Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit
halben Stunde schienen die Türme der Grafenburg nicht näher gekommen zu sein.
»Wir müssen die beste Verteidigung des Grafen finden«, sagte ich. »Den Schutz, auf den er sich am meisten verlässt. Auf dem sein Vertrauen ruht.«
Der Nubier zog erneut die Stirn kraus. »Such nach der Schwäche deines Gegners«, sagte er. »Und dann schieß.« Er klopfte auf seine Armbrust, die vor ihm auf dem Sattel lag.
»Aber du hast mir bereits gesagt, dass es unmöglich ist«, sagte ich. »Du hast es mehrmals betont.« Ich zog mir den Mantel enger um die Schultern, um besser vor dem kühlen Abendwind geschützt zu sein. Der Mann, von dem er stammte, war groß gewesen, und ich hatte viel Platz darin. »Du planst also den vernünftigsten Weg zur Niederlage.«
Der Nubier zuckte die Schultern. Er stritt nie, um Recht zu behalten. Das mochte ich an ihm.
»Der schwächste Punkt in einer guten Verteidigung soll nachgeben. Wenn er nachgibt, wenden sich die anderen Verteidigungspunkte dem Feind zu, und so weiter. Schichten, darum geht es. Zum Schluss sieht man sich dem gegenüber, was man vermeiden wollte, aber inzwischen ist man geschwächt, und der Gegner weiß Bescheid.«
Der Nubier schwieg, und im verblassenden Licht blieb sein schwarzes Gesicht undeutbar.
»Überraschung ist hier unsere einzige richtige Waffe. Wir meiden jenen Vorgang der Eskalation. Wir kommen sofort zum Herzen der Angelegenheit.«
Und darum ging es uns. Um das Herz. Wir wollten es zerschneiden.
Wir ritten weiter, und schließlich kamen die Türme näher. Sie ragten immer weiter vor uns auf, waren groß und finster geworden, als wir uns dem Tor näherten. Die Ansammlung von Gebäuden davor sah aus der Ferne wie eine Pfütze Erbrochenes aus: Tavernen und Gerbereien, Hütten und Bordelle.
»Renars Schild ist ein Mann namens Corion.« Als wir den Ritt zum Tor fortsetzten, kommentierte der Nubier den Geruch, indem er die Nase rümpfte. »Ein Magier von der Pferdeküste, heißt es. Zweifellos ein guter Berater. Er lässt den Grafen von Söldnern aus seiner Heimat bewachen. Es sind Männer ohne Familien, die man bedrohen könnte, und mit einem Ehrenkodex, der sie zuverlässig macht.«
»Wie also könnten wir diesen Corion dazu bringen, uns einzuladen?«
Die Schlange vor dem Tor bewegte sich nur gelegentlich, und dann im Schneckentempo. Zehn Meter vor uns stritt sich ein Bauer, der einen Ochsen hinter sich her zog, mit einem Wächter in der Livree des Grafen.
»Glaubst du, dass er wirklich ein Magier ist?«, fragte ich und sah den Nubier an.
»Die Pferdeküste ist ein perfekter Ort für sie.«
Der Bauer schien sich durchgesetzt zu haben und führte seinen Ochsen auf den Außenhof, wo noch immer Marktbuden standen..
Als wir das Tor erreichten, hatte ein leichter Regen eingesetzt. Der Federbusch des Wächters litt ein wenig darunter, aber der Mann selbst nicht. Er richtete einen wachsamen Blick auf uns.
»Was führt euch zur Burg?«
»Wir bringen Material.« Der Nubier klopfte auf die Satteltaschen.
»Da drüben.« Der Wächter deutete zu den Gebäuden vor dem Tor. »Dort findet ihr alles, was ihr wollt.«
Der Nubier schürzte die Lippen. Auf dem Burgmarkt gab es die besten Waren, aber dieser Hinweis würde uns nicht weit bringen. Wir brauchten einen besseren Grund, um den Wächter des Grafen zu veranlassen, einen von der Straße müden nubischen Söldner in die Burg seines Herrn zu lassen.
»Gib mir deine Armbrust«, sagte ich zum Nubier.
Er runzelte die Stirn. »Willst du ihn erschießen?«
Der Wächter lachte, aber die Frage des Nubiers hatte nicht eine Unze Humor enthalten. Er lernte mich allmählich kennen.
Ich streckte die Hand aus. Der Nubier zuckte die Schultern und griff nach der neben dem Sattel hängenden Armbrust. Ihr Gewicht zog mich fast zu Boden. Mit beiden Händen musste ich sie halten und mich mit den Beinen auf dem Pferd halten, aber das gelang mir, ohne zu viel an Würde einzubüßen.
Ich bot die Armbrust dem Wächter an.
»Bring dies Corion«, sagte ich. »Richte ihm aus, dass wir verkaufen wollen.«
Ärger, Verachtung und Erheiterung – ich konnte sehen, wie diese Gefühle miteinander um die nächsten Worte auf seiner Zunge rangen, aber er hob trotzdem die Hand nach der Waffe.
Ich zog die Armbrust zurück, als er sie ergreifen wollte. »Sei vorsichtig, die Hälfte des Gewichts besteht aus Zaubern.«
Daraufhin fuhren die Brauen des Wächters nach oben. Behutsam nahm er die Armbrust und betrachtete die eisernen Gesichter
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