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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Thronerbe geboren.«
    »Werden sie ihn hier behalten, was glaubst du?«, fragte Katherine. »Werden sie ihn in den Sarg seiner Mutter legen, neben seinen Bruder?«
    »Man lege die Welpen zur Hündin und verschließe den Raum, sage ich.«
    »Hanna!« Ich spürte, wie Katherine von mir fortwich.
    Sie hatten mich zum Grab meiner Mutter gebracht, einen kleinen Raum in den Gewölben. Als ich zum letzten Mal dort gewesen war, hatte der Staub eine dicke Schicht gebildet, ohne Fußspuren darin.
    »Sie war eine Königin, Hanna«, sagte Katherine. Ich hörte, wie ihre Hand über etwas strich. »Man sieht die Kraft in ihr.«
    Mutters Bildnis war in den marmornen Sargdeckel gehauen, als läge sie dort, die Hände fromm gefaltet.
    »Sareth ist hübscher«, sagte Hanna.
    Katherine kehrte an meine Seite zurück. »Kraft macht eine Königin aus.« Ich fühlte Finger auf meiner Stirn.
    Vor vier Jahren. Vor vier Jahren hatte ich jene marmorne Wange berührt und geschworen, nie zurückzukehren. Das war meine letzte Träne. Ich fragte mich, ob Katherine ihr Gesicht berührte hatte, vielleicht die gleiche Wange.
    »Lasst es mich zu Ende bringen, Prinzessin. Es wäre ein Akt der Gnade dem Jungen gegenüber. Sie werden ihn zu seiner Mutter und dem kleinen Prinzen legen.« Hanna sprach jetzt mit süßer Freundlichkeit. Ich fühlte ihre Hand am Hals, die Finger rau wie die Haut eines Hais.
    »Nein.«
    »Ihr habt selbst gesagt, dass Ihr ihn tot sehen wolltet«, sagte Hanna. Es steckte Kraft in der alten Hand. Sie hatte so manchem Huhn den Hals umgedreht, unsere Hanna. Vielleicht auch dem einen oder anderen Säugling. Der Druck nahm zu, langsam, aber gleichmäßig.
    »Auf den Stufen des Throns, während sein Blut heiß war«, erwiderte Katherine. »Aber ich habe auch gesehen, wie er so lange am Leben festhielt, mit solcher Leichtigkeit, als sei es ihm zur Angewohnheit geworden. Soll er fallen, wenn er bereit ist. Es ist keine Wunde, die man überleben kann. Soll er den Zeitpunkt selbst wählen.«
    Der Druck nahm noch etwas mehr zu.
    »Hanna!«
    Die Hand löste sich von meinem Hals.

 
40
     
    Wir wickeln unsere brutale und rätselhafte Welt in den Schein von Verstehen. Wir übertünchen die Löcher in unserem Verständnis mit Wissenschaft oder Religion und geben vor, dass Ordnung geschaffen wurde. Oft funktioniert diese Illusion. Wir gleiten über Oberflächen, ungeachtet der Tiefen darunter. Wir sind wie Libellen, die über einem meilentiefen See schwirren und kurvenreiche Wege fliegen, ohne Ziel und Sinn. Bis etwas aus den kalten Tiefen kommt und nach uns greift.
    Die größten Lügen bewahren wir für uns selbst auf. Wir spielen ein Spiel, in dem wir die Götter sind, in dem wir die Wahl treffen und die Strömung uns folgt. Wir geben vor, von der Wildnis getrennt zu sein. Wir geben vor, dass die Kontrolle des Menschen tief reicht, dass die Zivilisation mehr ist als nur ein dünner Anstrich auf der Barbarei und uns die Vernunft an dunklen Orten begleitet.
    Ich habe diese Lektionen in meinem zehnten Lebensjahr gelernt, und nur wenig von ihnen blieb bei mir. Corion brauchte nur wenige Momente, um mich zu verändern, einige Sekunden, in denen mein Wille flackerte wie eine Kerzenflamme im Wind und dann erlosch.
    Neben dem Nubier lag ich reglos auf der Treppe. Nur meine Augen bewegten sich, und ihr Blick folgte dem alten Mann. In einem anderen Licht hätte er vielleicht freundlich gewirkt. Etwas an ihm erinnerte mich an Lehrer Lundist, obwohl er hagerer war und irgendwie hungrig wirkte. Der Schrecken lag nicht in seinem Gesicht, nicht einmal in den Augen, nur in dem Wissen, dass dies alles eine Haut war, die sich über der Leere der Welt spannte.
    Sein Anblick – nur ein alter Mann in einem schmutzigen Gewand – erfüllte mich mit jener Art von Furcht, die Scham aus der Erinnerung löscht. Die Furcht des Kaninchens, wenn der Adler zuschlägt. Die Furcht, die ein Nichts aus einem macht. Die Furcht, die dazu führt, dass man Mutter, Bruder und alles und jeden opfert, nur für eine Möglichkeit der Flucht.
    Corion schlurfte näher, bückte sich und nahm mein Handgelenk. Von einem Augenblick zum anderen verschwand das Entsetzen, das mich entmannt hatte – die Berührung wischte es fort. Der Fluss des Schreckens hörte auf, als hätte Corion den Zapfhahn zugedreht, und ohne ein Wort zog er mich in seinen Raum. Ich fühlte, wie die Steinplatten über meine Wange strichen.
    Der Raum enthielt nichts, abgesehen von der Armbrust des Nubiers, die an der

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