Dark Academy 01 - Geheimer Pakt
beobachteten die Tänzer voller Zuneigung. Doch auch sie gingen Cassie aus dem Weg. Selbst Herr Stolz hatte sie während der letzten vierzehn Tage mit nervöser Höflichkeit behandelt.
Jake war ein fabelhafter Tänzer, genau wie Isabella. Und obwohl die beiden versucht hatten, sie mit einzubeziehen, war Cassie froh, dass sie nur Augen füreinander hatten. Ihr war nicht nach Geselligkeit zumute, und es passte ihr gut, neben Cassandra und Klytämnestra z" stehen. In dieser Stimmung gab es keine bessere Gesellschaft für sie.
»Guten Abend, Cassie.«
Sie zuckte zusammen, drehte sich jedoch nicht um. Die Stimme war schließlich unverkennbar: Karamellisierter Honig, durchmischt mit Schotter.
»Hallo, Sir Alric.«
»Sie tanzen nicht?«
»Nein.« Sie zögerte einen Moment, dann dachte sie: Was soll's. »Estelle ist nicht nach Tanzen zumute.«
Es folgte ein langes Schweigen, während sie in der Dunkelheit standen und die Band und die kreischenden, lachenden Schüler beobachteten. Alice sah gut aus, fand Cassie, wenn auch ein wenig wackelig und weinerlich nach vier Gläsern Champagner. Richard war nirgends zu sehen; er war kurz aufgetaucht und hatte sich dann früh wieder davongestohlen. Der Rest der Auserwählten schien in Topform zu sein. Sie hatte versucht, sich jeden Einzelnen von ihnen mit einer dunkelroten Kapuze vorzustellen, aber es hatte keinen Sinn.
»Sie wissen nicht, wer daran beteiligt war?«, fragte Sir Alric leise.
Cassie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber es spielt jetzt keine Rolle mehr.«
»Für mich spielt es eine Rolle.«
»Dann finden Sie es selbst heraus. Übrigens danke. Es hat mir hier sehr gefallen.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Meistens. Bis auf die Sache mit den Ketten und den Dämonen.«
»Cassie ... «
Sie wartete darauf, dass er weiterging, aber als er sich nicht von der Stelle rührte, drehte sie den Kopf, um sein Gesicht zu betrachten. Er sah sehr ernst aus.
»Sie müssen im nächsten Trimester zurückkommen«, sagte er.
»Nein, ich glaube nicht, dass ich das muss. Trotzdem, danke. «
»Sie verstehen nicht.« Er warf ihr einen verärgerten Blick zu.
»Dann erklären Sie's mir.« Sie zog eine Augenbraue hoch.
Er seufzte geschlagen. »Das Ritual mag unterbrochen worden sein, aber trotzdem befindet sich jetzt ein Teil eines Geistes in Ihnen. Er will sich zur Gänze mit Ihnen vereinen. Und er wird nicht Ruhe geben, bis er es schafft.«
Cassie zuckte die Achseln. »Pech.«
»Das ist sehr mutig von Ihnen, meine Liebe, aber es reicht nicht«, erwiderte Sir Alric gleichzeitig düster und belustigt. »Entweder nehmen Sie ihn auf oder Sie besiegen ihn. Sie können nicht vor ihm davonlaufen.«
»Ich kann es versuchen.«
»Sie werden niemals schnell genug laufen können, Cassie.« Sein Tonfall war freundlicher als seine Worte. »Niemals.«
Unbehaglich spielte sie an ihrem Ansteckbukett herum. Isabella hatte die atemberaubende weiße Orchidee ausgesucht, die sie von Jakes Pflanze gezupft hatte. Sie durfte die Blüte nicht zerstören. Also kaute sie stattdessen an einem Fingernagel, dann faltete sie die Hände.
»Sprechen Sie weiter«, sagte sie schließlich.
»Wir sind nicht alle böse, Cassie. Sie haben die Schlimmsten von uns kennengelernt. Sie müssen zurückkommen, damit Sie auch die Besten kennenlernen können.«
Sie verzog die Lippen. »Ich will nichts mit irgendeinem von ihnen zu tun haben.«
»Sie haben keine Wahl, glauben Sie mir. Es tut mir leid. Ich hätte Estelles kleine Fantasien ernster nehmen sollen, aber ich hätte nie gedacht, dass sie den Mut hätte, mir zu trotzen. Es ist ein halsstarriger Geist, den Sie in sich haben, Cassie. Halsstarrig und bösartig.«
»Ein halber«, korrigierte Cassie ihn. »Ein halber halsstarriger, bösartiger Geist.«
Sir Alric zögerte, dann holte er tief Luft. »Und einer, der trotzdem gefüttert werden muss.«
Mit einem leisen Stöhnen schlug Cassie die Hände vors Gesicht.
»Sie müssen es doch geahnt haben. Verstehen Sie jetzt, Cassie? Sie müssen in die Dark Academy zurückkehren.«
Sie schwieg und weigerte sich, ihn auch nur anzusehen.
»Wenn Sie im neuen Jahr zurückkommen, werden Sie ein verzweifeltes Verlangen nach Nahrung verspüren. Der Geist wird begonnen haben zu wachsen, sich das Heim zu schaften, das er braucht. Das erfordert eine Menge Lebenskraft, Cassie, glauben Sie nur.«
»Und was ist, wenn ich ihn aushungere?«, knurrte sie.
»Glauben Sie mir, Cassie, Sie werden sich nähren.« Er klang traurig.
Weitere Kostenlose Bücher