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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Garfield nur zum Museum
gekommen war, um Daphne zu treffen. Daphne machte allerdings eine bemerkenswert
schlechte Figur. Vielleicht war es ganz gut, daß er sie so sah. Auf der anderen
Seite, dachte Mr. Archer boshaft, soll mich Daphne nicht dadurch blamieren,
daß sie wie eine Schlampe aussieht. Wenn es nötig sein sollte, werde ich meine
Drohung wiederholen.
    Ein
brutaler Ausdruck glitt über seine ebenmäßigen Züge, so daß Mr. Garfield ihn im
stillen mit manchen Gemälden verglich, die aus der Entfernung viel besser
aussehen.
    Drauf und
dran, Mr. Archer zu bitten zu gehen und Mr. Garfield zu bleiben, wußte Lady
Godolphin nicht recht, wie sie die peinliche Situation lösen sollte. Sie sah
sehr wohl, daß Mr. Garfields Augen beim Anblick Daphnes amüsiert aufblitzten
und daß diese abwechselnd rot und blaß wurde.
    Als sie
schließlich alle in Lady Godolphins Salon versammelt waren, plauderte Mr.
Garfield, der sich äußerst wohl fühlte, von Brighton und über dies und das. Daphne
fragte schüchtern nach Mr. Apsley, obwohl sie eigentlich gänzlich
uninteressiert an dem Wohlergehen dieses gefühllosen jungen Mannes war, und Mr.
Garfield lächelte und erzählte, daß Mr. Apsley wieder einmal verliebt und daher
ganz der alte sei – immer gutgelaunt und sich nicht in anderer Leute
Angelegenheiten einmischend.
    Mr. Archer
blickte beleidigt.
    Mr.
Garfield entschuldigte sich, daß er der eleganten Welt so lange ferngeblieben
sei, aber seine Geschäfte hätten ihm keine Zeit gelassen. Darauf drängten ihn
die Damen, ihnen von seiner Arbeit zu erzählen.
    Mr. Archer
gähnte sehr unhöflich.
    Lady
Godolphin wunderte sich, daß ein Mann wie Mr. Garfield, der aus einer adligen
Familie stammte, die so viel Geld hatte, sich dem Handel widmete.
    »Ich war
bei den ersten, die mit Wellington nach Spanien gingen«, sagte Mr. Garfield.
Daphne stellte sich ihn in Uniform vor, ihr Mund wurde ganz trocken.
    Draußen
hatte sich der Nebel verdichtet, und die Kerzen wurden angezündet. Ein paar
Kerzen auf dem Kaminsims zauberten Kupferfäden in Mr. Garfields volles Haar.
    »Ich wurde
verwundet«, fuhr Mr. Garfield fort, »und habe nicht viel vom Krieg mitbekommen.
Ich war immer noch sehr jung, als ich verletzt nach Hause kam. Ich habe viel
gespielt und war auf dem besten
Weg, das Vermögen meiner Familie durchzubringen. Meine Mutter lebte nicht mehr,
und mein Vater war leidend. Dann verlor ein Freund von mir eine große Summe am
Spieltisch und setzte seinem Leben mit einem Schuß in den Mund ein Ende – verzeihen
Sie, Miss Daphne. Ich war tief betroffen. Mein Leben erschien mir plötzlich
sinnlos. Dann traf ich eines Tages einen anderen Spieler, einen Mann, der viel
älter war als ich, in der Bond Street, und dieser erzählte mir, daß er sich
jetzt dem Handel widme; auf diese Weise sei sein Vermögen wieder angewachsen.
Seine Erzählung faszinierte mich, und ich ging mit ihm in die City, wo ich mich
sofort für die Geschäftswelt begeisterte. Es war ein Milieu, in dem ich
gewissermaßen spielen konnte und doch die Ernte der harten Arbeit, der langen
Tage und einer unerwarteten Begabung für den Handel einbringen konnte.
Vielleicht erfüllt Sie das mit Abscheu, Miss Daphne?«
    Daphne
schüttelte den Kopf.
    »Ich nenne
es einen Verrat an unserer Klasse«, sagte Mr. Archer ausnahmsweise engagiert.
»Spüren Sie nicht, wie es nach Geschäften riecht?«
    »Spüren Sie
nicht, daß Sie so unhöflich sind, daß ich Sie garantiert gleich zum Duell
fordere?« konterte Mr. Garfield mit liebenswürdigem Lächeln.
    Mr. Archer
rettete sich in ein empörtes Gemurmel. Er mußte unbedingt mit Daphne reden. Er
mußte ihrer sicher sein. Der Nebel draußen wurde immer dichter, und seine Hand
wanderte immer wieder nervös zu der weißen Pracht seiner Halskrause, weil er
sich bereits vorstellte, wie sich ein sanfter Rußregen darauf herabsenkte.
    Lady
Godolphin, die müde wurde und sich an ihren eigenen Liebeskummer erinnerte,
seufzte schließlich und warf einen deutlichen Blick auf die Uhr. Sie war auch
zu dem Schluß gekommen, daß man die ganze komplizierte Geschichte um Annabelles
Baby ganz einfach dadurch lösen konnte, daß man sie fragte. Sie hatte vor,
Daphne nach oben zu schicken, damit sie sich vor den Anstrengungen des Abends
noch etwas ausruhen konnte. Sie wollten alle Kemble als Lear sehen. Shakespeare
war ein Dramatiker, den Lady Godolphin unendlich langweilig fand, und sie
hoffte, daß der Anblick des irren Königs, der gut drei Stunden

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