Dante Valentine 03 - Feuertaufe
Töten kann er mich trotzdem. Mühelos.
„Beruhige dich, Valentine“, sagte Lucas, der hinter mir stand und mir einen nicht allzu sanften Stoß versetzte. „Ich werde dafür bezahlt, dass dir nichts passiert.“
Sie trug einen grob gestrickten blauen Rollkragenpullover, eine Khakihose mit akkurater Bügelfalte und teure schwarze Stöckelschuhe von Verano. Ihre Brüste hoben sich leicht unter dem Pulli. Velokel machte keine Bewegung. Falls er mich hätte töten wollen, hätte er dafür mehr als ausreichend Zeit gehabt. Schon seit ich die Tür geöffnet hatte.
Ich ließ den Schwertgriff los. Hinter uns schloss Lucas die Tür und lehnte sich mit erhobenem Kopf dagegen. „Du bist zu alt“, sagte ich leise und hörte selbst, wie bestürzt ich klang. Meine Wange brannte – mein Smaragd antwortete dem grünen Edelstein auf ihrer Stirn. „Zu alt.“ Eigentlich hätte sie noch ein Kind sein müssen.
Sie sah genauso aus wie Doreen. Genau wie meine geliebte Sedayeen, die in einem Lagerhaus starb, während Santino glücklich vor sich hinkicherte und schniefte und seine „Proben“ einsammelte. Meine bildhübsche, sanfte, wunderbare Doreen, die Geliebte, die mir meine Seele zurückgegeben hatte. Die mir mein Ich zurückgegeben hatte.
Eve lächelte, und ein Mundwinkel zuckte nach oben. Dieses Lächeln kannte ich, konnte es jedoch nicht einordnen. Doreen jedenfalls hatte nicht so gelächelt. „Ein Jahr in der Hölle ist nicht dasselbe wie ein Jahr auf der Erde. Bei Weitem nicht. Bitte, komm her und setz dich. Ich freue mich, dich zu sehen.“
Ich schlich durchs Zimmer, unfähig, den Blick von ihr abzuwenden. Velokel hätte genauso gut eine Statue sein können. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. „Du … ich … du …“
„Sobald ich die Hölle verlassen hatte, habe ich Lucas angeheuert, um dich zu suchen. Es war schwierig, aber ich wollte dir unbedingt einen gewissen Schutz zukommen lassen. Durch jemanden, dem du vertrauen kannst. Es hat einige Zeit gedauert, bis er dich ausfindig machen konnte; der Älteste hatte dich gut versteckt.“ Sie machte eine Pause. „Dein Aufenthaltsort ist uns lange Zeit verborgen geblieben, und dann konnten wir uns ihm nicht nähern. Er war zu … wachsam.“
Japhrimel, der einem Klang lauschte, den ich nicht hören konnte. Allzeit bereit. Vielleicht hatte er ja gespürt, dass mich jemand suchte. Ihm war klar, dass ich in Gefahr schwebte, zumal er wusste, dass Luzifer mich zu sehen verlangte. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht, dieses In-die-Ferne-Lauschen … Das war gar kein Zeichen seiner Unzufriedenheit mit mir gewesen, sondern seiner Wachsamkeit – in etwa vergleichbar mit der Aufmerksamkeit, die ich bei meinen Jobs als Leibwächterin manchmal aufgebracht hatte. Dass ich einmal deren Gegenstand sein würde, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen. Japhrimel hatte Toscano also ausgewählt, um mich zu verstecken.
Mir Schutz zu geben.
„Du spielst bei einem gefährlichen Spiel mit, Dante.“ Sie ging langsam zu dem Stuhl hinüber, der mit dem Rücken zum Höllenhund stand. Anmutig ließ sie sich darauf nieder und schlug die Beine übereinander. „Luzifer hat dir den Auftrag erteilt, vier Dämonen zu töten.“
Ich setzte mich in den anderen Sessel und legte mir das Katana quer über die Knie. Mein Puls an Handgelenken, Knöcheln, Hals und Schläfen schlug nur schwach. Als ich schlucken musste, hörte ich meinen Rachen knacksen. „Ja“, sagte ich vorsichtig. Einer davon steht gleich da drüben und tut so, als wäre er ein Block aus Marmor. Nervös warf ich ihm einen raschen Blick zu und wünschte im selben Moment, ich hätte es bleiben lassen. Seine Augen waren starr auf Eve gerichtet. Er hatte bisher nicht einen Muskel bewegt, aber alles an ihm schien sich nach ihr zu sehnen. Jede Wette, dass du auch eine von ihnen bist. Kein Wunder, dass Luzifer … Oh, Ihr Götter, Ihr Götter. Hat Japhrimel davon gewusst? Hat er es gewusst?
Sie lächelte wieder, das gleiche Lächeln mit der leicht nach oben gezogenen Lippe, das mir so bekannt vorkam. „Ich vermute, ich bin auch eine der vier. Die Zwillinge sowie Kel und ich, wir sind alle aus der Hölle geflohen.“ Sie lehnte sich zurück, wandte den Blick von mir ab und starrte ins Kaminfeuer. „Es war mein Fehler. Anscheinend bin ich … einzigartig.“
Dann sah sie mich wieder an. Ihre Augen glichen denen Doreens so sehr, dass es geradezu atemberaubend war. Der Dämon und der Höllenhund waren außerordentlich
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