dark canopy
Penny wieder -, würde ich weder Neél noch Graves oder einem anderen Percent jemals erneut über den Weg laufen wollen.
»Nur vorübergehend natürlich«, sagte Graves, der mein Schweigen wohl missverstand. »Sie bekäme es zurück. Mein Wort darauf.«
»Ich sag es ihr, wenn ich sie sehe.«
»Toll!«
Neél räusperte sich. Er wirkte ein wenig unruhig, um die Schläfen herum war er blass und seine Lippen waren fast farblos. »Können wir endlich reingehen?«
Er klopfte einen komplizierten Rhythmus an die Tür, öffnete und Graves sagte beinahe feierlich, ganz allein an mich gewandt: »Willkommen, Joy.«
Drei Percents und eine Frau saßen auf Teppichen und schauten uns teils neugierig, teils angespannt entgegen. Erstaunlicherweise traf ich nur auf einen feindseligen Blick und ausgerechnet diesen schoss die Frau auf mich ab. Sie rückte an den älteren Percent heran, der ihr am nächsten war.
Neél stellte mich als seinen Soldaten vor und nannte mich im gleichen Atemzug vertrauenswürdig. Er sagte mir die Namen der anderen, die ich fast im gleichen Augenblick wieder vergaß, bis auf den der Frau. Alex hieß sie, sie war zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt und hatte blondes, feines Haar. Ihr Körper sah so weich und sanft aus, wie ihr Blick schneidend war. Als ich mich zwischen Neél und Graves auf den Boden setzte, stand sie auf und trat zu einem Erker, der nach hinten rausging. Ihre Silhouette zeichnete sich scharf vor dem grauen Tageslicht ab, das sie von drei Seiten umschmeichelte und ihr Haar silbern erscheinen ließ. Der Erker raubte mir den Atem. Auch hier waren die Fenster makellos und noch dazu spiegelblank poliert. In diesem Haus musste es mehr unbeschädigtes Glas geben als in der ganzen Stadt. Durch die Scheiben konnte man bis zum Wald sehen, in dem Neél und ich trainiert hatten. Ich hätte mich gern neben Alex gestellt, bloß um zu schauen, wie weit ich würde sehen können, aber ich wagte es ebenso wenig, wie eine Frage zu stellen.
»Es ist gut, dass du zurück bist, Neél«, sagte der älteste Percent, in dessen schwarzem Haar man bei genauem Hinsehen dunkelgraue Strähnen schimmern sah. »Was deinen Soldaten betrifft, wird Graves dir erzählt haben, wie uneinig wir uns waren.«
Der knappe Blick, den Neél Graves zuwarf, machte mir klar, dass Graves kein Wort davon erwähnt hatte.
»Jedoch«, fuhr der Alte fort, »hat sich die Mehrheit auch nicht dagegen ausgesprochen, sie mit einzubeziehen.«
»Allerdings auch nicht dafür.« Das war Alex. Ihre Stimme klang schwingend, weil sie vom Glas des Erkers hin und her geworfen wurde.
Angriff war gemeinhin die beste Verteidigung. Ich hob den Kopf und straffte die Schultern. »Ich habe nicht vor, jemanden zu verraten. Ihr braucht euch meinetwegen nicht zu sorgen.«
»Wir werden sehen«, erwiderte Alex. »Das werden wir noch sehen.«
Graves seufzte und strich die Ärmel seines Pullovers hoch. Etwas stimmte mit seiner Haut nicht. An der Oberseite seiner Unterarme konnte ich ein seltsames Muster ausmachen; ganz anders als das lamellenartige, das ich von Neél oder den anderen kannte. Eher ... kreisförmig. Wie winzige Kringel.
Er sagte: »Ich vertraue ihr.«
Neél bestätigte Graves’ Äußerung mit einem leisen, aber klaren »Ebenso« und damit schien das Thema erledigt, denn im nächsten Augenblick wurde es gewechselt.
»Graves wird es dir gesagt haben«, sagte ein Percent mit offenen Haaren zu Neél. »Wir haben wieder einen gefunden.«
Neél senkte den Kopf. »Verdammt. Wer? Du, Newton?«
Der Percent mit den offenen Haaren nickte.
»Hatte er etwas bei sich?«
Plötzlich bemerkte ich, dass auch Neél, zum ersten Mal seitdem ich ihn kannte, eine breite Strähne aus dem Zopf hing. Wie bei allen, die sich hier versammelten. Was war das - ein Geheimbund mit Erkennungszeichen? Die Antwort des Percents lenkte mich von meinen Überlegungen ab.
»Wieder einen Pass und Kleinkram.«
Ich hielt die Luft an und sah zu Neél. Er nickte kaum merklich und ich ahnte, dass ich vielleicht nichts über den Pass sagen sollte, den ich in meiner Matratze versteckt hielt.
»Damit wäre wohl jeder Zweifel ausgeräumt«, sagte Newton. »Das kann kein Zufall mehr sein. Sie töten sie. Systematisch.«
»Hast du Beweise?«, entgegnete Neél. »Die anderen könnten angegriffen haben. Sie könnten feindliche Spione sein.«
»Das ist nicht hilfreich, Neél«, grummelte der älteste der Percents.
»Doch, das ist es.« Alex drehte sich nicht zu uns um,
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