Dante Valentine 02 - Hoellenritt
Messer, das sich gegen ihren Unterarm schmiegte. Ihr glattes dunkles Haar glänzte im Licht, und die Funken ihrer Aura begannen zu pulsieren. „Jason Monroe“, sagte sie leise, aber mit großer Autorität. „Mögest du eine gute Reise haben und Frieden finden.“
Neiiiin. Ich schluckte den Schrei hinunter, biss die Zähne zusammen, weigerte mich, ihn herauszulassen. Dennoch war ein leiser Ton tiefsten Kummers zu hören, aber ich hätte nicht sagen können, ob er von Eddie oder von mir stammte. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Gabrieles Aura blitzte auf, und einen Moment lang sah es so aus, als würde eine blaue Flamme ihren Arm hinaufkriechen. Das Messer vollführte eine schnelle Bewegung, der Stahl blitzte in der schwachen Herbstsonne auf, und ein Seufzer hallte durch das Zimmer. Die Maschinen hörten auf zu piepsen. Die Stille war laut wie Glockengeläut – es war die Stille, die ich schon so oft gehört hatte, aber nie war sie so laut gewesen wie jetzt, wo ich diejenige war, die schreien wollte und nicht dazu in der Lage war.
„Mögen Engelsscharen dich in den Schlaf singen“, flüsterte Gabe leise und sanft. Jace’ Augen waren geschlossen; dennoch legte sie die Hand darauf, als wolle sie sie schließen. Ihre Aura gewann ihr übliches Funkeln zurück, und ihr Schutzschild summte, als er wieder seinen Platz einnahm. Auf ihren blassen Wangen glitzerten Tränen. Ihr Gesicht war völlig blutleer, und eine neue Woge Scham überlief mich. Was hatte es sie gekostet, das hier für mich zu tun, etwas, für das ich selbst zu schwach war?
Jace. Jason.
Allmählich fand ich mein Gleichgewicht wieder, und Eddie ließ mich sofort los, als ich mich von ihm wegbewegte. Ich nahm den tiefsten Atemzug meines Lebens – er schien endlos zu dauern, meine Rippen knirschten, und ich atmete, atmete, atmete. Meine Aura pochte.
Ich trat neben das Bett. Gabe sah mich nicht an. Sie musterte Jace’ schlafendes Gesicht, als wären in ihm sämtliche Geheimnisse des Universums eingraviert. Und wer weiß, vielleicht waren sie das auch.
Mit zwei Fingern berührte ich seinen Handrücken. Nichts war zu spüren, nicht einmal das dumpfe Glühen langsam absterbender Nerven, das, was Nekromanten Bioluminiszenz nennen. Gabe hatte ihre Arbeit gut gemacht. Mit einem leisen, sanften, singenden Geräusch fuhr ihr Messer zurück in die Scheide.
Ich schaffte es nicht, den Blick zu heben, sondern starrte stattdessen auf seine Hand hinunter. „Danke.“ Erstaunlicherweise blieb mir das Wort nicht im Hals stecken. Meine brüchige Stimme klang wie Sandpapierhonig. Die einfachen beigefarbenen Gardinen bewegten sich leicht hin und her.
Gabes freie Hand schloss sich um meinen Arm und drückte ihn einmal fest. „Du bist meine Freundin, Danny.“ Sie klang müde. „Verstehst du mich? Unter Freunden werden Gefallen nicht gegeneinander aufgerechnet.“
Oder die Schuld wird irgendwann so groß, dass man aufhört, sie abzuwägen. Sanft löste ich ihre Finger von meinem Arm. „Danke.“ Jetzt klang es schon etwas natürlicher, mehr wie ich. Mehr wie Danny Valentine.
Dennoch – wer zum Teufel war Danny Valentine? Ich wusste es einfach nicht mehr.
„Danny…“
Ich drehte mich auf dem Absatz um und wandte mich zur Tür. Zwei lange Schritte. Ich hörte, wie Eddie sich bewegte, und spannte mich an, aber er griff nicht nach mir.
Die Worte jagten mir einen Schauder über den Rücken. „Lass sie gehen“, sagte er zu Gabe. „Götter des Himmels und der Unterwelt, lass sie einfach gehen.“
Zu spät. Die Tür hatte sich geschlossen. Ich war bereits fort.
28
In mein Haus zu kommen, ohne von den Reportern gesehen zu werden, war ein Kinderspiel. Ich kletterte wieder über die Mauer, landete sanft auf den Füßen und streifte mir den Dreck von den Händen. Meine Lungen brannten, so lange war ich gerannt, buchstäblich durch die Straßen gerauscht mit einem Tempo, das der unheimlichen, pfeilschnellen Geschwindigkeit von Dämonen nahekam. Nahe, aber nicht nahe genug.
Der Gott des Todes hielt mich nicht mehr davon ab, meine Kraft einzusetzen.
Die Sonne ging unter, und im Norden türmten sich große dunkle Wolken auf – der erste Wintersturm; und er kam nicht durch die Bucht herein, sondern bewegte sich die Küste entlang. Tief atmete ich die Luft von Saint City ein, in der schon die Kälte des herannahenden Winters zu spüren war. Mein Garten sah verwildert und vernachlässigt aus. Ich war zu sehr mit Kopfgeldjagden beschäftigt gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher