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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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und
Schrecken zugleich spiegelten, als habe die eindringende Gesellschaft sie
gerade aufgeweckt. Sie wurden an den Manuskripten vorbeigejagt – dreiundvierzig
Bände isländische Literatur, die von Sir Joseph Banks präsentiert wurden, einundvierzig
Bände Entscheidungen der Kommissare, die die Grundstücksgrenzen nach dem großen
Feuer von London festgelegt hatten, ein Blick auf die Magna Charta – und dann
waren sie wieder zurück in der Halle, wo ihr lauter, grobschlächtiger Führer
vergeblich die Hand aufhielt, denn niemand gab ihm ein Trinkgeld, weil jeder
vor Zorn und Erschöpfung nach Atem rang.
    Wenn Mr.
Archer und Lady Godolphin nicht bei ihr gewesen wären, hätte Mr. Garfield
Daphne vielleicht gar nicht erkannt.
    Als er
verstanden hatte, überflog ein Lächeln sein Gesicht. Sie sah schrecklich aus.
Sie sah bedauernswert aus. Sie sah göttlich aus.
    Der
elegante Mr. Garfield, dessen Herz so lange unberührt geblieben war, verfiel
genau in diesem Moment Hals über Kopf, vollends und endgültig Daphne Armitage.
Zu dem rein physischen Verlangen, sie zu besitzen, hatte sich ein edlerer
Wunsch gesellt. Er wollte sie liebkosen, für sie sorgen, mit ihr Kinder haben.
Er wollte sie in die Arme nehmen und die dunklen Schatten unter ihren Augen
fortküssen.
    Er wollte
Cyril Archer mit einem Haken zu Boden strecken.
    Daphne sah
ihn nicht gleich, weil ihr wegen der Brille – einer Leihgabe von einem Diener
Lady Godolphins – alles vor den Augen verschwamm.
    Es war Lady
Godolphin, die ihn sah. »Ich hab' diese Beine doch schon einmal gesehen«, rief
sie begeistert. »Mr. Garfield.«
    Daphne
stand ganz unglücklich da und riß sich die abscheuliche Brille herunter.
    Daß er sie
ausgerechnet so fand.
    Als sie
heute früh aufgewacht war, schwebte ihr sein Bild vor Augen. Sie hatte
Sehnsucht nach ihm. Sie verfluchte sich, daß sie ihn verlorengegeben hatte. Wie
hatte sie nur jemals glauben können, daß ihr eigener Vater fähig war...
    Aber der
Pfarrer hatte in der Tat etwas Ordinäres an sich. Daphne konnte sich vage
erinnern, wie er sich nach der Ernte hinter einem Heureiter mit einem
kichernden Bauernmädchen herumgewälzt hatte. Und einmal hatte ihr Vater die
Peitsche mit in die Kirche genommen, um diesen lästigen Verehrer von Annabelle
zu vertreiben.
Ein unschuldiges Mädchen wie Daphne, das sich zu den tiefen dunklen
Geheimnissen des Ehebetts einerseits hingezogen fühlte, andererseits Angst
davor hatte, war bereit, von jedem das Schlimmste anzunehmen. Man brauchte doch
nur Lady Godolphin anzusehen! Das Alter hatte ihre Wollust nicht abgeschwächt,
und die Gewohnheit hatte ihren zahlreichen Beaus nichts von ihrem Reiz
genommen.
    Dann war da
die Countess of Oxford, Jane Elizabeth Harley, diese berühmt-berüchtigt
treulose Dame. Ihre Kinder hatten so viele verschiedene Väter, daß die
Witzbolde sie »Harleys Gesammelte Werke« nannten, nach einer Buchreihe, die
ihr liebenswürdiger Gatte herausgegeben hatte.
    Oder Lord
Byron, der jetzt im Exil lebte. Das Gerücht von der Affäre mit seiner
Halbschwester Augusta hatte selbst Daphnes keusche Ohren erreicht.
    Und der
Prinzregent selbst, der sich ständig in ältere Damen verliebte. Daphne war der
naiven Meinung, daß nur die Jungen und Gesunden ein Recht darauf hatten, sich
zu verlieben.
    Aber sie
fühlte sich dennoch unglücklich und schuldbewußt, weil sie die Lüge über ihren
Vater geglaubt hatte.
    Ihre
hoffnungslose Lage war durch die tatkräftige Unterstützung Lady Godolphins
viel besser geworden. Eine Dame, die nichts schockieren konnte, hatte durchaus
etwas Beruhigendes an sich.
    Aber nicht
einmal Lady Godolphin konnte ihr jetzt helfen. Daphne wußte, daß sie furchtbar
aussah. Sie hatte ihren Panzer weggeworfen. Sie war weder klug noch geistreich
noch weltgewandt. Sie glaubte fest, daß ihr einziger Reiz für Mr. Garfield in
ihrer Schönheit gelegen hatte.
    Lady
Godolphin bedrängte Mr. Garfield gutgelaunt, mit ihnen zum Hanover Square
zurückzukommen – »denn, wenn sie vorhatten, sich das Museum anzuschauen, dann
lassen Sie das lieber bleiben. Nicht daß es nicht interessant ist, aber dieser
Grimaldi von einem Führer läßt einen nicht zu Atem kommen.«
    Daphne
stand mit abgewandtem Kopf da und spürte die besitzergreifende Gegenwart von
Mr. Archer, der ganz nahe bei ihr stand.
    Mr. Archer
spürte die Gefahr, die von Mr. Garfield ausging. Seine normalerweise nicht sehr
wache Intelligenz war durch Eifersucht geschärft, und er war ganz sicher, daß
Mr.

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