Dante Valentine 02 - Hoellenritt
wischte. Ich hatte doch versprochen, nicht zu weinen.
Anubis et’her ka. Anubis, mein Herrscher, mein Gott, bitte hilf mir. Bitte, hilf mir.
Nichts geschah. Stoßartig atmete ich die Luft ein, die von dem Geruch menschlichen Schmerzes und Jace’ pfefferiger Ausdünstung erfüllt war. Ohne seine Seele würde der Geruch seiner Psinergie weggeschwemmt werden, genau wie das perfekt funktionierende Uhrwerk seines Körpers verkümmern würde. Wie man es auch drehte und wendete, er war tot. Eine Erscheinung aus dem verdorrten Land des Todes zurückzureißen und in den Körper zurückzuzwingen ist unmöglich. Wenn seine Seele geblieben wäre, hätte man Wunder vollbringen können, aber der Tod hatte sie zu sich geholt.
Das nächste Gebet, das ich losschickte, war blutrot in seiner Intensität, rann wie ein Regen aus winzigen Nadeln über meinen gesamten Körper und vernebelte mir die Sicht.
Japhrimel. Das war alles. In diesem Wort lag jedes einzelne Fitzelchen Sehnsucht, dessen ich fähig war. Ich legte den Kopf in den Nacken, meine Kiefer malmten, und das getötete Tier in meiner Brust kämpfte, um sich zu befreien. Das Mal an meiner linken Schulter fing zu kribbeln an, dann juckte es, und schließlich brannte es bis tief unter die Haut, als ob die Nerven dort nach einem langen, unerquicklichen Schlaf allmählich erwachten. Bitte, Japhrimel, wenn du mich hören kannst, dann unterstütze mich hierbei. Hilf mir.
Dann empfand ich plötzlich Scham und ließ den Kopf wieder sinken. Hier saß ich an Jace’ Bett und dachte schon wieder an einen toten Dämon. Wenn Japhrimel zum Leben erweckt werden könnte, wäre mir das bereits gelungen. Verflucht, ich hatte sie beide nicht verdient.
Ich zog die Hand zurück. „Ich kann nicht.“ Die Worte schmeckten wie Asche in meinem Mund. Ich hob die linke Hand, in der ich das Schwert hielt, und ließ sie gleich wieder zurücksinken. „Gabe, ich k… kann nicht.“
Stille. Sah sie Eddie an? Sah er sie ebenfalls an und teilte ihren Kummer? Geteiltes Leid, halbes Leid. Wie oft war mir Jace eine Stütze gewesen, wie oft hatte ich ihm meinen Kummer aufgebürdet, blind für alles in meiner Selbstbezogenheit? Und dennoch hatte er alles für mich geopfert, sogar sein Leben, in dem Glauben, er könne mich vor weiterem Leid beschützen. Ich taumelte zwei Schritte zurück und spürte, wie Eddie mir den Arm um die Schultern legte. Ich zuckte zusammen, kurz davor, ihm den Ellbogen in die Rippen zu stoßen und mich wegzuducken, doch dann schaffte ich es gerade noch, meinen Kampfinstinkt zu unterdrücken. Der Arm des Skinlin schloss sich fester um mich, und der schwere Saum seines Mantels glitt an meinen Jeans entlang. Eddie war warm, sehr warm für einen Menschen, und roch vor allem nach frisch umgegrabener Erde.
Er sagte nichts. Das war ein neuer Weltrekord, dass Eddie mal länger als zehn Sekunden keinen geknurrten Kommentar von sich gab. Ein verdammtes Scheißwunder.
Gabe trat an das Bett. Sie hatte ein Messer aus der Scheide gezogen, wie es der Tradition entsprach. Sie gönnte mir keinen Blick. Stattdessen sah sie mit versteinerter Miene auf Jace’ leblosen Körper hinunter, wobei sich ihre Brust mit makabrer Gleichmäßigkeit hob und senkte. „Möchtest du etwas sagen, Danny?“ Die vertraute Frage, nur dass sonst ich sie stellte.
„Glaubst du, er kann mich hören?“ Ich versuchte, tapfer zu klingen, aber meine Stimme war viel zu hoch und mehr ein Hauchen.
Sie lächelte, den Blick immer noch auf sein Gesicht geheftet. Er wirkte friedlich, die Fältchen auf seiner Stirn hatten sich geglättet, jemand hatte ihm das Haar aus dem Gesicht gekämmt. Er sah aus, als würde er schlafen. „Die Toten können uns immer hören, Danny. Das weißt du doch.“
Oh ja, das tat ich. Nur dass dieses Wissen nicht einmal mir Trost spendete. Meine Schultern sackten nach vorn, und Eddie verstärkte seinen Griff. Ich schluckte Asche, schmeckte Bitterkeit. „Es tut mir…“ Ich schnappte verzweifelt nach Luft, versuchte es noch einmal. „Es tut mir…“ Und wieder brachte ich die Worte nicht heraus – jetzt, wo es am wichtigsten gewesen wäre.
„Götter“, flüsterte Eddie. „Gabe.“ Er zitterte, und dieses Zittern übertrug sich auf mich, als ob wir beide betrunken oder krank wären. Vielleicht gaben auch meine Beine nach, denn ich lehnte mich schwer gegen ihn.
Gabe verstand, machte einen Schritt nach vorn und legte Jace ihre schmale, blasse Hand auf die Stirn. Mit der anderen hielt sie das
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