Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
Hals und folgte der Spur, die zuvor seine Finger gezogen hatten.
Kilian seufzte. Ein sinnlicher Laut, der
preisgab, wie schnell Danyel in ihm das Verlangen entfachen konnte.
„Schön zu hören, dass es dir nicht anders
geht“, sagte Danyel und löste sich erneut von ihm.
Kilian atmete hektisch. Obwohl die Berührung unterbrochen
wurde, erstarb das Feuer nicht. Er hörte Danyels Schritte, die sich entfernten,
und ärgerte sich über sich selbst, dass er so leicht zu umgarnen war. Schon
lange hatte er keinen Kerl mehr gehabt, aber rechtfertigte das seine Reaktion?
Dieser kurze Moment reichte aus, um ihm das Blut in die Lenden schießen zu
lassen. Jetzt drückte es unangenehm in seiner Jeans, was seine Laune nicht
besserte.
Irritiert darüber, dass Danyel sich
zurückgezogen hatte und verwirrt, weil er ihn nicht verstand, stellte er ungehalten
und mit harschen Bewegungen seine restlichen Sachen auf die Ablage.
Kurz darauf klopfte es und Kilian drehte sich
ruckartig um. Er rechnete mit einem weiteren Spielchen von Danyel, doch im
Türrahmen stand Dafour.
„Du hast um ein Telefon gebeten?“, fragte er
freundlich.
„Äh, ja.“ Kilian trat auf ihn zu. „Hat sie das
Pergament schon?“
„Selbstverständlich.“ Dafour musterte ihn von
oben bis unten. Was er von Kilian hielt, war nicht zu erkennen.
„Entschuldigung, aber darf ich fragen, was sie
gesagt hat?“
„Nichts. Ich verweile nie lange genug, um hören
zu können, was die Menschen sagen.“
„Oh.“ Kilian ließ etwas enttäuscht die
Schultern hängen.
Dafour drückte ihm das Telefon in die Hand und
wandte sich ab. Er war schon auf dem Weg zur Tür, als er sich noch einmal
umdrehte.
„Ein gut gemeinter Rat. Mit wem du auch
sprichst – nichts von dem, was du hier siehst oder erlebst, wird nach draußen
getragen. Kein Wort darüber verlässt deine Lippen.“ Damit wandte er sich
endgültig um und verließ das Zimmer, wobei die weißen Haare mit jedem Schritt
schwangen.
Kilian stand unschlüssig neben dem Bett. Da
blieb nicht viel Gesprächsstoff übrig, wenn er sich an diesen ‚Rat‘ hielt. Im
Grunde war es nicht weiter tragisch – die Wahrheit könnte er ja doch nicht
sagen, ohne auf Verachtung zu stoßen.
Er atmete tief durch und mangels Alternative
setzte er sich auf die Bettkante. Lange Zeit starrte er einfach nur das Telefon
in seiner Hand an. Die Minuten verstrichen, das bewies ihm die Anzeige auf dem
Display. Um kurz vor fünf wählte er endlich.
Das Freizeichen erklang vier Mal, ehe abgehoben
wurde. Sein Herz klopfte so heftig, dass er glaubte, es müsse zu hören sein.
„Kilian?“, klang es sorgenvoll durch die
Leitung.
„Ja – ich bin es. Wie hast du das erkannt?“
„Wer sonst würde hier mit einer Landesvorwahl
anrufen, die ich nicht kenne?“, erwiderte Monja. „Ich habe das Pergament
bekommen. Warum hast du das getan? Ich habe deutlich gemacht, dass ich das
nicht will!“ Sie klang verzweifelt.
„Du weißt warum. Hat Mama es schon gesehen?“
„Nein. Sie arbeitet noch. Und ich werde es ihr
ganz bestimmt nicht sagen, das machst du schön selber. Den Mist hast du
verbockt, großer Bruder. Also musst du ihr das auch beibringen“
Kilian atmete tief durch. „Es tut mir leid. Ich
weiß, du wolltest das nicht. Ich denke immer noch, dass es das einzig Richtige
ist und …“
„War es schwierig?“, unterbrach sie ihn.
„Was? Meine Jahre an dich zu verschenken?
Nein.“
„Du hast also wirklich tauschen lassen! Wie
hast du ihn überzeugt? Erzähl mir nicht, dass es ein Kinderspiel war.“
„Es ging, ich musste mich jetzt nicht heulend
auf den Boden werfen oder so.“
Er hörte seine Schwester kurz auflachen. „Du
musst mir von ihm erzählen. Aber jetzt komm erst mal nach Hause.“ Sie
pausierte. „Ich will dir persönlich in den Hintern treten! Ich glaube es immer
noch nicht. Du blöder Idiot“, schimpfte sie und schluchzte.
„Monja – ich komme nicht zurück.“ Jetzt war es
raus. Er schloss die Augen und wartete.
„Was soll das heißen?“
„Ich bleibe in Rom. Das war so nicht geplant,
weißt du. Aber da ist dieser Mann …“, setzte er an.
„Kilian!“, schrillte es durch den Hörer. „Hast
du den Verstand verloren? Du stirbst! Und ein dahergelaufener Kerl ist der
Grund, warum du nicht zu deiner Familie zurückkommst?“
„Monja, bitte. Ja, es stimmt. Mir bleiben nur
noch zwei Monate – die möchte ich aber so verbringen, wie ich es für richtig
halte. Ich habe dir meine Zeit geschenkt, mehr
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