Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
ist dünn geworden. Es erfordert nur ein Flüstern und das richtige Versprechen, und man kann die Toten zurückrufen.«
    »Da hast du’s gehört, Makin«, sagte ich.
    Makin zog die Stirn kraus und rieb sich die Lippen. »Und der Plan?«
    »Ah«, sagte ich.
    »Der Plan?« Er konnte sehr hartnäckig sein, dieser Makin.
    »Wie üblich. Wir bringen alle um, bis niemand mehr aufsteht.«

 

     
    Man konnte darauf vertrauen, dass Bruder Row
    ein fernes Ziel mit einem kurzen Bogen traf.
    Man konnte darauf vertrauen, dass er nach einem Messerkampf
    das Blut von jemand anders am Hemd hatte.
    Man konnte darauf vertrauen, dass er log, betrog,
    stahl und einem den Rücken freihielt.
    Seinen Augen aber konnte man nicht trauen.
    Er hatte freundlich blickende Augen,
    und ihnen konnte man nicht trauen.

 
29
     
    Die Erbauer schienen keine Treppen gemocht zu haben. Gorgoth führte uns über tückische Wege, die sich aus dem Gestein gehauen in langen, endlosen Spiralen durch vertikale Schächte wanden. Vielleicht hatten sich die Erbauer Flügel wachsen lassen, oder sie konnten allein mit Willenskraft schweben, wie die Weitseher von Indus. Jedenfalls hatten die Hacken späterer Menschen eine Treppe in den gegossenen Stein der Schachtwände genagt, die Stufen schmal und höckrig. Wir kletterten sie mit großer Vorsicht hinauf, die Arme nach vorn gestreckt. So schmal wie möglich machten wir uns, um nicht durch ein unachtsames Schulterzucken das Gleichgewicht zu verlieren und in die dunkle Tiefe zu stürzen. Wenn sie nicht so dunkel gewesen wäre, hätten die Brüder vermutlich die Spitze eines Schwerts für den Weg nach oben benötigt. Aber die Finsternis verbirgt alle Sünden, und wir konnten uns einreden, dass uns nur ein paar Meter vom Boden trennten.
    Wie seltsam: Je tiefer das Loch, desto mehr zieht es den Menschen an. Die Faszination, die auf der schärfsten Schneide lebt und an ihrer Spitze funkelt, wartet auch im tiefen Fall. Bei unserem Aufstieg spürte ich jenes Zerren die ganze Zeit über.
    Für den Weg nach oben schien Gorgoth von uns allen am wenigsten geeignet zu sein, aber seine Bewegungen erweckten den Anschein von Leichtigkeit. Die beiden Leucrota-Kinder tanzten vor mir und sprangen die Stufen mit einer Unbekümmertheit hoch, die mich in Versuchung geraten ließ, sie ins Dunkel zu stoßen.
    »Warum laufen sie nicht weg?«, rief ich Gorgoth zu. Er antwortete nicht. Vermutlich musste man die Achtlosigkeit der Jungen mit dem Schicksal vergleichen, das sie erwartete, wenn sie gesund und munter das Ende der Treppe erreichten.
    »Du führst sie zu ihrem Tod. Warum folgen sie dir?« Ich rief die Worte seinem breiten Rücken entgegen.
    »Frag sie.« Gorgoths Stimme hallte wie fernes Donnergrollen durch den Schacht.
    Ich packte den älteren Bruder am Hals und hielt ihn über den Rand der Treppe. Er schien fast nichts zu wiegen, und ich brauchte eine Rast. Die vielen Stufen blieben nicht ohne Wirkung auf mich; sie hatten ein Feuer in meinen Beinmuskeln entzündet.
    »Wie heißt du, kleines Ungeheuer?«, fragte ich.
    Er sah mich aus Augen an, die dunkler und tiefer zu sein schienen als die tiefe Dunkelheit neben mir.
    »Name? Kein Name«, erwiderte er, mit einer Stimme hoch und süß.
    »Das ist nicht gut. Ich gebe dir einen Namen«, sagte ich. »Ich bin ein Prinz. Prinzen dürfen so was. Du bist Gog, und dein Bruder kann Magog sein.«
    Ich sah zum Roten Kent, der schnaufend hinter mir stand. Nicht das geringste Erkennen zeigte sich in seiner Bauernmiene.
    »Gog, Magog … Jesus, wo ist ein Priester, wenn man jemanden braucht, der eine biblische Anspielung versteht?«, fragte ich. »Ich hätte nie gedacht, dass ich Pater Gomst einmal vermissen würde!«
    Ich wandte mich wieder an den jungen Gog. »Warum bist du so fröhlich? Der alte Gorgy-Goth dort vorn … Er bringt dich als einen Leckerbissen für die Toten nach oben.«
    »Kann gegen sie kämpfen«, antwortete Gog ruhig. »Das sagt das Gesetz.« Wenn er es unbequem fand, am Genick über der Tiefe gehalten zu werden, so gab er das durch nichts zu erkennen.
    »Was ist mit dem kleinen Magog?« Ich nickte seinem Bruder zu, der auf der nächsten Stufe hockte. »Wird auch er kämpfen?« Ich lächelte bei der Vorstellung, dass diese beiden Knirpse gegen Todesmagier antreten wollten.
    »Ich werde ihn schützen«, sagte Gog. Plötzlich begann er zu zappeln, so heftig, dass ich ihn absetzen musste, um nicht von ihm in die Tiefe gerissen zu werden.
    Er eilte zu seinem Bruder und legte

Weitere Kostenlose Bücher