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Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Titel: Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie R. Nikolay
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gab also nur einen Weg, wie er seiner
Mutter und Monja Lebewohl sagen konnte. Am Telefon. Er glaubte nicht, dass es
den beiden möglich wäre, nach Rom zu kommen – wahrscheinlich war das auch
besser so. Sie durften nie erfahren, weshalb er wirklich blieb. Sich gezwungen
sah, zu bleiben.
    Danyels schimmernde Augen schoben sich in seine
Gedanken. Die Faszination, die dieser Mann auf Kilian ausübte, trug die Schuld.
Ob es nun Absicht oder Zufall gewesen war, spielte kaum eine Rolle. Ihm kam in
den Sinn, dass Danyel ihn als Geschenk bezeichnet hatte. Eine nette Umschreibung
dafür, dass er ihn im Prinzip erkauft hatte …
    Ein Schatten fiel auf ihn und er schlug die
Augen auf. Vor ihm stand Dafour mitsamt einer Kiste auf einem Rollwagen.
    „Ich weiß nicht, warum du hier bist oder wie du
es geschafft hast, Danyel zu diesem Handel zu überreden, aber eines lass dir
gesagt sein: Misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen.“
    Kilian sah ihn stirnrunzelnd an. „Danke für den
Tipp, aber das hatte ich sowieso nicht vor. Was ihr hier macht, ist euer … hm,
ich nenne es mal Geschäft. Damit hab ich nichts am Hut.“
    Dafour nickte langsam und musterte Kilian. Dem
war der Blick aus den roten Augen unheimlich und er fühlte sich unbehaglich.
Als würde der Mann – oder was immer er war – in ihn hineinsehen. Schließlich
drehte er sich weg und schob seinen Wagen weiter. Kilian stand abrupt auf und ergriff
die Flucht. Mit dem Umstand, diesem Kerl immer wieder zu begegnen, musste er
sich erst anfreunden.
    Kilian verstand nicht, was Dafour mit seinem
Hinweis bezweckte. Er sah keinen Grund, sich in etwas einzumischen. Er hatte
genug mit Danyel und dessen Art zu tun. Wie lange war er jetzt hier? Zwei
Stunden? Etwas länger … und er hatte keinen Schimmer, was er tun und lassen
sollte. Eine Handvoll Grundregeln, das war ’ s.
Kilian hoffte nur, er würde nicht ins Fettnäpfchen treten. Die Folge dessen wagte
er sich nicht mal auszumalen.
     
    Zurück im alten Gemäuer näherte er sich dem
Gang, in dem ununterbrochen geschrieben wurde. Die beiden Vermummten, die auf
der linken Seite an ihrem Tisch schrieben, versuchte er zu ignorieren und der
Platz gegenüber, hinter Danyels Schreibtisch, war leer. Was ihn staunen ließ,
waren die schwebenden Federn ganz am Ende des Seitenflügels. Schon beim ersten
Anblick hatte er sich gefühlt, wie ein kleiner Junge auf dem Jahrmarkt. Hier
waren vermutlich Kräfte am Werk, von denen die Gaukler nur träumen konnten.
    Kilian hockte sich hinter den Vermummten auf
den Boden. So konnte man ihm zumindest nicht vorwerfen, er habe versucht, sie
anzusehen. Fasziniert betrachtete er die vielen Schreibfedern, die ohne in ein
Tintenfass zu tauchen, unermüdlich über das Papier sausten. Jede von ihnen war
schwarz, manche zerrupft, andere wirkten neu. Keine Fäden, keine Halterung, sie
schwebten an Ort und Stelle, als würden sie von unsichtbarer Hand geführt.
Genau so, wie die Pergamente. Kilian erkannte, dass die Papiere vom Tisch der
Schreibenden zu den Federn flogen, wo sie in der Luft hängend fertig
beschrieben wurden. Anschließend wanderten sie in die Kiste der fertigen
Dokumente – und das alles ohne Zutun. Das war ihm vorher nicht aufgefallen und
rasch verstand er das System dahinter. Die beiden Vermummten trugen rasend
schnell Name und Geburtsdatum ein, die Federn schrieben dann die Lebenszeit auf
das Pergament, ehe dieses in der Kiste verschwand. Eine solche Kiste hatte
Dafour eben vor sich hergeschoben. Auch das ergab Sinn, weil Danyel gesagt
hatte, Dafour sei der Herr der Boten.
    ‚Hier wird echt mit System gearbeitet!‘, dachte
er anerkennend. Andererseits – die Masse an Dokumenten wäre gar nicht anders zu
bewältigen. In der Zeit, die Kilian dort saß, waren Hunderte Papiere auf diese
magische Weise in die Kiste geflogen und er fragte sich, wie viele Menschen an
einem Tag geboren wurden. Er versuchte anhand der Pergamente zu schätzen und
kam zu dem Ergebnis, dass es über siebentausend sein mussten. Eine enorme Menge
– kein Wunder, dass hier auf diese magische Weise die Federn flogen.
    Auf der anderen Seite brachte ihn die
Erkenntnis dazu, sich zu fragen, wie Danyel das machte. Es vergingen nur Sekunden,
ehe ein Pergament fertiggestellt war. Wie konnte man denn so schnell über die
Lebenszeit entscheiden?
     
    Schritte näherten sich und Kilian schaute über
die Schulter. Danyel kam auf ihn zu.
    „Was tust du da?“
    „Ich bestaune deine Federn“, erwiderte

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