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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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ich wohl trinken müsste, bevor der Alkohol eine Wirkung zeigte. Letztes Mal hatte ich bei sechs Flaschen das Handtuch geworfen. Vermutlich konnte ich auch gar nicht schnell genug trinken, um mein magitrainiertes, dämonengeschärftes Erinnerungsvermögen zu vernebeln. Nicht mit diesem verdammten Stoffwechsel.
    „Spocarelli“, knurrte Gabe in die Sprechmuschel. Eine lange Pause. „Scheiße… sind Sie sicher?“ Ihr Blick begegnete meinem, und für einen flüchtigen Moment wurde der Aufruhr sichtbar, den sie so gut verbarg.
    Unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, und ihre blasse Haut hatte einen kränklichen Farbton, wie ich ihn noch nie an ihr gesehen hatte. Ihre Schlüsselbeine standen heraus, genau wie ihre Nackenwirbel. Sie war zu dünn – und in ihren dunklen Augen lag ein Ausdruck von Zerrissenheit und Angst.
    Fast schon eher Grauen. Und Wut. Sie war eine psionische Polizistin, und etwas hatte in ihrem Zuständigkeitsbereich zwei Psione umgebracht. Ein Normalo, vielleicht einer dieser Ludder, der durchgedreht war und beschlossen hatte, die Existenz von Psionen nicht mehr nur lauthals zu leugnen, sondern sie gleich umzubringen? Aber welcher normale Mensch schaffte so etwas und konnte auch noch die psionischen Abschirmungen von innen einreißen?
    Handelte es sich um einen Rachefeldzug, der sich stinkend und faulig aus dem tiefen Schmutz jenes Ortes speiste, an dem ich gelernt hatte, wie machtlos ein Kind sein kann? Aber welche Rachegelüste würden so lange warten und sich dann so brutal austoben? War es eine Gruppe, die zusammenarbeitete? Oder eine Einzelperson?
    „Halten Sie sie so lange fern wie möglich“, sagte Gabe schließlich. „Valentine ist gerade bei mir. Wir gehen jetzt ins Leichenschauhaus rüber.“ Wieder eine lange Pause. „Gut. Bis dann.“
    Mit übertriebener Vorsicht legte sie den Hörer wieder auf die Gabel. „Das war der Captain. Die Holovids haben Wind von der Sache bekommen.“
    Ich zuckte zusammen. Dann öffnete ich den Mund, um zu sagen: Nein, ich kann das nicht tun. Such dir jemand anderen.
    Stattdessen hörte ich mich sagen: „Du warst nicht in Rigger Hall, Gabe.“ Ich kannte ihren Lebenslauf wie meinen eigenen, genau wie auch den von John Fairlane. Nekromanten waren selbst unter Psionen selten, es interessierte uns immer, wenn es bei einem der anderen etwas Neues gab. Nachdem Christabel Moorcock tot war, blieben in dieser Stadt nur noch drei Nekromanten übrig, und von denen saßen zwei hier im Büro.
    Natürlich war Gabe nicht in Rigger Hall gewesen, schließlich war sie weder arm noch verwaist. „Nein.“ Röte überzog ihre Wangen. „Ich war im Stryker. Du weißt ja, der Treuhandfonds meiner Mutter. Aber… Eddie war in Rigger Hall.“
    Eddie. Ihr Freund. Der Skinlin.
    Er war mit uns nach Nuevo Rio geflogen, hatte Gabe wegen meiner Rachegelüste beinahe verloren und selbst eine ordentliche Tracht Prügel einstecken müssen. Und Eddie war in Rigger gewesen – also musste er seine ganz eigenen Albträume haben. Das Netz aus Verpflichtungen zog sich immer enger um mich zusammen.
    Oh Scheiße. „Dann gehen wir jetzt wohl ins Leichenschauhaus.“
    Zum Dank schenkte Gabe mir einen Blick, der so viel Erleichterung verriet, dass sie bestimmt nicht ahnte, wie sehr ihr Gesicht Bände sprach.
    Jace schwieg, stand aber auf und kratzte sich unter seinem Schopf lohfarbener Haare an der Stirn. Er reckte sich, und seine Aura berührte meine mit ihrer dornigen Psinergie – ein Angebot für den Fall, dass ich sie brauchte. Ich schob ihn weg, allerdings sanft. Er griff nach seinem Stab und drehte ihn zwischen den Fingern, wobei die kleinen Knochen klappernd gegeneinanderschlugen. Das vertraute Geräusch trug nicht dazu bei, mich zu trösten.
    „Bei Hades“, sagte Gabe. „Ich hatte schon Angst, du würdest…“
    „Ich verspreche dir nichts. Es ist eine ganze Weile her; vielleicht kann ich es gar nicht mehr, vielleicht muss ich auch erst üben.“
    Aber ich spürte, wie sich die Tätowierung auf meiner Wange hin und her bewegte, und ich wusste, dass ich log.

6
     
     
     
    Das Leichenschauhaus befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Untergeschoss der County-Verwaltung, einem Gebäude, das mit seinen hässlichen, rissigen Betonwänden und den seltsam geformten alten Fenstern, die nicht aus Plasilica, sondern noch aus Glas waren, so aussah, als stamme es noch aus den Zeiten vor dem Siebzigtagekrieg. Zarte durchsichtige Wolken wurden von der Bucht

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