Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit
Christus erzählen«, erwiderte ich.
Der Nubier schwieg, mit leerer Miene.
Etwas am Schweigen des Nubiers weckte in mir immer den Wunsch, noch mehr zu sagen. Als müsste ich etwas bei ihm in Ordnung bringen. Makin hatte eine ähnliche Wirkung auf mich, wenn auch nicht ganz so stark.
»Es ist nicht so, dass er gefangen wäre«, sagte ich. »Er bleibt frei und kann heimkehren, wenn er will. Allerdings muss er sich Proviant für die Reise verdienen, und eine Karte.«
Daraufhin schenkte mir der Nubier die weiße Sichel seines Lächelns.
Ich ging weiter, mit einer kalten Stimme, die in mir flüsterte. Von Schwäche flüsterte sie, von der Kante eines Keils, von einem scharfen Messer, das ohne Tränen schnitt, von heißem Eisen, das eine Wunde ausbrannte, bevor sich eine Infektion darin niederlassen konnte. Es nützte nichts, einen Bruder zu lieben.
Janes Licht trübte sich und flackerte, als ich näher kam. Sie wich ein wenig zurück und schnappte nach Luft. Ich verzog die Lippen und stellte mir vor, wie sie von einer Klippe fiel. Es funktionierte besser als erwartet – Jane quiekte und hielt sich die Augen zu.
Gorgoth trat zwischen uns. »Halte dich von ihr fern, Dunkler Prinz.«
Also ging ich in den Schatten, und sie führten uns in den Berg. Wir folgten dem Verlauf breiter Tunnel, die sich meilenweit erstreckten, mit ebenem Boden und gewölbten Decken.
Rostflecken bildeten parallele Linien an den Wänden, doch warum Menschen Eisen auf diese Weise legten, blieb mir ein Rätsel. Vielleicht, dachte ich mir, stammte der Rost von Röhren, in denen das geheime Feuer der Erbauer geflossen war.
Wir ließen Jane und alle bis auf zwei ihrer Art am Ufer eines Sees zurück, der so groß war, dass ihr silbernes Licht nicht übers Wasser reichte. Auch diesen Ort hatten die Erbauer geschaffen. Eine einzelne hohe Stufe trennte Stein von Wasser, und die Decke über uns war flach und schmucklos. Die Angehörigen von Janes Volk zogen sich zu Hütten aus Holz und Fellen zurück, die sich am Rand des Sees aneinander drängten. Gorgoth führte sie, mit einer großen Hand um Pater Gomsts Schulter gelegt.
Jane zögerte, und ihr Blick bewegte sich zwischen den beiden Grotesken, die als Wachen bei uns zurückgeblieben waren. Sie blieb still, doch ich spürte einen Hauch von wortloser Sprache, als sie den beiden Gestalten Anweisungen übermittelte.
»Keine letzten Worte für mich, Mädchen?«, fragte ich und sank auf ein Knie, von grimmigem Humor gepackt. »Keine Prophezeiungen? Keine Perlen, die du vor dieses Schwein werfen kannst? Ich bitte dich, gewähre mir einen Blick in die Zukunft. Zeig mir, was mich erwartet.«
Jane sah mich an, und das Licht strahlte heller, aber ich wandte den Blick nicht ab.
»Deine Entscheidungen sind Schlüssel zu Türen, die mir verschlossen bleiben.«
Ich fühlte Ärger in mir aufsteigen und drängte ihn mit einem Knurren zurück. »Es gibt mehr als das.«
»Du hast eine dunkle Hand auf deiner Schulter. Ein Loch in deinem Geist. Ein Loch. In deinen Erinnerungen. Ein Loch … ein Loch … Es zieht mich an …«
Ich ergriff ihre Hand. Das war ein Fehler, denn sie verbrannte die Haut und ließ gleichzeitig den Knochen zu Eis erstarren. Ich hätte die Hand losgelassen, wenn ich dazu imstande gewesen wäre, aber die Kraft verließ mich. Für einen Moment sah ich nichts als die Augen des Kindes.
»Lauf, wenn du sie triffst. Lauf einfach. Sonst nichts.« Es fühlte sich an, als kämen die Worte von mir, obwohl ich hörte, wie Janes Stimme sie sprach. Dann fiel ich.
Ich kam im Licht von Fackeln zu mir.
»Er ist wach.«
Ich fand mich von Angesicht zu Angesicht mit Rike wieder.
»Jesus, Rike, hast du schon wieder mit Rattenpisse gegurgelt?« Ich schob seine grässliche Visage beiseite und zog mich an seiner Schulter hoch. Um mich herum standen die Brüder auf und nahmen ihre Sachen. Makin kam vom See, und hinter ihm ragte Gorgoth auf.
»Lass die Finger von der Prophetin der Leucrota!«, sagte er gespielt streng. Ich sah die Erleichterung halb verborgen in seinen Augen.
»Ich werde daran denken«, sagte ich.
Gorgoth blieb vor mir stehen, schnitt eine finstere Miene und übernahm dann die Führung, mit einer Fackel so groß wie ein kleiner Baum.
Unser Weg führte jetzt nach oben, durch einen Tunnel mit nach Mandeln riechendem Staub. Weniger als tausend Meter weit waren wir gegangen, als der Weg breiter und zu einem Stollen wurde, durchzogen von steinernen Gräben, die unbekannten Zwecken
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