, ich kann Santino töten?“, fragte ich.
Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. „Wir haben so oder so keine Wahl. Ich werde alles tun, um dich zu beschützen, Dante.“
„Na dann.“ Ich nahm die Hand von seiner Schulter. „Machen wir uns auf die Suche nach unserem ersten Kontakt.“
32
Das Plugin für das Polizeinetz lieferte mir eine aktuelle Karte der Stadt und die Positionsangaben wichtiger Plätze und Gebäude, die mein Datband auf den Datpilot lud. Das DOC verriet mir, wer sich gerade in der Stadt aufhielt. Es war nicht allzu schwer, ein bekanntes Gesicht zu finden. Welche Stadt Captain Jack auch heimsuchte, er trieb sich immer in der Nähe der Prostituierten herum.
Wir klapperten fünf Bordelle ab, bevor wir einen Volltreffer landeten. Ich scannte ein zweistöckiges Gebäude und stieß auf einen schwachen, vertrauten Schutzschild. Während meiner Verbrecherjagden hatte ich bereits viermal das Vergnügen gehabt, Captain Jacks Wege zu kreuzen; und einmal hätte es mich um ein Haar das Leben gekostet, nachdem er mich verraten und an den Kerl, hinter dem ich her war, verkauft hatte. Den Schild dieses Mistkerls konnte ich selbst noch durch den ganzen Gestank von Sex und Verzweiflung ausmachen, der aus dem Haus drang, eine Begabung, die nicht immer angenehm ist. „Komm mit“, forderte ich den Dämon auf und pflügte durch die Menge. „Setz deinen furchterregenden Blick auf. Aber töte niemanden, solange ich es nicht tue, verstanden?“
„Wie du wünschst.“ Er folgte mir wie ein Schatten, während ich die Straße überquerte. Schließlich erreichten wir den Eingang, wo uns zwei Nuevo-Rio-Huren argwöhnisch musterten. Aber als ich an ihnen vorbeiging, machten sie keinerlei Anstalten, mich aufzuhalten. Die Muskelpakete, die den Eingangsbereich bewachten – zwei unförmige Berge aus allen möglichen Anabolika, die der Schwarzmarkt so zu bieten hatte – überprüften mich, schauten den Dämon an und traten zur Seite.
Mit Japhrimel unterwegs zu sein, hatte durchaus seine Vorteile.
Drinnen war der Raum mit abgewetztem rotem Samt ausgestattet. Parfüm und Haschischqualm wogten in der Luft, und nackte Frauen, in zarte Spitzenkorsagen gezwängt, stellten ihre Brüste zur Schau – und mehr. Ein goldgebräunter Einheimischer, der auf einer protzigen Couch aus Mahagoni und schwarzem Satin lümmelte, hielt eine Gitarre in den Händen und untermalte die Verführungsversuche der Mädels mit einer sanften Melodie. Zwei Kunden – keiner von ihnen Jack – starrten mich mit weit aufgerissenen Augen an. In einem Bordell in Nuevo Rio eine völlig bekleidete Frau zu sehen, die obendrein ein Schwert trug, war offenbar ein ziemlicher Schock.
Ich sah mich um – nein, der Captain war im zweiten Stock. Wo sonst.
Auf dem Weg nach oben flatterte mir die entrüstete Puffmutter in einer pinkfarbenen Robe aus Kunstseide entgegen – eine große Frau mit dick aufgetragenem Lippenstift, die ihr schütteres Haar mit Pferdehaaren ausgepolstert und ungefähr fünfzig Pfund zu viel auf den Hüften hatte. Mit einem Mal brannte die Haut in meinem Nacken. Die Erinnerung durchzuckte die drei Narben auf meinem Rücken wie ein stechender Schmerz. Und ließ wieder nach, als ich tief einatmete.
Nekromantin zu sein, hatte mich zumindest vor einem
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