Dark Academy 01 - Geheimer Pakt
»Sie wissen nicht, wie, noch nicht – nicht ohne Schaden anzurichten. Es ist meine Aufgabe, Sie zu unterrichten.«
»Ich würde niemals jemandem wehtun!«, fuhr sie auf.
»Sie werden es tun, wenn der Hunger groß genug ist. Das heißt, wenn der Hunger des Geistes groß genug ist. Sie werden sich nähren, weil Sie nicht anders können, und Sie könnten jemanden töten. Ist es das, was Sie wollen?« Cassie schüttelte langsam den Kopf.
»Sie werden sich nähren. Sie werden sich Ihr Leben lang nähren müssen; Sie werden sich von Fremden nähren, von Menschen, die Sie kennen, von Menschen, die Sie lieben.«
»Nein«, sagte Cassie verzweifelt.
»Doch. Ihr Geist schenkt Ihnen Schönheit, Stärke und Macht. Denken Sie, das bekommen Sie umsonst?« Jetzt schwang in seiner Stimme eine quälende Melancholie mit, als berste sein Kopf von Erinnerungen. Cassie stellte fest, dass sie zitterte.
»Er saugt Ihnen das Leben heraus, Cassie. Das ist der Grund, warum Sie es anderen Menschen heraussaugen müssen.«
»Oh.« Bei der Erinnerung an Alice presste sie die Augen fest zusammen. »Oh, Gott.«
»Wenn Sie sich nicht nähren, stirbt der Geist in Ihnen, und Sie sterben mit ihm. Aber so weit wird es nicht kommen. Bevor das geschieht, werden Sie töten. Sie werden nicht anders können. Ich werde Sie lehren, sich zu nähren, ohne zu töten.«
»Sie werden es mich lehren? Wie wollen Sie das denn anstellen? Laborratten? Meine Freunde?« Zum ersten Mal konnte er ihrem Blick nicht standhalten. Als er sprach, klang seine Stimme abgehackt und emotionslos.
»Das ist der Preis, den unsere Schüler zahlen, Cassie. Es ist der Preis, den Sie dafür bezahlen, hier sein zu dürfen.« Seine Lippen zuckten freudlos. »Sie bezahlen für ... das Privileg.«
Sie konnte einen Laut der Abscheu nicht unterdrücken. Als sie zurückweichen wollte, hielt er sie plötzlich am Arm fest und drehte sie zu sich um.
»Also, Miss Bell. Werden Sie sterben oder werden Sie töten? Oder werden Sie tun, was richtig ist, und zurückkommen?«
Cassie funkelte ihn an, entschlossen, ihm zu trotzen, aber seine Augen machten ihr Angst. Sie dachte, sie hätte sich schon früher gefürchtet: Aber das war nichts gewesen. Sie nickte.
Er stieß einen zufriedenen Seufzer aus. »Gut. Gut. Es tut mir leid, dass das notwendig ist, Cassie, aber so ist es eben.« Seine Stimme klang wieder ruhig. »Gibt es sonst noch etwas, das ich Ihnen erzählen kann?«
Cassie hatte den Blick auf den Tanzboden gerichtet und hielt sich trostsuchend an Cassandras kaltem Marmorarm fest. Sie nickte, wartete aber, bis ihre Stimme genauso kühl war wie seine.
»Wo ist Ranjit?«
EPILOG
Der Innenhof lag im Dunkeln. Bis auf das schwache Raunen von Gesprächen, Musik und Gelächter, dem Pulsieren des Basses und dem fernen Echo der Stadt war nichts zu hören. Keine nächtlichen Wanderer. Jake war anderweitig beschäftigt.
Wirst du zurückkommen, hatte sie ihn gefragt.
Ich weiß es nicht. Er hatte an einem Fingerknöchel gekaut und war ihrem Blick ausgewichen. Es ist eine unerledigte Angelegenheit, Cassie. Aber was ist, wenn ich tatsächlich zurückkomme? Endlich hatte er den Mut aufgebracht, sie anzusehen. Wenn die Dark Academy stürzt, stürzt du mit ihr. Du bist jetzt eine von ihnen.
Cassie schauderte. Aber sie vertraute Jake. Er würde ihr nicht wehtun, um die Wahrheit in Erfahrung zu bringen und echte Gerechtigkeit für Jess zu erlangen. Sie waren Freunde. Und Jake würde in die Dark Academy zu-rückkehren. Er musste es tun. Unerledigte Angelegenheiten. Außerdem hatte Isabella bei der bloßen Andeutung, Jake könne nicht zurückkehren, bittere Tränen geweint. Cassie wusste nicht, ob sie mit dem opernhaften Herzeleid ihrer Mitbewohnerin fertig werden konnte, wenn dieser verflixte Kerl im nächsten Trimester tatsächlich nicht auftauchte. Es war schon kälter gewesen. Cassie zählte die Stufen hinab zum Innenhof dreizehn. Genau wie Estelle gesagt hatte, an ihrem allerersten Tag.
Sie war für sie nicht länger Madame Azzedine.
Am Rand des Teichs saß eine dunkle Gestalt im Mondlicht. Der junge blickte nicht auf, als sie näher kam, sondern zerriss konzentriert irgendetwas, das er in der Hand hielt. Als sie dicht vor ihm stand, sah sie Fetzen von etwas Samtigem, Schwarzem in das noch immer grüne Wasser des Teichs wehen.
»Sind die nicht selten?«
Ranjit lächelte nicht. »Sehr selten.«
Sie setzte sich neben ihn auf den geschwungenen Steinrand des Teichs. Ledas Schatten lag über den
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