Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
Vom Netzwerk:
wie ein wildes Tier kurz vor dem Sprung.
    Ich zog die erste Messerhälfte aus ihrer Scheide. Dann lehnte ich mich mit der Hüfte gegen das Bett auf dem Podest und verglich die beiden hölzernen Waffen. Jede sah für sich genommen vollständig aus, aber nach ein paar Sekunden fing mein Gehirn an zu arbeiten, und ich kapierte, wie man sie zusammenbauen konnte, indem man die Spitzkappen ineinander verschraubte. Die beiden Messer summten, und meine Hände wurden aufeinander zu gezogen, als hielte ich zwei starke Elektromagneten in der Hand, die ihre Anziehungskraft laut kundtaten.
    Mit äußerster Vorsicht schob ich sie ineinander. An meinen fast durchsichtigen Fingernägeln klebten noch immer Reste von Molekulartropfenlack. Sie passten gut zu dem schwach glänzenden Holz. Das Summen wurde lauter, bis ich die beiden Hälften des Messers mit einer letzten Umdrehung endgültig miteinander verband.
    In dem kleinen Raum baute sich eine ungeheure Psinergie auf, und der Gleiter machte einen Satz. Das Summen des Messers war jetzt kaum mehr zu hören, aber die Luft in seiner Umgebung verzerrte sich wie im Wasser treibender Seetang. Genauso hatte es sich am Rand jener Tür angefühlt, die ich in das Gewebe der Welt gerissen hatte. Die Formen des Messers waren trotz seiner grazilen Form leicht verzogen, aber dennoch fühlte es sich in meiner Hand ganz natürlich an, und die Spitzkappen schützten meine schlanke goldene Hand. Die Klinge, die jetzt leicht gebogen war und die Form eines Blattes hatte, sah so bösartig aus, als könnte sie schon eine Menge Schaden anrichten, wenn ich sie nur in der Hand hielt. Plötzlich konnte ich mir durchaus vorstellen, dass dieses Ding jeden beliebigen Dämon töten konnte.
    Trotzdem, den anderen Frauen hat es auch nichts genützt. Werde bloß nicht übermütig, Danny.
    Hatte Sephrimels Hedaira dieses Ding überhaupt jemals in der Hand gehalten? Wenn ich es versuchen würde, könnte ich dann unter der glänzenden Oberfläche des Messers irgendwelche Spuren jener Frauen entdecken, die geglaubt hatten, sie könnten es schwingen? Psychometrie gehört nicht zu meinen Begabungen; ich bin nun mal keine Leserin.
    Und es war nur aus Holz gemacht, von irgendeinem unbeschreiblichen Baum, den ich mir nicht einmal vorstellen konnte.
    Das Messer summte. Es bedeutete Kraft und Einfluss und eine Möglichkeit, diesen Wahnsinn zu beenden und wieder atmen zu können. Und wieder denken zu können, ohne das schwarze Loch in meinem Kopf, das mich in den Wahnsinn zu treiben drohte, ohne das Loch in meinem Herzen, das Japhrimels Namen rief. Ohne die Last aus unendlichem Kummer und ewiger Schuld, Gefühle, die ich mir nicht erlauben konnte, wenn ich etwas bewirken wollte.
    „Es ist egal“, flüsterte ich in den leeren Raum.
    Das war es nämlich auch. Es war völlig egal, ob ich Japhrimel trauen konnte oder nicht. Wir konnten von dieser Spur ebenso wenig abweichen wie ein von einer KI gesteuerter Frachtgleiter. Wie ein magitechnisches Meisterwerk, das sich selbst vollendet, das Gewebe der Welt verändert und die Wirklichkeit nach seinem eigenen Gesetz neu formt.
    Entweder würde er sich an seinen Teil der Abmachung halten oder eben nicht. Wie auch immer – ein oder zwei oder vielleicht auch ein paar mehr Dämonen würden sterben. Dafür würde ich schon sorgen.
    Alles andere war egal.

34
     
     
    Für die Einöde Vegas gibt es einfach keine schmeichelhafte Beschreibung.
    Den Kern bildet ein riesiger, verstrahlter Schlackekrater aus dünnem Glas, wo Kieselerde und Sand miteinander verschmolzen sind, und bis zur Unkenntlichkeit verbogenen Metallteilen. An den Rändern des Kraters erstrecken sich die Überreste der Geisterstadt. Selbst aus der Luft kann man Knochen sehen, die im Sand stecken, der ständig zu neuen Hügeln aufgeweht und wieder fortgetragen wird, sodass die Stadt sich pausenlos zu bewegen scheint. Das einzige Geräusch, das man hier noch hört, ist das Heulen des Windes.
    Einst erstreckte die Stadt sich bis weit in die Wüste. Sie lebte vom Spiel, vom Alkohol und von jenem typisch merikanischen Zweigespann aus fleischlicher Begierde und verzweifelter Suche nach Bestrafung für diese Begierden. Die Gilead-Regierung war wie jedes andere totalitäre Regime auch gewesen: Die, die an der Macht waren, wollten ihren Spielplatz haben, und Vegas war dafür genau der richtige Ort.
    Vielleicht hatten sich die republikanischen Hardliner für besonders klug gehalten, als sie ihr strategisches Hauptquartier in diese

Weitere Kostenlose Bücher