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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wieder knapp, es stand zu befürchten, dass der Brunnen ein Leck hatte. Das hatte er heute kontrollieren wollen, es aber wieder aufgeschoben, wie er alles aufschob, abgesehen von der Suche nach Joy. Matthial seufzte bei dem Gedanken daran und zog sich den vom Schweiß festgeklebten Hemdstoff vom Rücken.
    Und dann hörte ein Keuchen. Im ersten Moment klang es wie das Fauchen einer der so selten gewordenen Wildkatzen und Matthial schwenkte schon vom Weg ab, um einen vernünftigen Bogen um das höchst aggressive Tier zu ziehen, doch dann folgte ein Schrei. Das war eindeutig ein Mensch! Eine Frau!
    Matthial griff über die Schulter, zog einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn auf die Sehne des Bogens. Er beschleunigte seine Schritte, begann zu rennen, als er einen weiteren Laut der Frau hörte, diesmal klang er weniger zornig, sondern verzweifelt. Der Himmel war kaum mehr heller als Asche und spendete nur noch wenig trübes Licht, aber Matthials Augen waren durch die Wochen in den Kanälen an Dunkelheit gewöhnt. Er fand seinen Weg über umgestürzte Baumstämme, niedergedrückte Wurzelausschläge und durchs Unterholz, ohne innehalten zu müssen. Trockene Zweige brachen krachend unter seinen Sohlen. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein. Wenn er recht hatte und sich einem Kampf näherte, dann würden die Konkurrenten nicht auf ihr Umfeld achten.
    Er sah die Frau zuerst, erkannte sie an ihrem stacheligen, kurzen Haar. In der Dunkelheit wirkte es fast schwarz. Kendra. Was tat sie hier? Die Tiere entdeckte er erst auf den zweiten Blick. Wilde Hunde; es waren zwei magere Geschöpfe, deren Rippen unter räudigem Fell hervorstachen. Geduckt schlichen sie um Kendra herum. Wichen ihr aus. Warteten.
    Matthial ließ den Blick über die umliegenden Büsche schweifen. Es war nicht selten, dass wilde Hunde im Rudel angriffen und sich die stärksten Tiere versteckt hielten, bis die Vorhut das Opfer geschwächt hatte. Tatsächlich sah er unter einem Strauch gelbe Augen aufblitzen. Das Tier starrte in seine Richtung, es schien ihn entdeckt zu haben. Matthial gab ihm keine Sekunde Zeit zum Reagieren. Mit einem Zischen durchschnitt der erste Pfeil die Luft und traf den Hund in den Hals. Das Tier sprang aus dem Gebüsch, um auf die Beine zu kommen, doch Matthial hatte sauber gezielt - das tat er immer, wenn er auf Hunde schoss. Er quälte sie ungern, denn jedes Mal musste er an seinen treuen Rick denken. Auch dieser hier würde nicht lange leiden. Schon beim ersten Belasten knickten ihm die Vorderläufe ein. Er gab ein heiseres Jaulen von sich, dann verebbte es und wurde zu einem Stöhnen. Der Hund fiel auf die Seite und starb, noch ehe Kendra und die beiden angreifenden Tiere begriffen hatten, was geschehen war.
    »Kenny!«, schrie Matthial.
    Sie blickte sich irritiert um und der kleinere der Hunde wollte das ausnutzen, um sie von hinten anzugreifen. Matthial legte erneut an, so hastig, dass er sich an der Befiederung des Pfeils die Finger auf-schnitt. Kendra wirbelte herum, als der Hund auf sie zusprang, aber dadurch geriet sie in die Schusslinie. Entsetzen überkam ihn, als er bemerkte, dass sie unbewaffnet war.
    Der schmutzig graue Hund fiel Kendra an. Sie schrie auf. Es gelang ihr, dem Hund den Unterarm zwischen die Zähne zu rammen, sodass er ihr wenigstens nicht an die Kehle gehen konnte. Der zweite Hund, ein Tier von der Farbe wie Durchfall, ließ keine Sekunde verstreichen und sprang von hinten an ihr hoch.
    Matthial hatte keine Wahl. Er musste einen Schuss riskieren. Die Gefahr, Kendra zu treffen, war aus dieser Entfernung groß, aber wenn er nicht schoss, würden die Hunde sie binnen Sekunden niederreißen und womöglich so schwer verletzen, dass er die Freundin nur noch erschießen konnte. Seine Pflicht als Clanherr, die grausamste. Der Pfeil sirrte schon los, bevor Matthial sich bewusst entschieden hatte. Die Spitze bohrte sich zwischen die Rippen des braunen Hundes bis in dessen Eingeweide. Winselnd ließ er von Kendra ab, drehte sich um sich selbst und versuchte, nach dem Pfeil zu schnappen. Er erwischte nur die Federn und preschte los, um zwischen den Bäumen Sicherheit zu suchen. Matthial fluchte und stürmte zu Kendra, die am Boden kniete und mit dem letzten Hund rang. Das Vieh war riesig. Beide Ohren und der halbe Schwanz fehlten ihm, das Tier war alt. Ein alter Kämpfer, der schon viele Schlachten geschlagen hatte. Erfahren und zäh. Matthial legte seinen letzten Pfeil an, aber Kendra und der Hund waren zu sehr

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