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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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stapelten. Meine Begleiterin schien den Weg zu kennen. Ihre smaragdgrünen Augen warfen mir einen Blick zu.
    »Bist du hierhergekommen, um zu stehlen oder mit deinem Dolch zu töten?«, fragte sie.
    »Vielleicht sowohl das eine als auch das andere.« Ich lächelte.
    Es war eine gute Frage. Ich wusste nicht, warum ich gekommen war, abgesehen davon, dass jemand meine Rückkehr zur Hohen Burg verhindern wollte – so fühlte es sich jedenfalls an. Seit ich Pater Gomst in seinem Galgenkäfig gefunden und jenen Geist erst in mich aufgenommen und dann in die Flucht geschlagen hatte, seit die Hohe Burg wieder in meinen Gedanken erschienen war … Es fühlte sich an, als wollte mich jemand von ihr fernhalten, und diesem Druck, woher auch immer er kam, stemmte ich mich entgegen.
    Wir gelangten über die Kurze Brücke, nicht mehr als drei Mahagoniplatten über den großen Toren, die die unteren Bereiche vom Hauptteil der Burg trennten. Sie bestanden aus Stahl, waren fast einen Meter dick und glitten aus einer Öffnung im Flurboden, hatte Lehrer Lundist gesagt. Ich hatte sie nie aus der Nähe gesehen. Fackeln brannten hier; man vergeudete keine silbernen Laternen an die Bediensteten-Etagen. Der Geruch von Teer-Rauch gab mir deutlicher als alles andere das Gefühl, zu Hause zu sein.
    »Vielleicht bleibe ich hier«, sagte ich.
    Der Küchenbogen lag direkt voraus. Ich konnte Dräne sehen, den stellvertretenden Koch, wie er ein halbes Schwein durch die Tür schleppte.
    »Würden deine Brüder dich nicht vermissen?«, fragte die Lady. Sie hob die Hand zu ihrem Mundwinkel, wo sich die von meinen Fingern stammenden Druckstellen rot abzeichneten. Ihre Hand berührte nur den Mund, und gleichzeitig berührte sie auch mich, und ich reagierte darauf. Wärme durchströmte mich und sammelte sich an einer bestimmten Stelle.
    Ich zuckte die Schultern und zog an den Gurten des linken Armschutzes. »Es gibt viele Brüder auf der Straße«, sagte ich. »Ich zeige dir die Art von Brüdern, die ich meine …«
    »Lass es mich versuchen«, sagte die Lady ungeduldig.
    Der Fackelschein brannte im Rot ihres Haars. Mit geschickten Fingern löste sie die Spangen – sie schien sich mit Rüstungen auszukennen. Vielleicht beschränkte sich Sir Galen nicht nur darauf, Rüpel mit schlechten Manieren zu köpfen.
    »Und nun?«, fragte sie. »Ich habe schon andere Arme gesehen, wenn auch nicht so schmutzige.«
    Ich lächelte und drehte den Arm, damit sie das Zeichen der Bruderschaft am Handgelenk sehen konnte: drei hässliche streifenförmige Verbrennungsnarben. Falten des Abscheus bildeten sich in ihrer Stirn.
    »Du bist ein Söldner?«, fragte sie. »Darauf bist du stolz?«
    »Ich verbinde damit mehr Stolz als mit den Resten meiner wahren Familie.« Ich spürte einen Anflug von Ärger. Plötzlich war mir danach, der verwirrenden und mich ablenkenden Kaufmannstochter einen Schrecken einzujagen.
    »Was ist damit?« Ihre Finger glitten von den Brandnarben zum Ellenbogen und begegneten dort der Rüstung. »Jesus! Unter dem Hemd gibt es mehr Narben als Junge!«
    Ihre Berührung schickte einen kalten Schauer durch mich, und ich wich zurück. »Ich bin in einen Dornenstrauch gefallen, als … als ich ein Kind war«, sagte ich mit ein wenig zu scharf klingender Stimme.
    »Was für ein Dornenstrauch soll das gewesen sein?«
    Ich zuckte die Schultern. »Einer mit Dornen wie Dolche«, antwortete ich. »Ein Hakendorn.«
    Der Mund der jungen Lady formte ein erschrockenes O. »In einem solchen Strauch darf man sich nicht rühren«, sagte sie, den Blick noch immer auf meinen Arm gerichtet. »Das weiß jeder. Die Dornen scheinen dich regelrecht zerfetzt zu haben.«
    »Heute weiß ich, dass man sich in einem Hakendorn nicht bewegen sollte.« Ich setzte den Weg zur Küche fort und ging mit langen Schritten.
    Die junge Frau lief und schloss mit wogender Seide zu mir auf. »Warum hast du dich bewegt? Warum hast du nicht damit aufgehört?«
    »Ich war dumm«, sagte ich. »Heute würde ich nicht mehr gegen die Dornen ankämpfen.« Ich wollte, dass mich die dumme Kuh in Ruhe ließ. Plötzlich hatte ich keinen Hunger mehr.
    Mein Arm brannte mit der Erinnerung an ihre Finger. Sie hatte Recht, die Dornen hatten tief in mich geschnitten. Mehr als ein Jahr lang erwachte alle paar Wochen das Gift in den Wunden und strömte durchs Blut. Und wenn das Gift in mir floss, stellte ich Dinge an, die selbst den Brüdern Angst machten.
    Dräne stapfte durch die Küchentür, als ich sie erreichte.

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