Darf's ein Küsschen mehr sein?
haben. Aber dem war wohl nicht so.
In den vergangenen fünfunddreißig Jahren war er tausende Male in dieser Bar gewesen. Meg hatte ein Foto, auf dem er als Dreijähriger mit seinem Vater auf einem Barhocker saß. Generationen von Hennessys hatten sich in der Bar den Arsch aufgerissen, und nach dem Tod seiner Eltern war das Lokal von Grund auf renoviert worden, um alle Spuren aus jener Nacht zu beseitigen. Wenn er durch die Hintertür trat,
dachte er nie daran, was seine Mutter seinem Vater und Alice Jones angetan hatte.
Bisher jedenfalls.
Deine Mutter hatte also gute Gründe, ihr ins Gesicht zu schießen? , hatte Maddie gefragt. Aus irgendeinem Grund gingen ihm Maddie Dupree und ihr verdammtes True-Crime-Buch nicht mehr aus dem Kopf. Das Letzte, was er auf der Welt wollte, war, sich mit dem Tod seiner Eltern auseinanderzusetzen. Die Vergangenheit ließ man am besten ruhen, und der letzte Mensch, der ihm durchs Hirn spuken sollte, war die Frau, die dafür verantwortlich war, dass das alles wieder aufgewühlt wurde. Sie erinnerte ihn an einen Bagger, der Dinge aufdeckte, die am besten verborgen blieben. Doch außer sie zu fesseln und in einen Wandschrank zu werfen, konnte er nichts tun, um sie davon abzuhalten. Obwohl der Gedanke, sie zu fesseln, durchaus seinen Reiz hatte. Was allerdings nichts damit zu tun hatte, sie vom Schreiben abzuhalten.
Mein Gott, du bist wie ein Tornado. Du saugst alles um dich herum auf , hatte sie gestöhnt, und es schien keine Rolle zu spielen, dass sie der letzte Mensch auf der Welt war, den er begehren sollte. Die Erinnerung an ihren leidenschaftlichen Kuss, der ihr regelrecht den Atem nahm, war unauslöschlich in sein Gehirn eingebrannt.
Mick erhob sich von der Tischkante und lief an der Tanzfläche vorbei zur Bar. Dort saß Reuben Sawyer, der alt und ziemlich angeheitert aussah, auf seinem Stammplatz. Reuben hatte vor dreißig Jahren seine Frau verloren und in den letzten drei Jahrzehnten fast jeden Abend auf demselben Barhocker gesessen und seinen Kummer ertränkt. Mick
glaubte nicht an Seelenverwandte und verstand solch einen Schmerz nicht. Wenn man sich so sehr nach einer Frau verzehrte, musste man etwas dagegen unternehmen. Wobei eine Flasche Jack Daniels eher hinderlich war.
Mehrere Gäste grüßten Mick, als er vorbeiging, doch er blieb nicht stehen. Er hatte keine Lust zu quatschen. Nicht heute Abend. Als er durch den Flur auf die Hintertür zuging, hielt ihn eine alte Freundin von der Highschool an.
»Hallo, Mick«, flötete Pam Puckett, die gerade aus der Damentoilette kam.
Sich einfach an ihr vorbeizudrängen wäre wohl unhöflich gewesen. »Hallo, Pam.« Er blieb stehen, was sie prompt als Aufforderung verstand, ihm die Arme um den Hals zu schlingen und ihn in den Genuss einer Umarmung zu bringen, die für eine rein freundschaftliche Geste ein paar Sekunden zu lang dauerte.
»Wie geht es dir?«, hauchte sie ihm ins Ohr.
»Gut.« Pam war seit der Highschool schon dreimal verheiratet gewesen, und Mick hätte ihr weitere Scheidungen prophezeien können. Er machte sich los und sah ihr ins Gesicht. »Und dir?«
»Nicht schlecht.« Sie sank wieder auf die Fersen, ließ aber die Hand auf seiner Brust. »Ich hab dich hier länger nicht gesehen.«
»Ich hab viel Zeit in der anderen Bar verbracht.« Pam war immer noch attraktiv, und er wusste, dass er sie nur bei der Hand zu nehmen brauchte, um sie abschleppen zu können. Er ließ die Hand auf ihrer Taille und wartete auf das erste interessierte Ziehen in seiner Hose. »Arbeitest du noch im Sheriffbüro?«
»Ja. Immer noch als Telefonistin. Ich drohe jeden zweiten Tag mit Kündigung.« Sie streichelte seine Brust.
Er hatte noch drei Stunden bis Geschäftsschluss. Es war ja nicht so, als müsste er Knall auf Fall zurück ins Mort’s. Er hatte es schon mal mit Pam getrieben, und sie wussten beide, dass es nur um Sex ging. Nur zwei Erwachsene, die sich trafen und Spaß miteinander hatten. »Bist du allein hier?«, fragte er.
Ihre Hand glitt zu seiner Taille, und sie hakte einen Finger durch seine Gürtelschlaufe. Er hätte wenigstens ein Fünkchen Interesse verspüren sollen, aber Fehlanzeige. »Mit ein paar Freundinnen.«
Sag mir, Mick, wissen alle Frauen, mit denen du schläfst, voneinander? Sex war wahrscheinlich genau das Richtige, um Maddie aus dem Kopf zu kriegen. Es war jetzt einen Monat her, seit er das letzte Mal gevögelt hatte, und alles, was er tun musste, war, Pam bei der Hand zu nehmen und mit ihr durch
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