Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
bin Nekromantin. Er hat mich als sein nächstes Opfer ausgewählt.“
„Dante …“
„Das heißt, ich brauche mir keine Gedanken mehr zu machen, wie ich ihn finde. Er wird mich finden.“ Ich lachte, aber mein Lachen klang atemlos und panisch. Der Boden bebte unter meinen Füßen, er schien unter mir wegzugleiten, fast wie auf einem Slicboard, nur dass meine Füße rutschten, rutschten …
„Dante.“ Er hatte mich an den Schultern gepackt. „Hör auf. Atme. Atme einfach weiter.“ Seine Finger gruben sich in meine Haut, und er schüttelte mich leicht. Meine Zähne schlugen aufeinander. Ich hatte auf einmal den sauren Geschmack von Äpfeln im Mund – und von Angst.
Keuchend atmete ich aus. Der Schmerz in meiner linken Schulter flammte wild und wütend auf und brachte mich wieder zur Besinnung. Ich zitterte am ganzen Körper. Das Kinn des Dämons ruhte auf meinem Scheitel, und ich war umschlossen von seinem Geruch. Er hatte die Arme um mich gelegt, und die fiebrige Hitze der Hölle flutete durch meinen Körper. Insgeheim war ich dankbar dafür – mir war kalt, so kalt, dass ich mit den Zähnen klapperte und überall eine Gänsehaut bekam. Japhrimel hielt mein Schwert – hatte ich es fallen lassen oder hatte er es mir aus den tauben Fingern gewunden? Jetzt hatte er es mir schon zum dritten Mal abgenommen. Wurde ich wirklich nachlässig? Als ich noch jünger war, hätte ich mein Schwert nie und nimmer fallen lassen.
„Atme“, hörte ich ihn in mein Haar murmeln. „Atme einfach weiter. Ich bin bei dir, Dante. Atme.“
Ich lehnte meine Stirn gegen das unerwartet weiche Material seines Mantels und füllte meine Lungen mit dem moschusartigen Dämonengeruch. Seltsam. Er half mir, mich zu beruhigen. Das verrückte Verlangen, einfach loszuheulen, ebbte ab.
„Beruhige dich“, sagte der Dämon. „Ganz ruhig, Dante. Atme.“
„Es geht schon wieder. Aber wir müssen hier weg.“
„Jawohl.“ Er rührte sich nicht, und ich ebenso wenig.
„Wir müssen eine Unterkunft finden. Und ich muss … ich muss …“
„Überlass das mir.“
„Ich muss packen.“ Allmählich hörte ich mich etwas gefasster an. „Anubis et’her ka. Se ta’uk’ fhet sa te vapu kuraph.“ Die vertraute Anrufung verlieh mir neue Kraft.
Er rührte sich erst, als ich mich rührte. Sobald ich mein Gewicht auf die Fersen verlagerte, ließ er mich los. Sein Gesicht war ausdruckslos und verschlossen, seine Augen brennende Höhlen. Das Mal an meiner Schulter schmerzte beharrlich. Ohne etwas zu sagen, hielt er mir das Schwert hin. Ich nahm es ihm aus der Hand. „Danke.“ Ich war noch etwas unsicher auf den Beinen, aber wieder ich selbst.
Japhrimel nickte und betrachtete mich. Ich war mir nicht sicher, wonach er Ausschau hielt, jedenfalls musterte er mein Gesicht, als wären dort die neun Kanons eingeritzt. Hitze, eine ganz und gar menschliche Hitze, stieg mir in die Wangen. „Es war mir eine Ehre“, sagte er leise. „Ich schwöre dir bei den Wassern der Lethe, Dante Valentine, ich werde nicht zulassen, dass dir ein Leid getan wird.“
„Santino …“
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. Ich zuckte zusammen.
„Wir werden einen Weg finden, ihn zu töten, du und ich. Pack deine Tasche, Dante. Wenn du entschlossen bist, dieses Haus zu verlassen, dann lass es uns sofort tun.“ Er sprach völlig ruhig, aber dieser ruhige Tonfall klang, als würde man jemandem kalt lächelnd mit einem Rasiermesser die Haut aufschlitzen.
„Klingt gut“, brachte ich heraus. Die Blumen bewegten sich sanft hin und her. Über der Stadt ging ein weiteres Gewitter nieder, und durch das offene Fenster wehte eine kühle Brise ins Zimmer, die die Blumenblätter aufwirbelte und mir den widerlichen Geruch der sterbenden Blüten ins Gesicht blies. Ich geriet ins Wanken. Japhrimel legte mir für einen Moment seine goldenen Finger an die Wange und entfachte damit in meinem Körper ein Feuer. „Japhrimel …“
„Dante“, antwortete er, den Blick seiner glühenden Augen in meine versenkt. „Beeil dich.“
Und das tat ich dann auch.
30
Die Bodega lag tief unten im stinkenden Kessel von Nuevo Rio, ein kleiner Laden, der mit den überall üblichen Psinergiesymbolen gekennzeichnet war: Auf die Stufen zum Eingang waren Zeichen aus den neun Kanons aufgesprüht, im Schaufenster lagen zwischen Gmgm-Beuteln und Flaschen mit verschiedenen heiligen Wassern kleine, mumifizierte Krokodile. Neundochtige Kerzen drängten sich auf der Treppe, und jede
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