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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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trinken.«
    »Und wir kommen alle aus dem Wasser, das ganze Leben kommt aus dem Wasser. Und Leitungswasser ist totes Wasser.«
    »Ja, aber Ihr Vater ist doch auch tot – wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Wie bitte? Wollen Sie sich jetzt über einen toten Menschen lustig machen?«
    »Um Himmels willen, nichts liegt mir ferner. Ich meine nur, es geht um das Waschen eines Toten. Da ist es doch egal, wie lebendig das Wasser ist.«
    »Ist es nicht!«
    »Wenn Sie meinen, dann rühre ich eben noch ein bisschen.«
    »Das wird nichts helfen, das haben wir ja schon probiert, sie rühren nicht schnell genug. Es muss sich drehen, aber so richtig drehen, und zwar linksherum.«
    »Ich
habe
linksherum gerührt!«
    »Das weiß ich ja, aber sie haben eben nicht schnell genug gerührt. Durch die Drehung gehen die künstlichen Substanzen aus dem Wasser heraus, die die kommerzgeile Wasserindustrie da hineinpumpt, und es kommt kosmische Energie ins Wasser. Aus der Allmacht der Natur, jawoll.«
     
    Ich habe nichts gegen Esoteriker. Meinetwegen können die Leute glauben, der Mond sei aus grünem Käse, und meinetwegen kann sich jeder, der will, eine Frikadelle ans Bein nageln; immer unter der Voraussetzung, dass sie mich nicht zwingen, es ihnen gleichzutun, und dass ich nicht für die Folgen ihres Tuns aufkommen muss.
    Frau Himmelgarth-Rockstroh erwartet glücklicherweise auch nicht, dass ich ihren Unsinn glaube, wir haben die Fronten vorher schon geklärt, als es darum ging, ob man den Deckel des Sarges von innen mit Aluminiumfolie auskleiden kann, damit keine schädlichen Handy-Strahlen auf den Verstorbenen einwirken können.
    Mit viel Überzeugungskraft war es mir gelungen, die Frau in ihrem bodenlangen Wollrock und dem selbstgestrickten Hundewolle-Pullover davon zu überzeugen, dass diese Strahlen auf Verstorbene keinen negativen Einfluss mehr haben können.
    Okay, das hatte sie zwar nicht wirklich eingesehen, sich dann aber zähneknirschend in ihr Schicksal ergeben und zugestimmt, dass wir stattdessen einen Heilstein aus der Toskana in den Sarg legen, der alle Gifte dieser Welt bündeln und in positive Energie umwandeln kann.
    Auf das energetisierte Wasser jedoch wollte sie auf gar keinen Fall verzichten.
    Zu Hause habe sie so einen Apparat, der das Wasser quasi auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und drehen könne, und so komme dann die universelle Energie ins Wasser.
    »Das müssten Sie mal trinken, wirklich, Sie wären gleich wieder gesund.«
    »Ich bin aber doch gar nicht krank.«
    »Das sagen Sie.«
    »Ja, wirklich, ich habe nichts, ich fühle mich wohl.«
    »Das sagen sie alle, aber wenn Sie mal zu unserem chinesischen Arzt gehen würden, also gut, so ein richtiger Arzt ist der jetzt nicht, aber wenn Sie mal zu dem gehen würden,
der
würde was finden!«
    »Dann geh’ ich da mal lieber nicht hin.«
    »Sie nehmen mich wohl nicht ernst, oder?«
    »Doch, durchaus …«
    »Na, wie dem auch sei, sagen Sie mir lieber, wie wir jetzt das Wasser energetisiert bekommen. Sie rühren jedenfalls viel zu langsam. Es muss sich so ein richtiger Strudel bilden.«
    »Keine Ahnung, ich tue ja schon, was ich kann. Ich könnte es nochmals versuchen.«
    »Ach was, Sie mögen vielleicht ein guter Bestatter sein, aber Sie sind ein lausiger Wasserdreher.«
     
    »Was ist denn hier los?«, fragt plötzlich eine Stimme hinter uns. Frau Himmelgarth-Rockstroh und ich drehen uns um. Die Stimme gehört Manni, unserem Werkstattleiter. Manni ist geprüfter Bestatter und kommt gerade von einer Überführung zurück. Er hat durch das Fenster in der Tür zum Behandlungsraum Licht gesehen und schaut nun nach dem Rechten.
    Hinter Frau Himmelgarth-Rockstohs Rücken verdrehe ich die Augen und mache mit dem rechten Zeigefinger kreisende Bewegungen in Schläfenhöhe. Dann erkläre ich Manni in kurzen Worten, dass wir das Wasser schnell drehen müssen.
    Manni sagt: »Chef, das ist doch das geringste Problem, da habe ich eine Idee!«
    Und schon ist er verschwunden, um wenig später mit einer Bohrmaschine und einem großen roten Farbquirl wieder aufzutauchen.
    »Das Ding nimmt man, um in einem Farbeimer alles umzurühren. Ganz langsam und vorsichtig natürlich, aber ich könnte mir vorstellen, dass das auch auf der schnellsten Stufe geht und dann das Wasser so richtig schön elektrisiert.«
    »Energetisiert!«, verbessert ihn Frau Himmelgarth-Rockstroh und macht eine aufmunternde Handbewegung: »Na los, machen Sie schon, ich bin sehr gespannt, ob das

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