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Darfs einer mehr sein

Darfs einer mehr sein

Titel: Darfs einer mehr sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine und Rolf C Franck
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ist, der das Verhalten aufrechterhält, sondern die beim Kläffen ausgeschütteten Botenstoffe. Immer wenn der Mensch ein selbstbelohnendes Verhalten ignoriert, schafft er damit für den Hund die Gelegenheit, es zu praktizieren und dabei zu lernen, wie viel Spaß es macht. Ignoriert man das Kläffen eines Einzelnen in der Gruppe, wird die Stimmungsübertragung in kürzester Zeit dazu führen, dass der Zweite auch mitmacht. Dies gilt umso mehr, je stärker Bellen im genetischen Repertoire der beteiligten Rassen verankert ist. Bei Hunden, die sowieso zum Bellen neigen, weil sie es bei ihrer natürlichen Art zu arbeiten brauchten, setzt der Belohnungseffekt viel schneller ein, weil der emotionale Erregungskreislauf auf genetisch vorgesehene Reiz-Reaktions-Muster zurückgreifen kann.
    Wir empfehlen daher, Kläffen nie zu ignorieren, sondern sofort zu unterbrechen, indem man zum Beispiel eine Handvoll Leckerchen auf den Boden wirft. Dazu sagt man ein Hörzeichen fürs Ruhigsein, welches die Hunde dann mit dem Suchen und Fressen verbinden. An dieser Stelle kommt normalerweise die Frage: Belohnt man so nicht erst recht das Kläffen? Nein, denn wenn die Hunde fressen, sind sie doch gerade still, oder? Es ist immer besser, das Verhalten zu stoppen, als der Dynamik ihren Lauf zu lassen, auch wenn man dabei, lerntheoretisch betrachtet, nicht lupenreine Wege beschreitet.
    Abgucken und Mitmachen
    Stimmungsübertragung ist nur ein Aspekt im großen Potpourri an gegenseitiger Beeinflussung innerhalb eines Hunderudels. Auf einer eher kognitiven Ebene könnte man das Lernen durch Nachahmung einordnen. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit wurde Hunden die Fähigkeit, durch Beobachtung zu lernen, noch abgesprochen, heute weiß man dank gezielter wissenschaftlicher Forschung, dass dies sogar eine besonders effektive Art des Lernens ist.
    Das Clever Dog Lab in Kooperation mit der Universität Wien beschäftigt sich unter anderem mit dem Problemlösevermögen und der Lernfähigkeit von Hunden. Die Kognitionsbiologin Friederike Range konnte zeigen, dass bei Hunden die sogenannte automatische Nachahmung existiert, die davor nur für Menschen und Wellensittiche bekannt war. Im Experiment imitierten Hunde erfolgreich ihre Menschen darin, entweder mit der Pfote oder der Schnauze eine Holzkiste zu öffnen, nachdem der Besitzer ebenfalls entweder die Hand oder den Kopf dazu benutzt hatte.
    Man kann davon ausgehen, dass das gegenseitige Beobachtungslernen unter Hunden noch viel besser funktioniert. Mehrhundehalter können sicher etliche Beispiele für dieses Phänomen anführen; so haben sich unsere eigenen Hunde gegenseitig beigebracht, Walderdbeeren und Blaubeeren zu pflücken, Schubladen zu öffnen, durch eine Katzenklappe zu steigen und Ähnliches.

    Wer gemeinsam Zeit verbringt, lernt automatisch durch Abgucken und Mitmachen, wenn der Mensch keinen Einfluss nimmt.

    Besonders relevant für die Hundeerziehung ist in diesem Zusammenhang das latente Lernen. Man kann davon ausgehen, dass sich Beobachtungslernen so vollzieht, dass die gelernten Informationen erst einmal nur symbolisch im Gedächtnis repräsentiert und abgespeichert werden. Ein junger Hund beobachtet vielleicht einen erwachsenen ganz genau, ohne dass er selbst Ansätze des so bereits latent gelernten Verhaltens erkennen lässt. Das Lernen durch Abgucken lässt sich daher in einzelne Teilschritte untergliedern: Zuerst ist da nur die Aufmerksamkeit, die auf eine bestimmte Handlung, ein Verhalten gelenkt wird. Darauf folgen Prozesse der Gedächtnisbildung, erst später dann Versuche, das Gesehene nachzuahmen, und schließlich die Festigung durch Erfolg.
    Dass ein junger Hund ein Verhalten noch nicht selbst ausprobiert, mag zum einen mit seiner Reife und seinem (noch fehlenden) Selbstbewusstsein zusammenhängen, zum anderen damit, dass er vielleicht durch organisatorische Mittel (Leine) daran gehindert wird. Schaut ein Welpe etwa dabei zu, wie der erwachsene Althund auf der Wiese einem Kaninchen hinterherjagt, wird er sich anfangs hoffentlich noch nicht trauen, sich allzu weit vom Besitzer zu entfernen. Vielleicht ist sein Mensch auch schlau genug, ihn an der Leine zu führen. Im Lauf der Monate wächst das Selbstbewusstsein und nebenbei wächst auch der Entfernungsradius des jungen Hundes. Hoppelt ihm dann im Alter von sechs oder acht Monaten ein Hase über den Weg, weiß er schon sehr genau, was er zu tun hat, traut sich loszusprinten und wird sofort durch die Ausschüttung einer

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