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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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hervorschaute,
und dieses Fädchen nahm jetzt seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Er
fragte sich, ob er kühn eine Schere verlangen solle, um das vorwitzige Fädchen
abzuschneiden, oder ob er sich unter einem Vorwand in seine Wohnung begeben
und es dort abschneiden solle, oder ob seine Nägel scharf genug seien, um es
abzuknipsen, oder ob sich der ganze Strumpf, wenn er an dem Fädchen zog, zu
einem häßlichen Knoten zusammenziehen würde.
    Es nahm
keine Berühmtheit an dem Dinner teil, denn der arme Brummell war leider vor
seinen ihn verfolgenden Gläubigern auf den Kontinent geflohen, und in London
war im Moment wenig los. Mr. Archer hatte zwar jetzt erfahren, daß Mr. Garfield
unter den Gästen sein werde, aber das beeindruckte ihn nicht. Einer, dem es
unwichtig war, was die Leute von ihm hielten, war für ihn ganz und gar
uninteressant, und niemand hatte je erlebt, daß Mr. Garfield versuchte,
Eindruck zu machen.
    Daß Lady
Godolphin zur Zeit gar nicht auf der Höhe war, sah man deutlich daran, daß ihre
Gäste durchwegs vergleichsweise jung waren. Normalerweise umgab sie sich
nämlich gerne mit Leuten in den Siebzigern, um sich selbst desto jünger zu
fühlen. Außer den drei Armitages, Mr. Archer und dem noch nicht eingetroffenen
Mr. Garfield waren drei Ehepaare anwesend, Lord und Lady Brothers, der
Honourable Peter und Mrs. Nash und Colonel und Mrs. Cartwright, allesamt von
unanfechtbarem gesellschaftlichem Stand, allesamt in den Dreißigern und
allesamt furchtbar langweilig.
    Das
Gespräch drehte sich um die ungeheure Körperfülle des Prinzregenten, die sogar
die Times zu einem durchaus ernstgemeinten Artikel darüber angeregt
hatte, wie es ihm möglich war, ein Pferd zu besteigen.
    »Es wurde
eine schräge Ebene konstruiert«, so berichtete diese ehrwürdige Zeitung, »die
zweieinhalb Fuß hoch war und an deren oberem Ende sich eine Plattform befand.
Seine Königliche Hoheit wurde in einen Rollstuhl gesetzt, den man so hoch
schrauben konnte, daß
das Pferd darunter paßte; und schließlich wurde Seine Königliche Hoheit
vorsichtig in den Sattel herabgelassen. Auf diese Weise war der Regent ohne
Zweifel in der Lage, die Vorteile von frischer Luft und Bewegung bis zu einem
gewissen Grad zu genießen ...«
    Aber Lord
Brothers schüttelte den Kopf und erzählte, daß sogar diese Konstruktion in
letzter Zeit ihren Sinn verfehlt hatte, den Prinzregenten in den Sattel zu
bewegen, da er sein Korsett nicht mehr trug und in Körperbau und Sprache
Falstaff immer ähnlicher werde. »Neulich, als ich in Brighton war, hat er zu
mir gesagt«, vertraute Lady Brothers den anderen an, »daß ihn selbst schönes
Wetter nicht mehr aus dem Haus locken könne. Sein Umfang und sein Gewicht
machen ihm zu schaffen, und er traut sich nicht mehr zu reiten. Er sagt:
›Warum sollte ich auch? Ich bin bester Laune, mein Appetit und meine
Gesundheit sind glänzend, wenn ich im Haus bleibe, und es geht mir nun mal
nicht so gut, wenn ich draußen bin.‹«
    Mrs. Nash,
die von Natur aus übellaunig war, bemerkte, daß der Regent sich nur dem Vergnügen
und dem Müßiggang widme und daß er die meiste Zeit damit verbringe, hinter
verschlossenen Türen mit seinen Schneidern die verschiedensten Uniformen zu begutachten.
    Colonel
Cartwright bemängelte daraufhin säuerlich, daß die ganze Konversation einen Beigeschmack
von Aufruhr habe, und er, für seinen Teil, habe den Prinzregenten als hart
arbeitenden Mann kennengelernt. Da er bei diesen Worten unheilvoll in die Runde
blickte, entstand ein peinliches Schweigen.
    Nach einer
Weile versuchte Lady Godolphin die Konversation neu zu beleben: »Ich finde, daß
die Idee Seiner Hoheit, am nächsten Sonntag alle Gefängnisse und
Irrenanstalten zu öffnen, so eine gute und humane Idee ist. Glauben Sie, daß
das gutgeht?«
    Das
schockierte Gestammel und die Schreckensrufe, die die Folge dieser unerhörten
Lüge waren, hatten die gewünschte Wirkung.
    Trotz des
Stimmengewirrs war der Butler klar und deutlich zu hören; er kündigte an: »Mr.
Garfield.«
    Daphnes
Herz begann heftig zu schlagen, und sie rückte sehr nah an Mr. Archer heran.
Ihr Vater schaute wütend zu ihr herüber, aber sie tat, als bemerke sie es
nicht.
    Mr. Archer
flüsterte Daphne ärgerlich ins Ohr: »Wo hat er bloß die Weste her? Weißer
Pikee! Aber finden Sie sie nicht auch eine Spur zu streng?«
    Daphne
schien nicht gehört zu haben, was er sagte. Sie beobachtete, wie Simon
Garfield von Grüppchen zu Grüppchen ging, bis er

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