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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wenn sie älter wurden. Aber ihre Haut wurde zäher, wie Leder, das oft nass geworden und wieder getrocknet war. »Ich nehme sie.«
    Lizas Schicksal war besiegelt. Der Alte nahm ein Stück Seil aus seiner Tasche und fesselte ihre Hände, wobei sie wieder auf die Knie fiel. Dann zog er seinen Ledergürtel aus. Zuerst fürchtete ich, er würde sie damit schlagen, doch er legte Liza den Riemen um den Hals und zog daran. Er wollte sie fortführen wie ein Pferd, doch Liza stand nicht auf, sondern wippte vor und zurück, vor und zurück, vor und zurück. Ich rutschte näher, griff nach ihrer eiskalten, schweißnassen Hand, bat sie im Flüsterton, doch aufzustehen, um es nicht noch schlimmer zu machen. In Wahrheit hielt ich mich an ihr fest.
    Der alte Percent packte ihr ins Haar und zerrte und ich wimmerte: »Los, Liza, geh endlich!«, ohne ihre Hand loszulassen.
    Sie stöhnte leise vor Schmerzen, dann befreite sie sich aus meinem Griff. Für einen Sekundenbruchteil sah sie mich so an, dass ich sie trotz des Schwachsinns in ihrem Gesicht erkannte. Dann ließ sie sich abführen. Obwohl ich den Hals reckte, sah ich wenige Sekunden später nur noch Percents. Es war, als wäre Liza zwischen ihnen untergegangen, verschluckt wie von Wellen im Meer.
    Tränen verschleierten meine Sicht. Es war alles meine Schuld. Ich hatte sie zu der Rettungsaktion überredet. Für die Chance, Amber zu befreien, hatte ich sie geopfert, so wie Matthial Willie geopfert hatte, um mich zu retten. Wir waren alle klägliche Versager.
    Der Percent, der hier offenbar den Marktschreier mimte, kam zu mir. Er stieß mich mit der Stiefelspitze an und wollte nach mir greifen, aber ich wich ihm aus, duckte mich unter seiner Hand hinweg und kam allein auf die Füße. Er machte einen Schritt auf mich zu, ich trat zurück. Zu meinem Erstaunen schien er zu akzeptieren, dass ich mich nicht von ihm berühren lassen wollte.
    »Name«, sagte er und sah mir dabei in die Augen.
    Ich straffte die Schultern. Die Sache war eindeutig. Ich würde sterben. Wenn sie mich nicht umbrachten, sondern mich zu ihrer Belustigung benutzen wollten, würde ich es sein, die mein Leben beendete. Gleich nachdem ich erfahren hatte, wie es Amber ging. Wir waren nicht im Hotel, aber wenn mich meine Orientierung nicht vollends täuschte, auch nicht weit davon entfernt. Sie musste hier irgendwo sein. Ich würde sie finden.
    »Name!«, wiederholte er streng.
    Ich dachte an meine Marke, die sie mir weggenommen hatten, und an die Strafen, die mir drohten, wenn herauskam, dass ich gelogen hatte. Doch wenn die einzige Möglichkeit, Stolz zu bewahren, lautet, stolz zu sterben, dann nimmt man, was man kriegen kann. Und daher sagte ich laut und klar und ohne jedes Zittern in der Stimme: »Joy Annlin Rissel.« Ich hob das Kinn, als sei der Name etwas Besonderes. Als sei ich etwas Besonderes, so wie ich es für die Rebellen gewesen war, weil ich am Blutsonnentag geboren wurde. Ein erbärmliches Omen, stand der Tag doch für nichts anderes als für zerschlagene Hoffnungen.
    Doch irgendetwas an meinem Namen brachte die Stimmung unter den Percents zum Kippen. Unruhe kam auf, einige steckten die Köpfe zusammen und redeten leise. Zwei in der ersten Reihe machten Platz und ein Percent, der einen gewissen Sonderstatus innezuhaben schien, trat vor. Seine Augen lagen kalt, hart und schwer wie Steine auf mir. Unter diesem Blick wagte ich nicht einmal zu atmen. Er hatte etwas an sich, was meine Beherrschung zerstörte, was mir kalten Schweiß ausbrechen ließ und mich schwindelig machte.
    »Sag deinen Namen noch einmal«, verlangte er ruhig.
    Es gelang mir nicht, meine mutige Show erneut zu spielen. Ich fiepte die Antwort hervor.
    Er nickte knapp. »Die«, sagte er und wandte sich dem anderen Percent zu, der ihn ehrfurchtsvoll ansah, »gehört mir.«
    »Nein.« Meine Stimme kippte, aber es hörte mich ohnehin niemand, denn in die umstehenden Percents kam immer mehr Bewegung. Einer bahnte sich seinen Weg zwischen den anderen hindurch. Er unterschied sich von ihnen durch einen schwarzen Streifen, der wie Tusche sein Gesicht überzog, und reckte das Kinn, als bettelte er um Ärger.
    »Wer hat das angeordnet? Vielleicht will ich sie auch!«
    »Lass Cloud besser in Ruhe«, raunte ein anderer.
    »Warum? Er hat schon eine Frau, was gibt ihm das Recht -«
    »Halt den Mund, Hooke!«, zischte ein weiterer Percent.
    Dieser Cloud, der mich durch seine bloße Anwesenheit so einschüchterte, lachte lautlos. Nein, was immer sie

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