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Darf's ein Küsschen mehr sein?

Titel: Darf's ein Küsschen mehr sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Gibson
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sich Neuigkeiten schnell rum. »Ja. Mir wurde gesagt, dass Sie früher auf dem Roundup-Wohnwagenplatz gewohnt haben.«
    »Etwa fünfzig Jahre lang.« Sie hatte fast ihr ganzes weißes Haar und den Großteil ihrer Zähne eingebüßt und trug einen pinkfarbenen Morgenrock mit weißer Spitze und Druckknöpfen. Aber mit ihrem Verstand war anscheinend alles in Ordnung. »Ich wüsste nicht, worüber ich mit Ihnen reden könnte.«
    »Wie wär’s mit dem Leben auf dem Roundup?«
    »Pah.« Sie hob ihre knorrige rechte Hand und schlug nach einer Biene vor ihrem Gesicht. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Die Leute glauben, dass Menschen, die in Wohnwagen leben, armes Wohnwagenpack sind, aber mir gefiel mein Wohnwagen immer. Mir gefiel das Gefühl, jederzeit meine Siebensachen packen und das ganze verdammte Ding woanders hinschaffen zu können, wenn ich wollte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Hab ich aber nie gemacht.«
    »Die Menschen können sehr grausam und herablassend sein«, stimmte Maddie ihr zu. »Als ich klein war, haben wir auch in einem Wohnwagen gewohnt, und ich fand das toll.« Was auch stimmte, vor allem weil der Wohnwagen ein solcher Fortschritt zu den anderen Behausungen gewesen war, in denen ihre Mutter und sie gelebt hatten. »Und wir waren ganz bestimmt kein Pack.«

    Harriets eingesunkene Augen musterten Maddie kurz. » Sie haben in einem Wohnwagen gelebt?«
    »Ja, Ma’am.« Maddie hielt das Tonbandgerät hoch. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich unser Gespräch aufnehme?«
    »Wozu?«
    »Damit ich Sie nicht falsch zitiere.«
    Harriet legte ihre knöchrigen Ellbogen auf die Armlehnen ihres Rollstuhls und beugte sich neugierig vor. »Schießen Sie los.« Sie deutete auf das Aufnahmegerät. »Was wollen Sie wissen?«
    »Erinnern Sie sich noch an den Sommer, als Alice Jones auf dem Roundup lebte?«
    »Klar, obwohl ich weiter unten an der Straße gewohnt habe und nicht nebenan. Aber ich hab sie manchmal im Vorbeifahren gesehen. Sie war ein echt hübsches Ding und hatte ein kleines Mädchen. Das kleine Mädchen schaukelte den ganzen Tag und die halbe Nacht auf der Schaukel im Vorgarten.«
    Ja, das wusste Maddie noch. Sie erinnerte sich, dass sie so hoch geschaukelt war, dass sie glaubte, ihre Zehen würden den Himmel berühren. »Haben Sie je mit Alice Jones gesprochen? Einen netten Plausch gehabt?«
    Die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. »Nicht, dass ich wüsste. Aber das ist lange her, und mein Gedächtnis lässt in letzter Zeit nach.«
    »Ich verstehe. Mein Erinnerungsvermögen ist auch nicht immer das beste.« Sie schaute auf ihre Notizen, als hätte sie die nächste Frage vergessen. »Erinnern Sie sich an eine Frau namens Trina, die vielleicht auch zu der Zeit auf dem Roundup gewohnt hat?«

    »Das muss Trina Olsen sein. Betty Olsens mittlere Tochter. Sie hatte feuerrotes Haar und Sommersprossen.«
    Maddie notierte sich den Nachnamen und kreiste ihn ein. »Wissen Sie, ob Trina noch in Truly lebt?«
    »Nein. Aber Betty ist tot. An Leberkrebs gestorben.«
    »Tut mir leid.«
    »Warum, kannten Sie sie?«
    »Äh …nein.« Sie steckte die Verschlusskappe wieder auf ihren Füller. »Gibt es noch irgendetwas anderes aus der Zeit, als Alice Jones auf dem Roundup lebte, woran Sie sich erinnern?«
    »Ich erinnere mich noch an vieles.« Sie rutschte unruhig in ihrem Rollstuhl herum und verkündete stolz: »Ich erinnere mich an Galvin Hennessy, so viel ist sicher.«
    »Lochs Vater?«, hakte Maddie nach, nur um sicherzugehen. Was konnte Galvin mit Maddies Mutter zu tun gehabt haben?
    »Ja. Er war ein attraktiver Teufelskerl, genau wie alle Hennessy-Männer.« Sie schüttelte den Kopf und seufzte. »Aber um einen Hennessy zu heiraten, musste man schon schwachsinnig sein.«
    Maddie überflog ihre Notizen und suchte nach Galvins Namen. Sie überblätterte ein Founders-Day-Flugblatt, das man ihr am Empfang überreicht hatte, doch soweit sie sich erinnerte, war er in keinem der Polizeiberichte erwähnt worden.
    »Ich bin ab und zu mit ihm ausgegangen. Bis zu dem Tag, als er auf dem Rücksitz meines Ford Rambler das Zeitliche gesegnet hat.«
    Maddie hob den Kopf. »Wie bitte?«
    Harriet lachte und machte dabei ein knatterndes, rasselndes
Geräusch, das in einen Hustenanfall mündete. Maddie war so besorgt, dass sie ihre Notizen im Gras ablegte und aufsprang, um Harriet auf den Rücken zu klopfen. Als Harriet sich wieder unter Kontrolle hatte, fragte Maddie: »Alles in Ordnung?« Mannomann, Harriet war zwar alt,

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