Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Gänsehaut fließt über meinen Körper, als auch ich das Auto verlasse. Ich werfe das Wadenholster zurück in den Navara, es stört mich nur beim Kämpfen. Noch einmal sehe ich auf die Uhr.
Neun Minuten vor Mitternacht.
Es läuft alles nach Plan. Nach unserem Plan.
Wir nicken uns zu, auch Dawna hat noch einmal auf ihre Uhr gesehen. Dann laufen wir auf das Friedhofstor zu.
Jeden Gedanken ausschalten. Jedes Gefühl ausschalten. Es geht nicht mehr um Dawna oder mich. Es geht jetzt nur noch darum, unser Ziel zu erreichen, es darf keine Gefühle mehr geben, auch wenn danach unser Leben zusammenbricht.
Der leichte Wind wiegt die hohen Grashalme und erfüllt die Luft mit dem Geruch nach Heu.
Dicht an dicht stehen die Dunklen hinter unserem Grab. Sie ignorieren uns bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie andere Befehle erhalten.
Jeder Dunkle, den wir jetzt erschießen, wird keine Chance mehr haben, uns zu trennen oder Dawna zu töten.
Trotzdem gehen wir einfach auf unser Grab zu, ignorieren die Dunklen. Wir bleiben bei Mr Dentons Grab stehen, ein paar Meter vor unserem. Wie ein Wall scheint vor den Dunklen die Aggression zu wabern, wie Nebel an einem Herbstag. Mein Herz beginnt zu hämmern.
Noch sieben Minuten bis Mitternacht.
»Ich weiß es zu schätzen …«, sagt eine wohlbekannte Stimme genüsslich und meine rechte Hand schließt sich um den Griff der Beretta, die an meiner Hüfte klebt, und wie von selbst rutscht mein Finger zum Abzug, »… wenn ich mich auf jemanden verlassen kann.«
»Samael«, antwortet Dawna nur im selben Plauderton wie Samael. Erst jetzt sehe auch ich ihn.
In der Gestalt von Sam Rosell erhebt er sich vom Grab, bleibt aber dort stehen und sieht uns entgegen.
Ich mach ihn platt, denke ich mir, den Finger am Abzug der Beretta. Obwohl ich weiß, dass man ihn nicht töten kann, dass es verschwendete Munition ist, auf ihn zu schießen. Dawnas Wärme kriecht über meine Finger in meinen Bauch und hindert mich daran, die Waffe zu ziehen.
»Schätzchen, ich wusste, dass wir uns keine Sorgen machen müssen.«
Für einen kurzen Moment denke ich, dass er Dawna mit »Schätzchen« anspricht, dann zieht er eine Frau an seine Seite und legt ihr jovial den Arm um die Schulter. »Auf die zwei Mädchen ist Verlass.«
Dawna bewegt sich keinen Millimeter, kein Geräusch kommt über ihre Lippen. Sie ist in eine friedliche Wolke gehüllt, die jeden ihrer Gedanken schluckt, selbst ich kann nicht hindurchsehen. Nur mein Herz scheint gerade zu explodieren.
Es ist Mum.
Sie steht neben ihm, ihre Augen auf etwas gerichtet, das nicht existiert, uns beachtet sie nicht.
Mein Zeigefinger am Abzug rutscht heraus, meine Hand sinkt kraftlos an der rechten Seite herab. Das also ist der Grund, dass er Mum entführt hat. Er hat alles bis ins kleinste Detail geplant und die Gefahr, dass wir hier alle Dunklen ummähen, während sie nichts gegen uns unternehmen können, ist scheinbar einfach zu groß.
»Mum«, sagt Dawna mit fester Stimme. »Wie geht es dir?«
Mein Blick gleitet von einem Dunklen zum nächsten, ich versuche, Gabe und sein Gefolge auszumachen. Es sind unendlich viele der Dunklen, unwahrscheinlich attraktive, muskulöse Männer, die mit düsterer Miene geradeaus starren und auf ihre Befehle warten. Aber ich finde ihn nicht.
»Mum«, wiederholt sich Dawna. »Ich bin’s. Dawna.«
Rag ragt aus der Menge heraus wie ein Fels, größer als alle, von einer knisternden Aggression gefüllt.
»Wir holen dich da raus. Versprochen«, fährt sie fort, als wären hier nicht Hunderte von Dunklen und ein Dämon namens Samael.
Mein Blick gleitet weiter. Jophiel steht in vorderster Front. Und an der anderen Seite von Mum entdecke ich Pius.
Kein Gabe.
Keine Lilli-Thi.
»Komm einfach zu uns.« Dawnas Stimme klingt, als würde sie lächeln. »Mum. Hörst du mich?«
»Sie will, dass du wieder auf ihre Seite wechselst, Schätzchen«, sagt Sam mit sanfter Stimme und auch er lächelt. Das Lächeln ist ungemein einnehmend und sympathisch und die Wut auf ihn verschlägt mir den Atem. »Mädchen, wir sind nicht auf verschiedenen Seiten, das muss euch doch langsam klar geworden sein.«
Er nimmt seinen Arm von Mums Schulter, so als wolle er ihr die Entscheidungsfreiheit überlassen, wohin sie gehen will.
»Eurer Mum war es schon immer wichtig, einen Mann an ihrer Seite zu haben«, seine Stimme wird zu einem Flüstern, »einen Geliebten.«
Ein unauffälliger Blick auf die Uhr. Vier Minuten bis Mitternacht.
»Halt die Klappe,
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