Dante Valentine 03 - Feuertaufe
und sein Blick huschte zu Japhrimel, der aber bloß gelangweilt und leicht amüsiert dastand. „Keineswegs.“
„Gut. Ich gehe dann mal los und sehe zu, dass ich einen klaren Kopf bekomme. Wenn ich zurück bin, probieren wir das Ganze noch mal von vorn.“
Draußen marschierte ich schnurstracks auf den Aufzug zu. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass mir hier irgendwer irgendwas verschwieg, aber letztlich kreidete ich das meinen überspannten Nerven an. Sobald ich das Training hinter mir hatte, wollte ich mir das Ganze noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Ich wurde wirklich paranoid.
Auf der anderen Seite würde mir die Paranoia meinen knappen Vorsprung weiterhin sichern, oder? Paranoid sein heißt vorsichtig sein. Was nur von Vorteil war. Ich drückte auf den Knopf des Aufzugs.
Japhrimel kam näher. Seine Aura streichelte kurz meine. Das Mal an meiner Schulter brannte wieder. Der Aufzug öffnete sich.
Ich ging hinein, und sogleich meldeten sich Übelkeit und Kurzatmigkeit zurück. Japhrimel folgte mir und wartete, bis die Tür sich schloss, um mir die Hand auf die Schulter zu legen. „Bleib locker, Dante. Hier gibt es genügend Luft.“
Sagst du, dachte ich bei mir. Um es laut auszusprechen, fehlte mir der Atem. In engen Räumen gibt es nie genügend Luft. Das ist wie ein Gesetz der Thermodynamik. Enger Raum plus keine Fenster ist gleich keine Luft zum Atmen ist gleich Panik. Welch ein Schlag für mein Image als knallhartes Mädchen.
Er ließ seine Hand über meinen Rücken bis hinauf zum Nacken gleiten. Es half mir, aber nicht genug. „Ich bin bei dir.“
Ich schluckte und schloss die Augen. „Ja. Und wie lange?“ Ich keuchte, schnappte nach Luft. Oh, Ihr Götter, das wollte ich nicht sagen. Das ist mir so rausgerutscht.
„So lange, wie du es mir erlaubst. Und vielleicht sogar noch länger.“
Ich will gar nicht daran denken. „Wenn ich doch nur ein Slicboard hätte“, murmelte ich. Dann wäre es mit meiner Nervosität bald vorbei.
„Möchtest du wirklich eins?“, fragte Japhrimel mit einer Spur echter Neugier. Mein Magen kam mir entgegen, als der Antigrav uns nach unten beförderte. Japhrimels Nähe tat mir gut.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ist schon in Ordnung. Ich weiß, dass dir das nicht gefallen würde. Ich plappere nur so vor mich hin.“
„Wenn du so daran hängst, kann ich mich auch damit irgendwann abfinden.“
Ich schlug die Augen auf. Er stand ganz nah bei mir und musterte mich. Früher, als er noch ein Dämon gewesen war, hatte ich es immer vermieden, ihm direkt in die Augen zu blicken. „Zu gefährlich“, sagte ich schließlich, als der Aufzug unten ankam. Ich stürzte aus der Kabine.
Wieso habe ich solche Angst vor ihm? Es ist doch nur Japhrimel.
Als würde man sagen, das ist doch nur ein hungriger Tiger. Ich hatte mir immer eingeredet, er sei nichts weiter als ein Mensch. Keine gute Idee, wenn man mit etwas Nichtmenschlichem zu tun hat. Dennoch konnte ich den Gedanken nicht ertragen, ohne seine Ruhe, seinen trockenen Humor und seine beruhigenden Hände leben zu müssen. Man stelle sich vor: Der einzige Kerl, gegen den nicht allzu viel sprach, war ein Dämon, der bereits bewiesen hatte, dass er mir nicht unbedingt verraten wollte, was ich unbedingt wissen musste. Schon ziemlich irre, oder?
Mir schwirrte der Kopf. Ich konnte den Ärger, der in mir brodelte, nicht dämpfen. Wenn man ein Leben führt, das auf Adrenalin und geschliffenem Stahl fußt, kann man leicht einen Rappel kriegen. Am besten, man geht dann trainieren und schwitzt sich alle Gifte aus Körper und Geist.
Ich durchschritt die Eingangshalle des Hotels, ohne auf die Normalos zu achten – Angestellte wie Gäste, die mir wohlweislich aus dem Weg gingen. Japhrimel folgte mir wie ein Schatten. „Du rennst weg“, flüsterte er mir ins Ohr, als ich die Tür aufstieß, ins Freie trat und in das leicht verwaschene Tageslicht blinzelte.
Ich würdigte ihn keiner Antwort, denn er hatte recht.
Auf dem rissigen Trottoir waren massenhaft Normalos unterwegs. Ich sah hoch, um mich zurechtzufinden, und marschierte dann mit langen Schritten nach links in westlicher Richtung.
Neo-Prag ist eine alte Stadt, die schon lange vor Beginn der Merikanischen Ära gegründet worden war. Die Gebäude sind eine merkwürdige Mischung aus neuem Plasstahl und altem Beton, dazwischen beige Steinhäuser. Die Architektur unterscheidet sich deutlich von derjenigen Saint Citys und spiegelt die Zeit wider, als es noch keine
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