Darfs einer mehr sein
ihre Bezugsperson Mensch erweitert. Wie gut sie in der Lage sind, sich in Menschen hineinzuversetzen, und, vor allem, wie sehr ihre Stimmung durch den emotionalen Zustand des Menschen beeinflusst wird, hängt auch von Lernerfahrungen ab. Je intensiver sich schon der Züchter mit einem Welpen beschäftigt, desto besser sind die Voraussetzungen für eine enge Bindung an den Menschen. Je enger die Bindung, desto stärker der Einfluss der Stimmungsübertragung.
In Bezug auf Mehrhundehaltung und Gruppendynamik ist erst einmal der Blick auf die Vorgänge innerhalb der Hundegruppe interessanter: Lange Zeit hatten Hunde vor allem die Aufgabe, als Alarmanlage vor Feinden zu warnen. Bemerkte ein Hund eine Gefahr, gab er Laut, und alle anderen stimmten sofort ein. Wenn gleich ein ganzes Rudel bellt, macht das auf Eindringlinge mehr Eindruck, als wenn nur ein einsamer Wachposten wufft. Leider ist diese Fähigkeit heutzutage in eng besiedelten Gebieten nicht mehr unbedingt erwünscht. Ähnlich sieht es in anderen Bereichen des Hundealltags aus.
Ist ein Hund sehr bellfreudig, kann man damit rechnen, dass andere Hunde in der gleichen Familie sich leicht davon anstecken lassen.
Fast alle unerwünschten Verhaltensweisen bei Hunden hängen mit (unpassenden) Erregungszuständen zusammen. Und vereinfacht kann man sagen: Erregung ist der Motor der Gruppendynamik. Alle Verhaltensweisen werden durch Erregung intensiviert; die Stimmung eines einzelnen Hundes überträgt sich um ein Vielfaches schneller, wenn die Erregung hoch ist.
Natürlich funktioniert Stimmungsübertragung auch in die entgegengesetzte Richtung. Auch Ruhe und Entspannung lassen sich übertragen, das gelassene Verhalten eines souveränen Althundes kann auf einen unsicheren, ängstlichen, aufgeregten, nervösen, überdrehten Zweithund abfärben. Glücklich kann sich also der Hundebesitzer schätzen, dessen Schlüsselhund über diese positiven Eigenschaften verfügt!
Hat man leider nicht den perfekten Ersthund, ist dem Faktor Erregung besondere Bedeutung beizumessen. Einzelhunde mit Problemen haben oft eine Vorgeschichte, die beschreibt, dass sich der situative Erregungszustand in der Problemsituation Schritt für Schritt gesteigert hat. Von Silvesterangst war im ersten Jahr noch nichts zu bemerken, im zweiten Jahr wirkte der Hund vielleicht angespannt, im dritten hatte er Angst und im vierten dann Panik. Je mehr Hunde zusammenleben, desto schneller laufen solche Prozesse ab. Gruppendynamik bedeutet in der Praxis der Mehrhundehaltung, dass die gegenseitige Stimmungsübertragung die Erregung in der Gruppe leicht hochpuscht und damit die Gefahr für das Auftreten unerwünschten Verhaltens steigt.
Bei einem Einzelhund wirkt Stimmungsübertragung vom Menschen zum Hund (und umgekehrt), sodass man diese auch bewusst einsetzen kann, um eine Situation zu beeinflussen. Je mehr Hunde es sind, desto mehr läuft zwischen diesen ab, was sich dem Einfluss des Menschen entzieht. Ein starker Faktor ist dabei der, dass alles, was mit Erregung zu tun hat, durch ein paar Wiederholungen recht schnell selbstbelohnend wird. Und was allein schon Spaß macht, wird umso lustvoller erlebt, je mehr mitmachen. Allein kläffen ist schön, gemeinsam kläffen wird zum echten Highlight. Der Mensch dagegen ist leider oft eine echte Spaßbremse.
Ob es wohl gleich einen Grund zum Kläffen gibt?
Dass drei oder vier Hunde gemeinsam lautstark die Ankunft des Briefträgers ankündigen, kann auf die Dauer auch tolerante Nachbarn nerven. Und gerade beim Kläffen fühlen sich viele Menschen hilflos, weil sie es nicht schaffen, die Erregung der Vierbeiner einzudämmen. An diesem Problem scheitern oft genug Besitzer von nur einem Hund, und die gängigen Ratschläge zur Problemlösung sind auch wenig hilfreich: Man müsse dem Hund erst das Bellen auf ein Signal hin beibringen, damit man ihm auch wieder sagen kann, dass er still sein soll, oder man müsse das Kläffen ignorieren und solle den Hund erst belohnen, wenn er wieder ruhig ist. Hardliner geben sich wenig mit Belohnungen ab und empfehlen gleich ein Antibellhalsband, das das Kläffen automatisch mit einem Sprühstoß unterbrechen soll.
Schauen wir uns einmal das Prinzip des Ignorierens an, das beim Bellen geradezu fatale Wirkung haben kann. Die Idee hinter dem Ignorieren beruht darauf, dass der Mensch mit seiner Aufmerksamkeit unabsichtlich das Bellen verstärken könnte. Das Problem dabei ist jedoch, dass Aufmerksamkeit gar nicht der Verstärker
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